Politische Berichte Nr. 2/2021 (PDF)18a
Gewerkschaften/Soziale Bewegungen

Europa – Blick aufs Tarifgeschehen – Rolf Gehring, Brüssel

01 Italien: Neuer Tarifvertrag für die Metallindustrie.

02 Frankreich: Airbus Tarifvertrag.

03 Deutschland: Textil und Bekleidungsindustrie.

04 Schweden: Tarifvertrag für die Wäschereiindustrie.

05 Serbien: Streik bei Fiat Plastic.

06 Quellen

01

Italien: Neuer Tarifvertrag für die Metallindustrie. Nach mehr als einem Jahr Verhandlungen haben die italienischen Metallgewerkschaften am 5. Februar ein Tarifergebnis für einen neuen nationalen Tarifvertrag abgeschlossen. Die Vereinbarung umfasst rund 1,6 Millionen Beschäftigte. Unterzeichnet haben die Gewerkschaften FIOM-CGIL, FIM-CISL und UIL-UILM. Wesentliche Bestandteile des umfangreichen Vertrages sind: – durchschnittliche Gehaltserhöhung von insgesamt 112 € während der Laufzeit (Januar 2021 bis Juni 2024, in vier Stufen). – Weitere Erhöhungen umfassen 200 EUR pro Jahr an flexiblen Leistungen sowie eine Anhebung der Arbeitgeberbeiträge zur Zusatzrente um 2,2 % ab 2022 für junge Arbeitnehmer unter 35 Jahren. Den Gewerkschaften ist es gelungen, den Teil des Abkommens über die Arbeitsbeziehungen zu stärken. Die Arbeitnehmerrechte bezüglich Information, Diskussion, Teilnahme und Schulung werden gestärkt. Auch individuelle Arbeitnehmerrechte werden besser geschützt, Bestimmungen zu geschlechtsspezifischer Gewalt aufgenommen. Jetzt wird das Abkommen den Beschäftigten zur Abstimmung vorgelegt.

02

Frankreich: Airbus Tarifvertrag. Am 8. Februar unterzeichneten CFE-CGC, CFTC und FO, die drei Gewerkschaften der Hubschrauberproduktionstochter der Airbus Aerospace Group, mehrere Vereinbarungen zur Sicherung der beiden französischen Standorte. Ziel der Gewerkschaften war wesentlich eine nachhaltige Entwicklung durch Freisetzung von Ressourcen, die für nötige Investitionen zur Sicherung der Zukunft der Standorte erforderlich sind. Für die unterzeichnenden Gewerkschaften ist dies ein Wettbewerbsabkommen nach deutschem Vorbild.

03

Deutschland: Textil und Bekleidungsindustrie.

Am 16. Februar einigten sich IG Metall und Arbeitgeber der Textil- und Bekleidungsindustrie auf ein Paket aus Entgelterhöhungen von zusammengenommen 2,7 %, einer einmaligen Corona-Prämie und weiteren Bestandteilen. Für 2021 erhalten die knapp 100 000 Beschäftigten der Branche demnach eine steuer- und abgabenfreie Einmalzahlung in Höhe von 325 Euro. Ab Februar 2022 steigen dann die Löhne und Gehälter um 1,3 %, ab Oktober 2022 um weitere 1,4 %. Das Urlaubsgeld wird ab 2022 um 2 % erhöht. Der neue Tarifvertrag hat eine Laufzeit von 25 Monaten.

04

Schweden: Tarifvertrag für die Wäschereiindustrie. Nach langwierigen Verhandlungen gibt es seit dem 1. Februar ein neues Abkommen für die Beschäftigten der Wäschereiindustrie. Es hat eine Laufzeit bis zum 30. Juni 2023. Kernthema der Verhandlungen war der Niedriglohnbereich. In einigen Betrieben haben fast 80 % der Beschäftigten einen Niedriglohn. Daher ist es eine spezielle Forderung von LO (Dachverband der Gewerkschaften) ein spezielles Verhältnis zum mittleren Einkommen und eine Angleichung der gewerblichen an die Angestelltengruppen durchzusetzen. Der Abschluss folgt anderen Vereinbarungen, die IF Metall abgeschlossen hat, einschließlich Niedriglohnkomponente. Des Wäschereiabkommen enthält auch einen Bestandteil zu einer verlängerten Teilzeitrente. Konkret wird die Höhe der Rentenprämie schrittweise und schließlich ab dem 22. Lebensjahr anstelle der derzeit geltenden 25 Jahre berechnet. Die Parteien haben außerdem vereinbart, eine Arbeitsgruppe zur Lohnentwicklung in der Wäschereiindustrie einzusetzen. Dies soll während der Vertragslaufzeit weitere Schritte mit Bezug auf die Niedriglohnbereiche ausarbeiten.

05

Serbien: Streik bei Fiat Plastic. Am 19. Februar streikten bei Fiat Plastic in Kragujevac Beschäftige, um gegen Lohnkürzungen zu protestieren. Die Forderungen beinhalteten auch eine Wiederherstellung des alten Niveaus des Urlaubsgeldes, 65 % der Gehälter im bezahlten Urlaub anstelle der derzeit 60 %. Angeprangert wurde, dass die Beschäftigten von Fiat Plastic bestraft wurden, indem ihre Gehälter gekürzt wurden, nachdem sich die unabhängige Gewerkschaft des Werks geweigert hatte, einen ihrer Meinung nach illegalen Tarifvertrag zu unterzeichnen, der einen Absatz enthielt, in dem die Beschäftigten sich bereit erklärten, ihr Streikrecht aufzugeben. Folgend hatten die Arbeitgeber die Beschäftigungsregeln einseitig geändert. Die Beschäftigten des Werks führten schon am 12. Januar einen einstündigen Warnstreik durch, bevor erfolglose Verhandlungen aufgenommen wurden.

06

Quellen: (1) http://www.industriall-union.org/united-italian-metalworkers-sign-new-national-agreement (2) https://www.planetlabor.com/en/industrial-relations-en/national-industrial-relations/france-key-agreements-signed-at-airbus-helicopters-that-focus-on-5-competitiveness-levers-aimed-at-safeguarding-the-future-of-its-2-french-sites/ (3) https://www.igmetall.de/presse/pressemitteilungen/einigung-in-der-westdeutschen-textilindustrie-mehr-geld (4) https://www.ifmetall.se/aktuellt/nyheter/fran-forbundet/2021/januari/nytt-avtal-for-tvatten-klart-och-med-laglonesatsning/ (5) https://rs.n1info.com/biznis/zbog-generalnog-strajka-u-fijat-plastiku-fijat-500l-ostaje-bez-branika/eoff