Politische Berichte Nr. 3/2021 (PDF)10
Aktionen – Initiativen

Thema: Solidarisch aus der Coronakrise!

[DOK] Thorsten Jannoff, Gelsenkirchen

01 Prekär Beschäftigte verlieren Einkommen

02 Auswirkungen der Covid-Krise auf Arbeitsbedingungen

03 Stellungnahme zur Neufassung der Coronavirus-Impfverordnung

04 „Sign!“-Bündnis startet Kampagne zur Patente-Aussetzung

05 Links wirkt – wichtiger Zwischenschritt in der Coronakrise!

06 Covid-19: Sauerstoffversorgung muss in vielen Ländern dringend verbessert werden

01

Prekär Beschäftigte verlieren Einkommen

Berlin. Die Coronakrise wirkt sich unterschiedlich auf verschiedene Bevölkerungsgruppen aus. Wie eine Studie des ifo-Instituts zeigt, sind geringfügig Beschäftigte und Selbstständige besonders stark von Einkommensverlusten betroffen. Die Umfrage deckt den Zeitraum von Juni bis November letzten Jahres ab und fällt damit in die Phase zwischen dem Ende der ersten Infektionswelle und dem Beginn der zweiten. Geringfügig Beschäftigte wie Minijobber*innnen mussten im Juni 2020 mit einer Wahrscheinlichkeit von 20 Prozent einen Einkommensrückgang hinnehmen. Sie leiden damit deutlich stärker unter der Krise als Teil- und Vollzeitkräfte. Bei diesen lag der Wert im Vergleichszeitraum bei etwa 13 Prozent. Noch stärker betroffen waren in dieser Periode Selbstständige. Ein Drittel der Befragten gab an, Einkommen verloren zu haben. Ausschlaggebend hierfür ist – wie auch bei geringfügig Beschäftigten – der fehlende Anspruch auf Kurzarbeitergeld. Die Hilfsmaßnahmen der Regierung zielten vor allem auf regulär Beschäftigte. Andere, die nicht in die Arbeitslosenversicherung einzahlen, sind damit durch das Raster gefallen und konnten nicht vom erhöhten und länger ausgezahlten Kurzarbeitergeld profitieren. Auch Beziehende von Grundsicherung (Hartz IV) stehen durch steigende Preise und wegfallende Unterstützungsangebote in der Krise vor großen finanziellen Herausforderungen. Doch ihre Bedürfnisse spielten und spielen für die Politik keine übergeordnete Rolle. Nachdem es im letzten Jahr einen einmaligen Coronabonus gab, steht auch im Mai eine erneute Zahlung von 150 Euro an. Diese wird ab der zweiten Maiwoche (10.5.) ausgezahlt. Der SoVD hat sich gemeinsam mit anderen Verbänden im Bündnis „100 Euro mehr“ für eine dauerhafte Erhöhung der Grundsicherung stark gemacht, damit Betroffene die Belastungen besser schultern können.

