Aus Politische Berichte Nr. 11/2018, S.13 InhaltsverzeichnisPDFPB-Archiv

dok: Kommunale Politik – Ulli Jäckel, Hamburg – thema: Regionale Planung

01 Wie macht man einen Regionalplan? D resden

02 Schneller, höher, weiter? Bauen nicht um jeden Preis! Mannheim.

03 Schwarzer Dienstag – Ökologische Katastrophe für Schleswig-Holstein verschärft sich

04 Schienenverkehr in der Region Stuttgart:

05 Südostlink oder regionales Netz? Mücheln.

06 Interkommunale Zusammenarbeit stärken – Gründung eines Zweckverbands Wohnungsbau:

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Wie macht man einen Regionalplan? Dresden. 2013 ist der Landesentwicklungsplan Sachsen in Kraft getreten. Er enthält Grundsätze und Ziele zur räumlichen Ordnung und Entwicklung. Im Zusammenspiel mit fünf definierten Regionalplänen und unter Einbeziehung und Abwägung möglichst aller Interessen sollen frühzeitig Raumnutzungsansprüche geregelt und Planungssicherheit geschaffen werden. Die Regionalpläne sollen binnen vier Jahren nach Inkrafttreten des Landesentwicklungsplans an dessen Ziele und Grundsätze angepasst werden. Einer der fünf Regionalpläne ist „Leipzig-Westsachsen“. Über den Stand der Dinge informierte uns zur vergangenen Fraktionssitzung Dr. Eckhard Rexroth, 1. Beigeordneter und Dezernent für Bau und Umwelt im Landkreis Nordsachsen. Um die Frist von vier Jahren zur Anpassung einzuhalten, sollten die Regionalpläne also bis 2017 verabschiedet werden. Für Leipzig-Westsachsen liegt ein Entwurf vor, der aber voraussichtlich erst Ende 2019 unterschriftsreif ist.

Auch wenn die Planung unter Berücksichtigung einer Vielzahl von Interessen und Vorgaben ein zeitraubender Prozess sein mag: Dr. Rexroth machte deutlich, dass die Beschäftigung damit für jede Gemeinde wichtig ist, weil sich Bürgerinnen und Bürger bzw. deren Vertreter so darüber klar werden, wohin die Gemeinde will, wie sie sich das Leben in Zukunft vorstellt. Somit wird die Verantwortung der kommunalen Ebene gestärkt. So zumindest die theoretisch gute Idee. In der Praxis gibt es natürlich die Bürgerbeteiligung, aber wegen vieler entgegengesetzter Interessen bleibt manchmal der Eindruck, dass eine persönliche Einbringung nichts bewirkt. Dennoch fließen alle vorgebrachten Interessen in einen detaillierten Abwägungsprozess ein. Auch wenn es also nicht immer sichtbar ist: die Interessen aller werden aufgenommen und sorgfältig abgewogen. Für diesen Einblick dankt unsere Fraktion Herrn Dr. Rexroth, der uns an diesem Abend auch Spannendes aus seinem ersten Jahr als Dezernent für Bau und Umwelt mit den zugehörigen fünf Ämtern (Vermessung, Flurbereinigung, Straßenbauamt, Bauordnungs- und Planungsamt, Umweltamt) berichtete.

