PB
PDF

PB
ARCHIV

Nr.1/2020, S.21

Rechte Provokationen – demokratische Antworten

Magazin „Compact“ – Erben der „Konservativen Revolution“ Rechte Provokationen – demokratische Antworten.Redaktionsnotizen. Die „Konservative Revolution“: Keine Sonderform des Konservatismus in der Weimarer Republik, sondern ideologische und politische Vorbereitung zum Nationalsozialismus

Redaktionsnotizen. Zusammegestellt von Rosemarie Steffens, Langen, Hessen

01 Rechtes Netzwerk im Thüringer Landtag.

02 Kreisligaverein schließt Hamburger NPD-Landesvorsitzenden aus.

03 Richter soll auf Dienstfähigkeit überprüft werden.

01

Rechtes Netzwerk im Thüringer Landtag. Langsam zeichnet sich das Netzwerk ab, das Thüringen ins Chaos gestürzt hat: Karl-Eckhard Hahn, der Berater von Mohring, kommt wie auch Karlheinz Weißmann und Götz Kubitschek aus der Deutschen Gildenschaft, einem elitären nationalistischen Akademikerbund, der als Rekrutierungsreservoir der Neuen Rechten dient. Ein Archivdokument, ein Auszug aus der neurechten ,Fragmente 75‘ von 1984 führt unter den Autoren Hahn und Weißmann auf. Der Inhalt ist beredt: je ein Aufsatz über Gehlen, Spengler, Mohler. Die inhaltlichen Positionen werden im Vorwort klar bestimmt. Bemerkenswert ist v.a. ein Absatz auf der Folgeseite: ,Dazu gehört (…) die Grundauffassung, dass Elitenbildung zu den wichtigsten Aufgaben gerade unserer Gegenwart gehört. … außerdem ein unbedingter Antiliberalismus, der in dem schrankenlosen, jedes Gemeinschaftsgefühl zerstörenden Individualismus ein zu bekämpfendes Grundübel unserer Zeit sieht. Und … endlich ein klares und unmißverständliches Bekenntnis zur Nation als der zentralen Bezugsgröße unserer heutigen Identität als Deutsche‘. Unterzeichnet ist der Text von Karl-Eckhard Hahn, Hans-Christof Kraus und Karlheinz Weißmann. Die Gildenschaft ist ein Lebensbund. Weißmann arbeitet seit Jahren an der Koalitionsfähigkeit der AfD, Hahn kommt ihm aus der CDU entgegen. Das sind die Kreise, von denen sich die Thüringer FDP hat einspannen lassen. ,Liberale‘, die keinen Begriff mehr von Liberalismus haben“ …

(Volker Weiss, 8.2.20, Facebook)

02

Kreisligaverein schließt Hamburger NPD-Landesvorsitzenden aus. „Mitglieder extremistischer Organisationen …, sowie Mitglieder rassistisch und fremdenfeindlicher organisierter … Gruppierungen wie z.B. der NPD und ihre Landesverbände, können nicht Mitglied des Vereins werden.“ Und „ein Mitglied kann ausgeschlossen werden, … wenn es an extremistischen und anderweitigen diskriminierenden Veranstaltungen teilnimmt und z.B. durch das Tragen … Zeigen von rechtsextremen Kennzeichen und Symbolen eine solche Gesinnung zeigt.“ Eine mehrmalige Satzungsänderung des TuS Appen hatte im November vor dem Landgericht Itzehoe bestand. Das Gericht wies die Klage des NPD-Landesvorsitzenden Lennart Schwarzbach gegen den Rauswurf ab. Nach seinem Ausschluss aus einem Hamburger Fußballclub war Schwarzbach ins Umland ausgewichen. Auch hier weigerten sich Mitspieler, an seiner Seite zu trainieren und zu spielen. Nach dem Urteil musste der Verein erneut ein Hausverbot aussprechen. Es gibt Anzeichen dafür, dass die NPD ein möglichst höchstrichterliches Urteil anstrebt, dass ein Parteimitglied in einem Verein seinem Hobby nachgehen und nicht ausgeschlossen werden darf.

03

Richter soll auf Dienstfähigkeit überprüft werden. Das Abhängen der NPD-Plakate vor der Europawahl mit der Aufschrift „Stoppt die Invasion: Migration tötet! …“ durch die Bürgermeisterin in Ranstadt verurteilte das Gießener Verwaltungsgericht als rechtswidrig und gab der Klage der NPD recht. Zur Behauptung „Migration tötet“ schreibt der Richter: „Eine volksverhetzende Äußerung ist hiermit nicht verbunden, sondern die Darstellung einer Realität, die sich jedem erschließt, der sich mit der Geschichte der Wanderungsbewegungen befasst.“ Als Beweise nennt er die Wanderung von Bantu aus Westafrika bis ins südliche Afrika zwischen 3000 und 1000 vor Christus, nach Entstehung der Sahara sowie den Untergang des Römischen Reichs. Zu „Stoppt die Invasion!“ führt er aus: „Der Begriff stammt von dem lateinischen Verb invadere und hat nach Übersetzung des Kleinen Stowasser, lat.-dt. Schulwörterbuch, … auch transitiv die Bedeutung überfallen, angreifen, sowie befallen … In diesem Sinne kommt dem Begriff Invasion keine volksverhetzende Bedeutung zu …“

Eine Rechtsanwältin aus Frankfurt/M. forderte jetzt die hessische Justizministerin Kühne-Hörmann auf, „… den in dieser Angelegenheit erkennenden Richter auf Diensttauglichkeit hin überprüfen zu lassen.“ Die Rechtsanwältin stellt klar, dass der vom Richter als Beispiel für die Behauptung „Migration tötet“ genannte Untergang des Azteken- und Inkareiches nicht etwa durch Migration geschah, sondern durch Konquistadoren, also Söldnertruppen, was einen erheblichen Unterschied zu den Menschen, die 2015 zu uns flüchteten, darstelle.

„Der Leser des Urteils kommt zum Ergebnis, dass Migration gleichzusetzen ist mit Invasion und Vernichtung der eigenen Kultur und genau das nennt man Volksverhetzung nach § 130 StGB. … Die gesamte Argumentation in dessen Begründung lässt den Schluss zu, dass Dienstunfähigkeit vorliegen könnte, die geeignet ist, bei einer Fortsetzung seiner Tätigkeit den Rechtsstaat nachhaltig zu schädigen.“ Die Rechtsanwältin hat außerdem Strafanzeige gestellt.