https://www.sovd.de/aktuelles/meldung/prekaer-beschaeftigte-verlieren-einkommen

02

Auswirkungen der Covid-Krise auf Arbeitsbedingungen

Gerade in der Bekleidungsindustrie sind im letzten Jahr die Auswirkungen der Pandemie durch das Coronavirus in Form einer großen sozioökonomischen Krise deutlich geworden. Auftragsstornierungen seitens globaler Modemarken und des globalen Modehandels, verbunden mit aufgeschobener Zahlung der Lieferungen und verlängerte Zahlungsfristen, Massenentlassungen und Lohnkürzungen in den Produktionsländern, mangelnde Absicherung bezüglich Arbeits-, Gesundheits- und sozialem Schutz der Textilarbeiter *innen vor Ort sind nur einige Erscheinungsformen. In der Kampagne für Saubere Kleidung Deutschland ging 2020 eine ‚Arbeitsgruppe Covid 19‘ den Auswirkungen der Pandemie auf die Spur und startete eine Umfrage bei 17 Unternehmen, die in Deutschland im Textilsektor tätig sind. Antworten kamen von 13 Firmen, und die AG konnte zum Ende des Jahres die Ergebnisse der Befragung zusammenfassen. Gesundheit und Sicherheit der Arbeiter*innen in der Textilindustrie sind durch Covid-19 in besonderem Maße gefährdet, weil die Abstands- und Hygienemaßnahmen oft nicht eingehalten werden können. Wie setzten nun die befragten Unternehmen angemessene Maßnahmen zum Schutz der Arbeiter*innen um? Um es kurz zusammenzufassen: Die Mehrzahl der Firmen verließen sich darauf, dass ihre Zulieferbetriebe die behördlichen Auflagen befolgen, gaben die Vorschriften an ihre Handelspartner oder an Dritte weiter und setzten auf Audits Dritter zur Überwachung der Umsetzung von Arbeitsschutzmaßnahmen in den Produktionsländern. Über das Recht von Arbeiter*innen, unsichere Arbeitsbedingungen abzulehnen, gaben einige Firmen an, dass sie selbst dieses Recht respektierten und ihren Lieferfirmen oder Importeuren eine entsprechende Rechtbelehrung schickten. Puma, S.Oliver und Zalando äußerten sich nicht zu dieser Frage … Den größten Teil der ökonomischen Risiken in der globalen Wertschöpfungskette der Bekleidungsindustrie tragen die Zulieferbetriebe und ihre Arbeiter*innen. Sie tragen die Belastung durch die Kosten für Sicherheitsmaßnahmen im Betrieb, Zahlungsverzögerungen, Auftragsstornierungen etc. Aber die Auslagerung/Abwälzung wirtschaftlicher Risiken auf die schwächsten und ärmsten Glieder in der Kette ist unvereinbar mit einer ernsthaften menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht.

https://saubere-kleidung.de/2021/05/auswirkungen-der-covid-krise/

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Stellungnahme zur Neufassung der Coronavirus-Impfverordnung

Berlin. Das Gesundheitsministerium plant zum 7. Juni 2021 die Aufhebung der Impfpriorisierung in Bezug auf die Coronavirus-Schutzimpfung. Der Paritätische hat zu diesen Plänen Stellung genommen. – In seiner Stellungnahme betont der Paritätische zunächst, dass er das Ansinnen des Gesetzgebers, möglichst schnell allen Bürgerinnen und Bürgern ein Impfangebot zur Verfügung stellen zu können, nachvollziehen kann. Es ist im Hinblick auf die angestrebte Herdenimmunität in der Bevölkerung eine sinnvolle und erwünschte Maßnahme, deren Zeitpunkt allerdings unter der Abwägung von verschiedenen Risiken und plausibel begründbar gewählt werden muss. Beides ist nach Einschätzung des Paritätischen bei den Plänen des Gesetzgebers in Bezug auf die Coronavirus-Impfverordnung nicht gegeben … Aus Sicht des Paritätischen ist im Sinne der bisherigen Strategie der Bundesregierung sicherzustellen, dass zunächst alle Menschen mit einem hohen oder erhöhten Risiko für einen schweren oder tödlichen Krankheitsverlauf bei einer Infektion mit dem Coronavirus ein Impfangebot erhalten, bevor die geltende Impfreihenfolge aufgehoben wird. Die Bundesregierung ist aufgerufen, ausreichend Impfstoffdosen bereitzustellen, damit die Zahl der Impfangebote in den Ländern der Nachfrage nach Impfungen entsprechen kann. Solange dies nicht sichergestellt ist und die aktuelle Impfstoffknappheit besteht, kann der Zugang zu Impfstoffen nicht zulasten der vulnerablen Gruppen für alle Menschen geöffnet werden.