https://www.linksfraktion-nordsachsen.de

Abb (PDF): Planansicht Dresden

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Schneller, höher, weiter? Bauen nicht um jeden Preis! Mannheim. Ratschlag zum Planungsbeschleunigungsgesetz: Neue Infrastrukturprojekte sollen schneller von statten gehen, hierfür soll das neue Planungsbeschleunigungsgesetz die Arbeiten künftig beschleunigen. Tut es das aber wirklich und wie sieht es mit bestehenden Umweltstandards aus? Wie wird sich künftig die Beteiligung der Öffentlichkeit gestalten? Nach Stuttgart 21 und den massiven Protesten von Bürgerinnen und Bürgern sind sowohl aus der Landes- wie auch Bundesregierung Stimmen laut geworden, dass man die Bürgerschaft bei solchen Großprojekten künftig viel früher mitnehmen müsse. Doch wird das neue Gesetz diesem Anspruch gerecht? Hierzu hat die Fraktion Die Linke im Bundestag in das Trafo-Haus Mannheim eingeladen. Die Abgeordneten Sabine Leidig, Sprecherin für sozial-ökologischen Umbau und Ingrid Remmers, verkehrspolitische Sprecherin der Fraktion haben dazu die beiden Fachanwälte für Verwaltungsrecht eingeladen, Ursula Philipp-Gerlach und Dr. Clemens Antweiler. Gemeinsam geben sie spannende Einblicke in die Prozesse hinter diesem neuen Gesetzesentwurf und welche Auswirkungen dieses künftig haben wird. Nach einer kurzen Begrüßung durch die Kreisvorsitzende Elli Brinkschulte stellten die beiden Fachanwälte dann auch sogleich ihre Bedenken dar. Da es häufig zu Klagen gegen Infrastrukturprojekte kommt, insbesondere wenn die Bürger*innen nicht frühzeitig mitgenommen werden, muss ein solches Planungsgesetz vor allem auch eines tun: Rechtssicherheit schaffen. Das tut es aber nicht, ist sich Philipp Gerlach sicher. Gerade die sogenannten „vorläufigen Maßnahmen“, die der neue Gesetzesentwurf nun ermöglichen soll, schaffen Unsicherheit. Zudem bleibt offen, wie weit diese gehen dürfen und ob damit nicht unter Umständen frühzeitig vollendete Tatsachen geschaffen werden, bevor Fragen des Umwelt- und Lärmschutzes vollends geklärt werden konnten. Für Antweiler sind auch die neu einzuführenden „privaten Projektmanager“ bedenklich. Diese sollen künftig bei öffentlichen Planungen hinzugezogen werden können. Da in den Städten und Gemeinden zunehmend Personal und damit auch Planungskapazitäten abgebaut werden, könnten diese privaten Projektmanager zum Standard werden. Wie deren fachliche Qualifikation aber aussehe und welche Möglichkeiten die Öffentlichkeit bei einer möglichen Befangenheit dieser Privaten dann hat, das bleibt offen. Die Abgeordneten Leidig und Remmers sind sich einig, dass mit diesem Gesetzesentwurf die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger sicher nicht gelingen wird. Vielmehr werden demokratische Beteiligungsrechte und ökologische Schutzstandards abgebaut. Die Linke wird sich deswegen gegen diesen Entwurf stellen. Stattdessen brauchen wir einen besseren Zugang zu Informationen für die Bürgerinitiativen und eine Kostenübernahme, wenn beispielsweise eigene Gutachten angefertigt werden müssen. Selbst wenn die Bürgerinitiativen einen Prozess gegen ein bestimmtes Projekt führen und gewinnen, sind sie anschließend pleite. Leidig und Remmers betonen deswegen eindrücklich wie wichtig es ist, hier endlich Waffengleichheit herzustellen. Solange aber solche Gesetzesentwürfe der Verkehrs-Lobby in nicht-öffentlichen Sitzungen diskutiert werden, werden die demokratischen Beteiligungsrechte der Bürgerinnen und Bürger mit Füßen getreten. Sie plädieren deswegen für eine breite gesellschaftliche Debatte darüber, was wir wirklich brauchen. Schließlich sind sie nicht per se gegen Beschleunigung. Die Linke kämpft für die Verkehrswende, und die würden die beiden Abgeordneten doch sehr gerne beschleunigen. Aber dafür braucht es eine konkrete Analyse darüber, was wie beschleunigt werden muss und kann. Das aber liefert dieser Gesetzesentwurf nun eben nicht.

