Politische Berichte Nr.4/2022 (PDF)19
Gewerkschaften/Soziale Bewegung

Kurznachrichten – Zusammengestellt von Bruno Rocker, Berlin

01 Einstiegslöhne für Zeitarbeiter steigen
02 Fachkräftemangel weitet sich aus
03 EUGH weist Klage gegen deutsches Tarifeinheitsgesetz ab
04 Seehäfen: Weitere Verhandlungen angesetzt

01

Einstiegslöhne für Zeitarbeiter steigen

Die aus Anlass der Erhöhung des allgemeinen Mindestlohns zum 1. Oktober auf 12 Euro notwendigerweise vorgezogenen Tarifverhandlungen mit den großen Zeitarbeitsverbänden BAP und IGZ haben zu folgendem Ergebnis geführt: Die Einstiegslöhne für Zeitarbeiter steigen von Oktober an innerhalb der nächsten 1,5 Jahre um gut 24 Prozent. Auch die beiden nächsthöheren Tarifgruppen werden vorzeitig erhöht. Der Verhandlungsführer für den DGB, Stefan Körzell, zeigte sich mit dem Ergebnis zufrieden angesichts von Krise und Inflation. Die Arbeitgebervertreter hingegen sprachen von gigantischen Erhöhungen des Einstiegslohns bis an die Schmerzgrenzen.

Die regulären Tarifverhandlungen für die übrigen Lohngruppen werden im Herbst aufgenommen.

02

Fachkräftemangel weitet sich aus

Die allgegenwärtige Klage über den Mangel an Fachkräften umfasst inzwischen nicht nur mehr Fachkräfte im engeren Sinn, sondern erstreckt sich auf Arbeitskräfte allgemein. Davon ist kaum eine Branche ausgenommen. In diesem Sommer hat u. a. der Personalmangel bei den Fluglinien und Flughäfen besondere Aufmerksamkeit in den Medien gefunden.

Die Befunde einer allgemeinen Befragung von Betriebs- und Personalräten durch das WSI in Sachen Fachkräftemangel in den Jahren 2021 und 2022 zeigen, dass mehr als die Hälfte der befragten Betriebe Schwierigkeiten haben, ihre offenen Stellen zu besetzen. Allerdings machen die Betriebs-und Personalräte deutlich, dass vor allem auch unattraktive Löhne oder Arbeitszeiten verantwortlich sind für die Nichtbesetzung offener Stellen.

Es brauche mehr Weiterbildung, mehr Kita-Plätze sowie familienfreundliche Arbeitszeiten. Um ausländische Fachkräfte zu gewinnen, sollten die Anerkennung ausländischer Abschlüsse erleichtert und Anpassungsqualifizierungen ermöglicht werden.

Quelle: Ahlers, Elke; Quispe Villabos, Valeria: Fachkräftemangel in Deutschland?, WSI Report

03

EUGH weist Klage gegen deutsches Tarifeinheitsgesetz ab

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat die Klagen gegen das deutsche Tarifeinheitsgesetz abgewiesen. Geklagt hatten die Gewerkschaft Deutscher Lokführer (GDL), der Deutsche Beamten Bund (DBB) sowie die Ärztevereinigung Marburger Bund und argumentiert, ihre Verhandlungsposition gegenüber den Arbeitgebern würde durch das Tarifeinheitsgesetz geschwächt.

Der Gerichtshof hingegen hält im Ergebnis das Tarifeinheitsgesetz für verhältnismäßig. Das Gesetz verfolge legitime Ziele, insofern nämlich faire Tarifverhandlungen ermöglicht werden und verhindert wird, dass eine Gewerkschaft, die Mitarbeiter in Schlüsselpositionen vertritt, einen Tarifvertrag aushandelt, der zulasten der anderen Mitarbeiter geht.

04

Seehäfen: Weitere Verhandlungen angesetzt

19.7.2022 – Nach sieben ergebnislosen Verhandlungsrunden haben die Arbeitgeber des Zentralverbands der deutschen Seehafenbetriebe ZDS auf den 48-stündigen Warnstreik am 14. Juli mit einem Gang vor das Arbeitsgericht Hamburg reagiert. Die Tarifparteien einigten sich auf einen Vergleich, der die Arbeitgeber zurück an den Verhandlungstisch holt. Insgesamt drei weitere Verhandlungstermine zwischen Verdi und dem ZDS sollen bis zum Ende dieser Woche vereinbart werden. Die Verhandlungen müssen bis zum 26. August erfolgt sein. Bis zum Abschluss dieser Verhandlungen herrscht zwischen den Tarifparteien Friedenspflicht, das heißt, es wird vorerst nicht gestreikt.

Tausende Beschäftigte hatten am 14. und 15. Juli in Hamburg, Bremerhaven, Bremen, Emden, Wilhelmshaven und Brake die Arbeit im Rahmen eines Warnstreiks niedergelegt und so den Druck auf die Arbeitgeber erneut erhöht. Die Verhandlungen betreffen rund 12 000 Beschäftigte in den 58 tarifgebundenen Unternehmen in Niedersachsen, Bremen und Hamburg. Verdi fordert für die rund 12 000 Beschäftigten in den 58 tarifgebundenen Betrieben in Niedersachsen, Bremen und Hamburg eine Erhöhung der Entgelte um 1,20 Euro pro Stunde sowie einen tatsächlichen Inflationsausgleich in Höhe von 7,4 Prozent bei einer Laufzeit des Tarifvertrages von zwölf Monaten. Zudem fordert Verdi die Erhöhung der jährlichen Zulage für Vollcontainerbetriebe um 1200 Euro.

https://www.verdi.de/themen/nachrichten/++co++85e69ed2-e71f-11ec-816b-001a4a160129