Politische Berichte Nr.01/2024 (PDF)30
Rechte Provokationen - Demokratische Antworten

dok Rechte Kräfte in der EU

Red. Michael Juretzek, Bremen

01 EU-Wahlen: Rechte Mehrheit möglich
02 Justizreform schränkt Kontrollrechte ein SLOWAKEI
03 Orban-Fico-Achse UNGARN
04 Machtkampf um öffentlich-rechtliche Medien POLEN
05 Nationalistische Blockbildung? DÄNEMARK
06 FPÖ in Wahlumfragen vorne ÖSTERREICH

01

EU-Wahlen: Rechte Mehrheit möglich

ECFR Die Denkfabrik Europäischer Rat für Auswärtige Beziehungen hat einen Bericht zur EU-Wahl veröffentlicht. „Die Ergebnisse unserer Analyse sollten den europäischen Politikern als Weckruf dienen, was bei den Wahlen zum Europäischen Parlament 2024 auf dem Spiel steht.“ In 9 Mitgliedstaaten werden „antieuropäische populistische Parteien“ stärkste Kraft, in weiteren 9 liegen sie an zweiter oder dritter Stelle. Das könnte bedeuten, dass zum ersten Mal seit Gründung der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten, Konservative) eine rechte Mehrheitskoalition möglich wäre. Susi Dennison vom ECFR: „In Schlüsselbereichen wie Migration, Klima, Unterstützung für die Ukraine werden einige der Konsenspunkte, die in der europäischen Politik in den letzten fünf Jahren unter dem derzeitigen Parlament Bestand hatten, schwieriger durchzusetzen sein.“ Das gilt mit Sicherheit auch für die Bereiche Soziales und Gewerkschaftsrechte. Dennison weiter: „Es ist die Kombination aus mehr Stimmen für weiter rechts stehende Gruppen und mehr Bereitschaft der Mitte, mit dem rechten Lager zusammenzuarbeiten, die zu einer Veränderung führen wird.“ (euractiv.de, 24.1.2024)

02

Justizreform schränkt Kontrollrechte ein

SLOWAKEI Trotz Protesten gegen die geplante Justizreform hält die Regierung an ihrem Vorhaben fest „eine grundlegende Änderung der Philosophie des Strafrechts vorzunehmen“ (Pellegrini, Hlas-Vorsitzender). Die Pläne der Regierung Fico sehen vor, die Sonderanwaltschaft zur Korruptionsbekämpfung aufzulösen, Strafen zu reduzieren und die Rechte von Informanten einzuschränken. Innenminister Estok prüft zusätzlich die Möglichkeit, die „überlastete“ Nationale Agentur für Kriminalität (NAKA) abzuschaffen, als Teil der „Reorganisation der Polizei“. Die NAKA untersucht besonders schwere Straftaten wie Korruptionsdelikte, Drogenkriminalität, Morde, Wirtschafts- ,Finanz- und organisierte Kriminalität. (euractiv.de, 16.1.24)

03

Orban-Fico-Achse

UNGARN Bei einem Treffen Orbans mit dem slowakischen Regierungschef Fico vereinbarten sie ein gemeinsames Vorgehen in der EU bezüglich Migration, Ukraine-Hilfe und Änderung des Vetorechts. Seit den Regierungswechseln in Tschechien und Polen hat es keine Zusammenkunft der 4 sogenannten Visegrad-Staaten gegeben, bei denen ein gemeinsames Vorgehen im EU-Rat angestrebt wurde. Beide Staatschefs wollen sich unterstützen gegen die Versuche des EU-Parlaments Finanzhilfen an ihre Länder nur bei Einhaltung rechtsstaatlicher EU-Normen zu gewähren. (euractiv.de, 17.1.24)

04

Machtkampf um öffentlich-rechtliche Medien

POLEN Am 18. Jan. erklärte das Verfassungsgericht die Reform der öffentlich-rechtlichen Medien der neuen Regierung für rechtswidrig. Kulturminister Sienkiewicz hatte die Leitungen von Telewizja Polska und Polskie Radio ausgetauscht. PiS veränderte das Verfassungsgericht so grundlegend, dass der EuGH für Menschenrechte ein faires und unabhängiges Gerichtsverfahren nicht gewährleistet sah. Sienkiewicz erklärte, dieses Urteil habe „keine rechtliche Bedeutung“. Im Dezember hatten frühere Senderchefs und PiS-Politiker die Mediengebäude besetzt. Die neuen Fernsehnachrichten-Mitarbeiter arbeiten in von der Polizei bewachten provisorischen Räumen ohne moderne Ausrüstung. Reporter ohne Grenzen fordern, dass der Nationale Rundfunkrat (KRRiT), der laut Verfassung für die Auswahl der Leitung zuständig war, bevor PiS 2016 den Nationalen Medienrat damit beauftragte, seine früheren Befugnisse zurückerhält.

sueddeutsche.de, 19.1.24; euractiv.de, 19./22.1.24

05

Nationalistische Blockbildung?

DÄNEMARK Am 10. Januar gab die Vorsitzende der Partei Neue Bürgerliche, Pernille Vermund, die Auflösung ihrer Parlamentsfraktion bekannt. „Wenn wir das konservative Dänemark wieder aufbauen wollen, müssen wir alle guten Kräfte bündeln, aber in einer geringeren Zahl konservativer Parteien.“ Die Partei fordert die Aufkündigung der UN-Konvention über die Rechtsstellung von Flüchtlingen und ein Referendum zum Austritt Dänemarks aus dem „Bürokratie-Monstrum“ EU. Programmatisch steht sie der Dänischen Volkspartei (EU-Fraktion ID) am nächsten. (euractiv.de, 11.1.24)

06

FPÖ in Wahlumfragen vorne

ÖSTERREICH Im September finden Parlamentswahlen statt. In aktuellen Umfragen liegt die FPÖ mit 30% (2019: 16%) vor den regierenden ÖVP mit 24% (2019: 37%) und Grünen mit 10% (2019: 14%). 2000 und 2017 gingen ÖVP und FPÖ ein Regierungsbündnis ein. 2019 endete die Koalition mit der Amtsenthebung der FPÖ-Minister im Laufe der „Ibiza-Affäre“. Spitzenkandidat Kickl und Weidel (AfD) vereinbarten: „Gemeinsamer Kampf für Freiheit, Heimat und Demokratie – Gegen die gesellschaftszersetzende Elitenpolitik“.

euractiv.de, 12.1.24; derstandard.de, 19.9.23)