Politische Berichte Nr.01/2024 (PDF)14b
... wir berichteten

Ruhrgebietskommunen: Steag-Abenteuer mit Gewinn beendet

Thorsten Jannoff, Essen. Sechs Stadtwerke aus dem Ruhrgebiet (Dortmund, Bochum, Essen, Oberhausen, Dinslaken und Duisburg) hatten die Steag 2011 für 1,2 Milliarden Euro in zwei Schritten von der RAG-Tochter Evonik gekauft. Ende 2023 ist der Verkauf der Steag an den spanischen Infrastruktur-Investor Asterion für 2,6 Mrd. Euro vollzogen worden. Dieser will die Steag mit ihren verschiedenen Sparten als Ganzes behalten, was erst mal eine gute Nachricht für den Erhalt der Arbeitsplätze ist. Die linken Fraktionen haben 2011 die Kommunalisierung der Steag unterstützt, damit die Kommunen einen Einfluss u.a. auf Energieversorgung, die Energiewende und die Sicherung der Arbeitskräfte erhalten. Sie haben zum Teil gemeinsam mit SPD und Grünen begleitende Anträge in die Stadträte eingebracht, die zumindest in Bochum und Dortmund auch verabschiedet worden sind. Dabei ging es u.a. um den ökologischen Umbau der Steag, die Neugewichtung des Auslandsgeschäftes und die Einrichtung eines kommunalen Beirates, der nie eingeführt wurde. Gerade das Auslandsgeschäft wurde von den linken Fraktionen aus verschiedenen Gründen besonders kritisch gesehen, es war allerdings auch der Gewinnbringer des Unternehmens. Letztlich hat sich gezeigt, dass die Strukturen eines Großkonzerns und die der kommunalen Selbstverwaltung systemisch nicht zusammenpassen. Die Einflussmöglichkeiten der Kommunen – selbst als Eigentümer – auf die Konzernsteuerung wurde massiv überschätzt und war relativ gering, was möglicherweise auch besser so war. Denn das zur Beurteilung der Wirtschaftstätigkeit eines weltweit agierenden Energieunternehmens notwendige Expertenwissen konnte von diesen nur schwer erbracht werden, wie auch nicht das notwendige Kapital für den Umbau auf erneuerbare Energien. Immerhin ist das zwischenzeitlich zu befürchtende finanzielle Desaster für die sechs Städte ausgeblieben. Die durch den russischen Angriffskrieg ausgelösten Verwerfungen auf dem Energiemarkt haben zu hohen Profiten der Kohleverstromung geführt. Von den 2,6 Mrd. Euro Verkaufserlös wurden noch Bankverbindlichkeiten, Pensionsforderungen, etc. abgezogen, so dass rund 1,7 Mrd. Euro an die sechs Städte ausgeschüttet wurden. Der Rat der Stadt Essen konnte so Ende Januar beschließen, 120 Mio. Euro Verkaufserlöse zur späteren Finanzierung der kommunalen Energie- und Wärmewende in einer städtischen Gesellschaft zu „parken“. Hinzu kommt noch die Gewinnaufteilung aus dem letzten Jahr, die noch erstellt werden muss. „Das Glück ist mit den Doofen“, heißt es im Ruhrgebiet, das Unglück ist mit den Menschen in der Ukraine.

Abb. (PDF): Cover der Broschüre von 2011. „Der Stadtwerke/STEAG-Deal – Chancen und Risiken: Gelungene Rekommunalisierung oder kommunale Konzerntätigkeit?“

So lautete der Arbeitstitel einer gemeinsamen Veranstaltung des Kommunalpolitischen Forums NRW und der Fraktion Die Linke im Regionalverband Ruhrgebiet am 12. März 2011 in Essen. Die Veranstaltung fand einen Tag nach der Reaktorkatastrophe in Fukushima statt, die nach Auffassung vieler Teilnehmer die Notwendigkeit hin zum ökologischen Umbau der Energiewirtschaft deutlich erhöhte – aus damaliger Sicht ein weiterer Grund für die Rekommunalisierung der Steag.