Aus Politische Berichte Nr. 12/2018, S.24 InhaltsverzeichnisPDFPB-Archiv

Kriege führen? – WeltTrends Nr. 146, Dezember 2018

Europa ist nicht (mehr) kriegstauglich! Zu dieser wichtigen Erkenntnis war man Ende der 1980er-Jahre in Gesamteuropa gekommen. Die 1990er-Jahre zeigten, dass es doch möglich war, an den „Rändern“ Europas Krieg zu führen. Weltweit häuften sich sogar die militärischen Auseinandersetzungen. Das Säbelrasseln, das man heute nicht nur allerorten, sondern auch hierzulande hört, signalisiert, dass diese Erkenntnis verloren geht, zumindest nicht mehr in der politischen Klasse präsent ist. Kann man also doch Kriege führen? Und gewinnen? Diesen Fragen widmet sich das WeltTrends-Heft Nummer 146.

B eim Voranschreiten der Menschheit geht viel an Erkenntnis verloren.

Manches zu Recht, wie das ptolemäische Weltbild von der Erde als Zentrum des Universums, das über Jahrhunderte das Denken bestimmte. Anderes sollten wir aber nicht dem Ozean des Vergessens überlassen. So die wichtige Erkenntnis, zu der man Ende der 1980er-Jahre in Gesamteuropa kam, damals in Ost und West geteilt und politisch und militärisch feindlich aufgestellt, dass man keinen Krieg gewinnen, ja, dass man keinen Krieg in Europa führen kann.

Über Jahrhunderte war das jus ad bellum, das Recht zum Krieg, das zentrale Moment von Staatlichkeit. Zwar wurde dies allmählich formal-juristisch eingehegt, wie mit dem Briand-Kellogg-Pakt von 1928, der Krieg ächtete. Aber die Erkenntnis, dass im 1945 begonnenen Atomzeitalter die Industrienationen Europas und Nordamerikas keinen Krieg gegeneinander führen können, ohne ihre eigene Existenz auf Dauer infrage zu stellen, die war neu. Sie kam nicht plötzlich, es bedurfte Jahrzehnte. Ende der 1980er-Jahre gestand man sich in Ost und West ein: Sicherheit war nur gemeinsam zu erreichen, nicht gegeneinander. Damit war auch die These von Clausewitz, der Krieg sei die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln, obsolet. Die 1990er-Jahre zeigten, dass es doch möglich war, an den „Rändern“ Europas, wie dem Balkan, Krieg zu führen. Weltweit häuften sich sogar die militärischen Auseinandersetzungen. Kann man doch Kriege führen und sogar gewinnen? Im Schwerpunkt geht es um diese Frage und wir haben als ersten Beitrag einen Text, der bereits vor 28 Jahren publiziert wurde. Er zeigt, was man zu jener Zeit begriffen hatte: Europa ist nicht (mehr) kriegstauglich!

Das Säbelrasseln, das man heute nicht nur allerorten, sondern auch hierzulande hört, signalisiert, dass diese Erkenntnis verloren geht, zumindest nicht mehr in der politischen Klasse präsent ist. In diesem Sinne ist dieses letzte Heft im turbulenten Jahr 2018 auch ein Beitrag gegen das Vergessen.

Potsdam, im November 2018

Dr. Raimund Krämer, Chefredakteur.

Inhalt. ––– WeltBlick: • Der INF-Vertrag und die Sicherheit Europas. Harald Kujat (4) • Weiterhin vergessen: Der Krieg im Jemen. Renate Schmidt (7) • Die orthodoxe Kirche und die Ukraine. Evgeny Murzin (12) ––– Zum Tag der Menschenrechte. Gastkommentar von Henning Melber (19) ––– multipolar: Kriege führen? • Kriegsuntauglichkeit Europas. Max Schmidt und Wolfgang Schwarz (20) • Apokalypse Kernwaffenkrieg. Lutz Kleinwächter (28) • Kriegsverhütung durch Sicherheitspartnerschaft. Wolfgang Schwarz (34)• Neue Konzeption der Bundeswehr 2018. Gregor Schirmer. (39) ––– Streitplatz: Bedrohung durch einen Atomkrieg? Repliken auf Lutz Kleinwächter ––– Historie: 100 Jahre polnische Republik. Krzysztof Pilawski und Holger Politt (56) ––– Analyse: Zu den Midterms in den USA. Roland Benedikter (60) ––– Bücherschau: Von Wirtschaftskultur und Zeitenwende. (66) ––– Kommentar: Zum jüngsten Petersburger Dialog. Ein Kommentar von Erhard Crome (70)

Abb. (PDF): WeltTrends Cover