Politische Berichte Nr.05/2023 (PDF)04
Aktuell aus Politik und Wirtschaft

Korsika: Hoffnung auf größere Autonomie?

Matthias Paykowski, Karlsruhe.

Am 5. Juli verabschiedete die korsische Versammlung einen Beschluss für die „Anerkennung des korsischen Volkes“. Sie bekräftigte die Forderung, Korsisch als Amtssprache anzuerkennen und forderte einen Einwohnerstatus, der Einheimische bei Immobiliengeschäften bevorzugt. Im März hatte der Präfekt für Korsika, der höchste von der Zentralregierung eingesetzte Beamte, einen Gerichtsbeschluss erwirkt, der die Benutzung der korsischen Sprache im Regionalparlament untersagt. Das Gericht in Bastia hatte entschieden, dass ausschließlich Französisch bei der Ausübung öffentlicher Ämter gesprochen werden darf, und sich auf Artikel 2 der Verfassung berufen, 1994 ergänzt um: „Die Sprache der Republik ist Französisch.“ Dieser Zusatz der Verfassung hat auch eine Ratifizierung der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen von 1992 durch Frankreich bisher verbaut.

Forderungen nach Autonomie und Unabhängigkeit begleiten die korsische Politik gegenüber Frankreich seit 1768, als Genua die Insel an Frankreich verkaufte. Seit den Wahlen 2015 haben politische Strömungen, die Autonomie oder vollständige Unabhängigkeit verlangen, eine Mehrheit in der korsischen Versammlung. Die Insel hat einen Sonderstatus. Mit drei Statuten zur Dezentralisierung – 1982, 1991 und nochmal zwischen 1999 und 2002 – wurden Kompetenzen an die korsische Versammlung übertragen, etwa in Kultur, Bildung oder im Transportwesen – immer eingerahmt in die nationale französische Gesetzgebung.

Erstmals hat jetzt mit Macron ein französischer Staatspräsident eine „Autonomie innerhalb der Republik“ und die Verankerung in der französischen Verfassung ins Gespräch gebracht. Die korsische Versammlung ist aufgefordert, eine Ausarbeitung über die korsischen Inhalte abzuliefern, die in die französische Verfassung aufgenommen werden sollen. Dann braucht es die Zustimmung von drei Fünftel des Kongresses, der gemeinsamen Kammer von Nationalversammlung und Senat. Dort haben die Konservativen, die Änderungen an der Verfassung skeptisch gegenüberstehen, eine deutliche Mehrheit.

So bleibt dann vielleicht wenigstens Macrons Versprechen übrig, mehr Finanzmittel zur Förderung der Regionalsprache bereitzustellen und den Druck auf den korsischen Immobilienmarkt durch steuerliche Lösungen zu lindern.

Quelle: Le Monde, 28.9. / 29.9.2023.