Der Paritätische empfiehlt darüber hinaus – unabhängig von der weiteren Impfstrategie der Bundesregierung – die vorhandenen Impfzentren und die mobilen Impfteams gezielt für vulnerable und sozial benachteiligte Menschen einzusetzen.

https://www.der-paritaetische.de/fachinfo/stellungnahme-zur-neufassung-der-coronavirus-impfverordnung/

04

„Sign!“-Bündnis startet Kampagne zur Patente-Aussetzung

Berlin/Frankfurt am Main. Ein Bündnis zivilgesellschaftlicher Akteure und politischer Initiativen startet heute (19.5., die Red.) eine Kampagne zur Aufhebung des Schutzes von geistigen Eigentumsrechten auf Impfstoffe, Medikamente und andere medizinische Güter zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie.

Unter dem Kampagnenmotto „Sign! – Mensch vor Patent“ soll der politische Druck auf Bundesregierung und Europäische Union erhöht werden, sich dem Vorstoß von mehr als 100 Staaten des globalen Südens anzuschließen und sich für den bei der Welthandelsorganisation (WTO) verhandelten „Waiver“ (Verzichtserklärung) im Rahmen des Trips-Abkommens einzusetzen. Diese sieht die Aussetzung der Covid-19-Patente auf Impfstoffe, Medikamente und andere medizinische Güter bis zur Eindämmung der Pandemie vor. Kürzlich hatte sich auch die Biden-Administration diesem Vorstoß angeschlossen und die zeitweise Aussetzung von Patenten auf Covid-19-Impfstoffe befürwortet.

Patente dienen, so das Bündnis, vor allem den Interessen der Pharmaindustrie. Sie seien eine große Barriere bei der Ausweitung von Produktionsstandorten und steigerten die Kosten für dringend benötigte Gesundheitsgüter. Die Aussetzung der Patente könne einen bedeutsamen Beitrag zur Eindämmung der größten Gesundheitskrise der letzten 100 Jahre leisten, weil in der Folge dezentraler, schneller und kostengünstiger Impfstoffe produziert werden könnten. Um eine gerechte Verteilung von Impfstoffen zu gewährleisten und Virusmutationen Einhalt zu gebieten, brauche es eine massive Steigerung der Produktion. Angesichts der globalen Impfungerechtigkeit und deren dramatischen Folgen für Millionen Menschen sei die Zeit für die Aussetzung der Patente überreif. „Deutschland und die EU sind derzeit die zentralen Akteure, die den Waiver und damit die Freigabe von Eigentumsrechten in Bezug auf die Coronapandemie blockieren … Zum Auftakt sind eine Social-Media-Kampagne sowie Protestaktionen rund um die nächste Verhandlungsrunde der WTO am 8. Juni geplant. Weitere Aktionen und Demonstrationen in den Monaten bis zur Bundestagswahl geplant.

Mehr: https://makethemsign.eu/

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Links wirkt – wichtiger Zwischenschritt in der Coronakrise!

Brüssel. Am Mittwochabend (19.5., die Red.) hat eine Mehrheit der Abgeordneten des Europäischen Parlaments für einen Antrag der Linksfraktion gestimmt, die Patentrechte auf Corona-Impfstoffe in der Zeit der Pandemie auszusetzen. Dazu Helmut Scholz, Mitglied der Fraktion The Left, der den Antrag mit eingebracht hat:

„Es ist ein Erfolg der Linken und anderer progressiver Kräfte im Europäischen Parlament, dass die EU-Kommission deutlich aufgefordert wird, sich für die Freigabe von Patenten auf Impfstoffe und Medikamente gegen Corona einzusetzen. Wir als Linksfraktion verweisen seit Monaten darauf, dass Nichtstun in der Coronakrise tötet – jeden Tag sterben 10 000 Menschen an Covid-19. Wenn sich inzwischen über 100 Mitgliedstaaten der Welthandelsorganisation und selbst US-Präsident Biden für eine vorübergehende Aussetzung des Patentschutzes einsetzen, darf die EU nicht abseitsstehen.“

