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Nr.11/2019, S.02a

Der Jugoslawien-Krieg – Gestiftetes Unheil

Martin Fochler, München.

Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ vom 8.10. berichtet Ralph Rotte über eine neue Ausgabe der bei Reclam 2018 gestarteten Reihe „Kriege der Moderne“. (Hans-Peter Kriemann, Der Kosovokrieg 1999). Herausgeber ist das Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr (ZMSBw). Rotte berichtet in der Tonlage der Zustimmung ,,wie Kriemann das Grunddilemma des Kosovo-Krieges darstellt“: „die fundamentale Spannung zwischen innenpolitischer Skepsis bis zur Zerreißprobe der rot-grünen Koalition und außenpolitischem Erwartungsdruck der Verbündeten. Dabei verhehlt er nicht, dass die Bundesregierung an der Eskalation des jugoslawischen Zerfallsprozesses, an dessen Ende der Kosovo-Krieg stand, nicht völlig unschuldig war, denn mit der Anerkennung Sloweniens und Kroatiens im Dezember 1992 war ‚die Büchse der Pandora geöffnet worden‘. Im Kosovo führten Aktionen der antiserbischen Befreiungsarmee UCK, bei der die ‚Grenzen zwischen Widerstandsorganisation und organisierter Kriminalität . . . fließend‘ waren, 1997/98 zur gewaltsamen Eskalation der Situation.“ Kriemann ist Mitarbeiter des ZMSBw. Die Parabel von der Büchse der Pandora geht auf die griechische Antike zurück. „Heute ist das Öffnen der Büchse der Pandora ein Inbegriff für das Stiften eines Unheils, das sich nicht wiedergutmachen lässt.“ (Wikipedia).

Der Vorgang ist aus verschiedenen Blickwinkeln interessant. Wozu braucht die Bundeswehr eine eigene Einrichtung zwecks Geschichtsdeutung? Warum stützt man sich hier nicht auf die zivile Wissenschaft? Warum erfolgt die negative Qualifizierung der Politik der BRD („Stiften eines Unheils“) gerade jetzt? Sie war jahrzehntelang abgestritten worden.

Das Werk umfasst 135 Seiten und ist nach dem Urteil des FAZ-Rezensenten der Autor „ebenso anschauliche wie präzise“ gelungen. Das Werk wird als Teil der Reihe „Kriege der Moderne“ zweifellos in den Bildungsunterricht der Bundeswehr einfließen. Nachdem die Zahl weit rechts außen politisierender Soldaten immer größer wird, wird interessant sein, ob die Einrichtung des ZMSBw dem entgegenwirken oder Vorschub leisten möchte.

Übrigens: Das Wappen des ZMSBw ist, siehe Wikipedia, im Original schwarz-weiß-rot. Militärs geben was auf Flaggen. Es ist die Farbgebung der Reichskriegsflagge, bei der man sich auch emblematisch bedient hat. Die Republik trägt sich schwarz-rot-gold.

Abb. (PDF): Logo ZMSBw

https://de.wikipedia.org/wiki/Zentrum_f%C3%BCr_Milit%C3%A4rgeschichte_und_Sozialwissenschaften_der_Bundeswehr#/media/Datei:COA_ZMSBw.svg