Politische Berichte Nr.02/2024 (PDF)26a
Ankündigungen, Diskussion, Dokumentation

Die Kampagne für die Freilassung von Öcalan und eine politische Lösung der kurdischen Frage …

… wurde am 10. Oktober 2023 eine internationale Kampagne gestartet. Am 1. März 2024 wurde mit einer in Köln abgegebenen Erklärung die zweite Phase der Offensive eingeleitet. An der Pressekonferenz nahmen unter anderem der US-amerikanische Konfliktforscher Dr. Thoreau Redcrow, die schottische Aktivistin und Journalistin Sarah Glynn, der Kölner Linkspolitiker Jörg Detjen und die beiden KCDKE-Vorsitzenden Zübeyde Zümrüt und Engin Sever teil. (anfdeutsch.com/aktuelles/zweite-phase-der-freiheit-fur-Ocalan-kampagne-eingeleitet-41229) – Wir dokumentieren den Beitrag von Jörg Detjen.

Jörg Detjen, Köln … Seit 40 Jahren unterstütze ich die kurdische Bewegung. Seit 1999 bin ich für Die Linke im Rat der Stadt Köln. In den letzten sechs Jahren habe ich mich immer wieder für die Freilassung der in der Türkei willkürlich verhafteten Kölnerinnen und Kölner eingesetzt: Sharo Garip, Adil Demirci, Hozan Cane, Dilan Örs und Hamide Akbayir.

Ich möchte mich aber auch für die Freilassung von Abdullah Öcalan einsetzen. Er ist seit 25 Jahren inhaftiert. Seit 36 Monaten haben seine Angehörigen und Anwälte keinen Kontakt mehr zu ihm. Hier in Deutschland und in vielen europäischen Staaten werden politische Gefangene in der Regel nach 15 Jahren freigelassen. Die Freilassung von Abdullah Öcalan ist seit Jahren überfällig.

Ich fordere die Bundesregierung auf, endlich ihren Kuschelkurs mit der Türkei zu beenden, sich ebenfalls für die Freilassung einzusetzen und Erdogan in die Schranken zu weisen. Erdogan führt Deutschland, die EU und die Nato immer wieder an der Nase herum und kollaboriert immer wieder mit dem Kriegstreiber Putin.

Die kleine Broschüre von Abdullah Öcalan Demokratischer Konföderalismus“,* die erstmals 2012 in deutscher Sprache erschien, ist ein ganz zentraler Beitrag für eine friedliche Entwicklung insbesondere im Nahen Osten, in der Türkei, Syrien und dem Irak. Öcalan hat mit dieser Schrift die Fokussierung auf die kurdische Frage anders und neu aufgeworfen. Nur deshalb war es möglich, dass die Kurdische Volksverteidigungseinheiten (YPG) in Syrien zusammen mit den USA den IS besiegen konnten und in Rojava eine Art kommunale Selbstverwaltung aufbauen konnte. Das sind erste praktische Ergebnisse.

Die Schrift selber ist aber noch weitreichender, weil sie jede Form von „Nationalstaaten“ und insbesondere einen kurdischen Nationalstaat kritisiert:

„Der Nationalstaat brauchte die Bourgeoise und die Macht des Kapitals, um die auf Stammesstruktur und Erbrecht beruhende Feudalordnung und ihre Ideologie durch eine neue nationale Ideologie zu ersetzen … Aus diesem Grunde ist für mich (Öcalan, j.d.) die Gründung eines kurdischen Nationalstaates keine Option … Die Lösung der kurdischen Frage muss dabei in einem Ansatz zu finden sein, der die kapitalistische Moderne schwächt oder zurückdrängt … Darüber hinaus krankt der gesamte Mittlere Osten an einem Demokratiedefizit. Dank der geostrategischen Lage des kurdischen Siedlungsgebietes versprechen erfolgreiche kurdische demokratische Projekte, die Demokratisierung des Mittleren Ostens im Allgemeinen zu beschleunigen. Wir wollen dieses demokratische Projekt Demokratischen Konföderalismus nennen.“

Frieden und Demokratie muss im Mittelpunkt stehen und nicht die Errichtung eines Nationalstaates, sondern, Zitat Öcalan:

„Kommunalismus wäre eine Alternative zum Kapitalismus. Unter demokratischen Nationen, die nicht um Machtmonopole kämpfen, kann er in einer Region, die bisher nur das Feld blutiger Kriege und Völkermorde gewesen ist, den Frieden bringen.“

Der Vorsitzende der HPD Selahattin Demirtaş im Interview der Bildzeitung vom 30.12.2018:

„Und es sollte ein Modell der kommunalen Verwaltung ins Leben gerufen werden, damit sich die Bürger tatkräftig an der Verwaltung beteiligen können. Während all das verwirklicht wird, sollte dafür gesorgt werden, dass über Verhandlungen die PKK und Herr Öcalan an dem Prozess beteiligt werden, und dass das Gewaltproblem endgültig gelöst wird. Um das alles zu verwirklichen, sind eine enorme politische Willenskraft und eine wirksame Unterstützung der Öffentlichkeit notwendig.“

Eine wichtige Würdigung dieser Schrift zum Demokratischen Konföderalismus.

Alle diese Aussagen von Abdullah Öcalan gegen Nationalismus und Rassismus für die Entwicklung einer freien und friedlichen Gesellschaft sind hochaktuell. Der Angriffskrieg der Russen auf die Ukraine ist nationalistischer Imperialismus und der Krieg zwischen Hamas und Israel kann nur gelöst werden, wenn nationalistisches Gedankengut bekämpft und ein friedlicher Weg eingeschlagen wird. Die Jüdin Hannah Arendt hat in ihren Schriften das Rätesystem immer wieder positiv beschrieben, als aktivierendes, widerständiges Mittel der Demokratie. Ich denke, Abdullah Öcalan hat diesen Gedanken aktuell weiterentwickelt. Abdulla Öcalan muss freikommen! Präsident Erdogan öffnen sie die Gefängnistür!

*Quelle: Abdullah Öcalan, Demokratischer Konföderalismus, Mesopotanien-Verlag, Neuss, oder: www.freeocalan.org/wp-content/uploads/2012/09/Abdullah-%C3%96calan-Demokratischer-Konf%C3%B6deralismus.pdf