Politische Berichte Nr.05/2023 (PDF)12a
... wir berichteten

Für einen Menschenrechtspakt in der Flüchtlingspolitik – Ein Aufruf von 270 Wissenschaftler*innen

verfassungsblog.de. Wieder einmal steht der Umgang mit Geflüchteten im Fokus der politischen Debatten …Als Wissenschaftler*innen aus dem Asylrecht und der Fluchtforschung, die seit Jahren die Flüchtlingspolitik untersuchen und kommentieren, sehen wir die jüngsten politischen Debatten und Forderungen mit großer Sorge. Die Debatte über Flucht und Asyl wird weitestgehend faktenfrei geführt. Dadurch werden Ängste geschürt und gesellschaftliche Probleme Schutzsuchenden angelastet. Zudem werden kurzerhand rechtsstaatliche und menschenrechtliche Minimalstandards für populistische Überschriften geopfert.

Wir wenden uns daher mit entschiedenem Nachdruck gegen den Versuch, im Schnellverfahren und in einem „Deutschlandpakt“ die Entrechtung von Menschen auf der Flucht weiter voranzutreiben. Stattdessen bedarf es eines bundesdeutschen Menschenrechtspakts in der Flüchtlingspolitik. Ein solcher Menschenrechtspakt ermöglicht es, jenseits populistischer Parolen eine menschenrechtskonforme Ausrichtung in den Mittelpunkt zu stellen. Dies wäre keinesfalls neu, sondern würde auf dem bestehenden rechtlichen und politischen Rahmen beruhen.

In dem Pakt sollten politische Strategien zum Umgang mit Schutzsuchenden festgehalten und die Zusammenarbeit von Bund, Ländern, Kommunen und Gesellschaft konkretisiert werden. So gibt es entgegen der öffentlich geführten Debatte in Deutschland Kommunen, die Menschen aufnehmen wollen und Platz für Schutzsuchende haben …Zudem ist eine nachhaltige Planung für die Aufnahme der Menschen in den Wohnungs- und Arbeitsmarkt umzusetzen. Die nötigen Investitionen in die öffentliche Infrastruktur, zum Beispiel für Betreuungseinrichtungen und Schulen, kommen am Ende allen Menschen zugute …Die Einhaltung völker- und menschenrechtlicher Normen, zu der sich Deutschland vertraglich und im Rahmen der EU verpflichtet hat, ist für einen Rechtsstaat unverzichtbar. Auch auf europäischer Ebene darf die Bundesregierung daher eine Abschottungspolitik mit tödlichen Grenzen nicht unterstützen. Stattdessen muss sich die deutsche Politik für ein Ende der menschenrechtswidrigen Pushbacks, der Kriminalisierung von Geflüchteten und ihren Unterstützer*innen sowie für rechtsstaatliche Asylverfahren einsetzen …Wie bedeutsam die Einhaltung dieser Rechte sind, belegen nicht zuletzt die Erfahrungen der 1990er Jahre. Durch den sogenannten „Asylkompromiss“ von 1992 wurden weitreichende asylrechtliche Einschränkungen eingeführt. Sie wirkten gemeinsam mit der medialen Berichterstattung als Brandbeschleuniger für flüchtlingsfeindliche und rassistische Gewalt …Die rasche Aufnahme ukrainischer Kriegsflüchtlinge war und bleibt richtig und wichtig. Sie darf nun aber nicht gegen ebenso schutzbedürftige andere Geflüchtete ausgespielt werden …

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