Helmut Scholz weiter: „Mit der Resolution zur Aids-Bekämpfung und des bestätigten Antrags unserer Fraktion zur zeitweiligen Aussetzung der WTO-Trips-Regelung zum Patentschutz hat das Parlament gegen die überwiegende Zahl der der Abgeordneten von Konservativen, Liberalen und Rechten, die eine Patentfreigabe ablehnen, einen wichtigen Markstein gesetzt. Denn in der Juni-Plenartagung wird das Europäische Parlament grundsätzlich zur Patentfreigabe auf Covid-19-Impfstoffe, Technologie- und Know-how-Weitergabe Position beziehen. Links wirkt, denn die EU-Kommission hat angekündigt, zum WHO-Gipfel am Freitag neue Vorschläge zu unterbreiten, wie sie aktiv zur globalen Pandemiebekämpfung beitragen will. Es kommt nun darauf an, dass die Europäische Kommission diese Entscheidung als Arbeitsauftrag nimmt und sich schnell und nachdrücklich in der WTO für eine global gerechte Verteilung von Impfstoffen und Medikamenten gegen Covid-19 einsetzt. Wir als Linksfraktion bleiben dran. “

https://www.dielinke-europa.eu/de/article/13029.links-wirkt-wichtiger-zwischenschritt-in-der-coronakrise.html#top

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Covid-19: Sauerstoffversorgung muss in vielen Ländern dringend verbessert werden

Berlin/Brüssel, 10.5.21 Zur Versorgung von schwer an Covid-19 erkrankten Menschen ist medizinischer Sauerstoff essentiell. Regierungen und Geber müssen daher umgehend in eine bessere Versorgung investieren, mahnt Ärzte ohne Grenzen in dem heute veröffentlichten Bericht „Gasping for air: the deadly shortages in access to medical oxygen for Covid-19 patients“. Bei der Bekämpfung von Covid-19 darf es nicht nur um Impfstoffe gehen. Da Impfstoffe in den meisten Ländern weltweit noch nicht verfügbar sind, werden Menschen weiterhin an Covid-19 erkranken – und Sauerstoff entscheidet über ihre Überlebenschancen.

„Sauerstoff ist die wichtigste Medizin für Menschen mit schwerem oder kritischem Covid-19-Krankheitsverläufen“, sagt Marc Biot, Leiter der Projektabteilung von Ärzte ohne Grenzen in Brüssel. „Doch die Versorgung mit medizinischem Sauerstoff ist oft unzureichend, denn der Aufbau einer entsprechenden Infrastruktur wurde in Ländern mit schwachem oder mittlerem Einkommen über Jahre vernachlässigt. Bereits vor der Covid-19-Pandemie haben wir immer wieder Patientinnen und Patienten mit schwerer Lungenentzündung, Malaria oder einer Sepsis und viele zu früh geborene Babys sterben sehen, weil sie nicht mit Sauerstoff versorgt werden konnten…“ – In einkommensschwachen Ländern sind Krankenhäuser und Gesundheitszentren bei der Beschaffung von medizinischem Sauerstoff oft auf instabile und teure Versorgungsketten angewiesen. Während Krankenhäuser in reichen Ländern ihre eigenen Sauerstoffanlagen haben und so die Krankenbetten direkt mit hochkonzentriertem Sauerstoff versorgen können, arbeiten Kliniken in ärmeren Ländern mit sperrigen Sauerstoffflaschen, die teuer und schnell geleert sind, oder mit kleinen Sauerstoffkonzentratoren, die für schwer an Covid-19 Erkrankte nicht ausreichen. „Die Menschen kommen zwei Mal zu kurz“, sagt Marc Biot. „Sie stehen ganz am Ende der Warteschlange der weltweiten Impfstoffversorgung und erhalten zudem nicht die bestmögliche Versorgung, wenn sie an Covid-19 erkranken.“

https://www.aerzte-ohne-grenzen.de/presse/covid-19-sauerstoffversorgung-muss-verbessert-werden

Abb. (PDF): pay your workers. Kampagne für Saubere Kleidung

Abb. (PDF): logo sign!

Abb. (PDF): Sauerstoffversorgung