Politische Berichte Nr. 3/2021 (PDF)29
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… wir berichteten * Gesetz gescheitert – Staatsleistungen an Kirchen bleiben

Karl-Helmut Lechner. Die beiden großen Kirchen in Deutschland erhalten noch immer jährliche „Staatsleistungen“ von über 500 Millionen Euro als Entschädigung für die Enteignung kirchlicher Güter und Grundstücke im Zuge der am Anfang des 19. Jahrhunderts durchgeführten Säkularisierung. Diese betraf das kirchenfürstliche Eigentum.

In unzähligen Konkordaten haben sich die evangelische und katholische Kirche diese Zahlungen in den zurückliegenden fast 220 Jahren immer wieder garantieren lassen. Seit der Weimarer Republik existiert allerdings der Verfassungsauftrag, diese Staatsleistungen abzulösen, geregelt über den Artikel 138 Absatz 1 der Weimarer Reichsverfassung von 1919: „Die auf Gesetz, Vertrag oder besonderen Rechtstiteln beruhenden Staatsleistungen an die Religionsgesellschaften werden durch die Landesgesetzgebung abgelöst.“ Dies wurde im Artikel 140 des Grundgesetzes übernommen. Konkret muss darüber mit den evangelischen Landeskirchen und katholischen Bistümern verhandelt werden. Zahlen müssten die Bundesländer, denen die Kirchen zugeordnet sind.

Die Kirchen zeigten sich bezüglich einer Ablösung durchaus gesprächsbereit. Zumal die Staatsleistungen nur rund 2,2 Prozent ihrer laufenden Einnahmen ausmachen. Aber erst im letzten Jahrzehnt wurde eine ernsthafte Debatte darüber begonnen, diese Aufgabe zu erfüllen. Jetzt haben die Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen, FDP und Die Linke eine neue Initiative in den Bundestag eingebracht. Mit einem „Grundsätzegesetz“ sollten die Bundesländer in die Pflicht genommen werden, ein Ende der Leistungen per Einmal-Zahlung herbeizuführen. Aber dies ist wieder einmal gescheitert.

In einer Stellungnahme kritisierte Frau Dr. Neumann, Wissenschaftliche Leiterin des Instituts für Weltanschauungsrecht, dass FDP, Grüne und Linke sich bei der Ablösung am Bewertungsgesetz (BewG) orientieren wollten. In der Anhörung am 12. April 2021 erläuterte der Vertreter der „Humanistischen Union“, was diese Kritik bewirken würde. Die „Ablösesumme in der Höhe des 18,6-fachen der jährlichen Zahlungen“ würde ökonomisch bedeuten: „die Ablöseentschädigung soll den vollen Wert der bisherigen Leistungen ersetzen, also so hoch bemessen sein, dass die Kirchen dauerhaft aus dem Kapitalstock Erträge in der Höhe erzielen können, die sie bisher als Staatsleistungen erhalten haben. Das wäre faktisch identisch mit der Garantie des Status quo, also der dauerhaften, ewigen Weiterzahlung der Staatsleistungen.“

* Die PB-Volltextsuche (https://www.linkekritik.de/index.php?id=583) findet unter dem Wort „Staatsleistungen“ insgesamt 11 Einträge, den ersten in Nr. 3/1980, S, 21. Neuere: PB 2013/11, S. 3-5, Edda Lechner, „Staatsdotationen – Geld an die Kirchen seit 210 Jahren“. Jüngeren Datums ist das 2018 erschienene (V.i.s.d.P. Karl-Helmut Lechner) „Themenheft Religionsfreiheit und Linke Politik“, Download unter: https://www.linkekritik.de/fileadmin/ep/201803_Themenheft-Religionsfreiheit.pdf