http://www.dielinke-ma.de

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Schwarzer Dienstag – Ökologische Katastrophe für Schleswig-Holstein verschärft sich: Das OVG Schleswig hat in 11 Fällen über die Windkraftplanung in Schleswig-Holstein entschieden – 40 weitere Fälle stehen noch an. Gemeinden verlieren ihre Planungshoheit: Dieser diktatorische Akt öffnet der Lobbydiktatur Tür und Tor und ist sicherlich ganz im Sinne der rot-grünen Landesregierung. Die Entscheidung führt zu einer Goldgräberstimmung bei den Windkraft-Profiteuren – Wünsche der Gemeinden gelten nicht. Die Richter machten in der Urteilsbegründung deutlich, dass sie Defizite bei der Erstellung der Regionalpläne sehen. Städte und Gemeinden konnten den Planungsbehörden in der Staatskanzlei von sich aus mögliche Ausweisungsflächen anbieten – oder sich auch ganz gegen die Pläne sperren. Auch das kritisierten die Richter. Denn für den Ausschluss müsse es fundierte, fachliche Gründe geben. Dass eine Kommune mehrheitlich keine Windkraft auf seinem Gebiet will, erfüllt diese Kriterien nicht. Die Regelungen des Raumordnungsrechts seien da eindeutig. Wegen der Rücksichtnahme auf die Wünsche der Gemeinden seien einige Gebiete nicht als Eignungsflächen ausgewiesen worden, obwohl sie die Landesplanung für geeignet hielt, monierten die Richter. Die Folge: Areale, gegen die es bei der Landesbehörde Vorbehalte gab, wurden dennoch als Eignungsflächen für Windkraftanlagen ausgewiesen. Das Gericht sprach deshalb von „schwerwiegenden Planungsfehlern“. Laut Gericht gab es auch mehrere Verfahrensfehler. So habe es in einem Fall nach Änderung der Planungen keine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung gegeben. Dieser Fehler sei erheblich, hieß es. Das Urteil hat wahrscheinlich auch Auswirkungen auf den Rest von Schleswig-Holstein. Das Oberverwaltungsgericht muss nämlich noch über knapp 40 weitere Streitfälle im Norden des Landes entscheiden. Einen Vorteil haben dagegen nun die Grundstückseigentümer und Investoren, die bisher auf ihren Flächen keine Windparks bauen durften. So lange kein neuer Regionalplan gilt, könnten sie den Bau beantragen. Sie müssen dabei lediglich einige Vorgaben einhalten – wie Natur- und Denkmalschutz oder Abstandsregeln. Thomas Losse-Müller, Chef der Staatskanzlei, betonte in einer ersten Reaktion, dass der Windenergieausbau durch das Urteil nicht gestoppt werde. „Vermutlich können Windkraftanlagen jetzt auf mehr Flächen gebaut werden“, sagte er NDR 1 Welle Nord.

http://www.ndr.de/nachrichten/schleswig-holstein/Oberverwaltungsgericht-kippt-Windkraftplanung-,windkraft530.html http://www.windwahn.de

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Schienenverkehr in der Region Stuttgart: CDU will Zehn-Minuten Takt bei S-Bahn: Die Regionalversammlung debattiert über die hohen Investitionskosten für die S-Bahn. Die Fraktionen fordern mehr Geld von Bund und Land. Doch es gibt auch Kritik. Die hohen Investitionen in die moderne Signaltechnik ETCS und für den Kauf von bis zu 50 neuen S-Bahnen haben die Etatdebatte der Regionalversammlung bestimmt – und das, obwohl die Kosten im Haushaltsentwurf des Verbands Region Stuttgart für das Jahr 2019 gar nicht enthalten sind. Besser gesagt: noch nicht. Denn Sprecher mehrerer Fraktionen forderten, im Etat zumindest eine Übersicht über die Kosten aufzunehmen. Zugleich machten sie deutlich, dass nicht in erster Linie die Region, sondern Bund, Land und Bahn finanziell gefordert seien. Der Bund müsse ETCS als Pilotprojekt fördern, das Land den Kauf von S-Bahnen unterstützen. Dabei geht es um gewaltige Investitionen: bei ETCS ist von 600 Millionen Euro die Rede, beim Kauf der S-Bahnen von bis zu 500 Millionen Euro. Dabei brachte der CDU-Regionalrat Rainer Ganske erstmals öffentlich in die Debatte ein, dass auf einer 2025 mit moderner Signaltechnik ausgestatteten Stammstrecke auch ein Zehn-Minuten-Takt bei der S-Bahn möglich wäre. Bisher soll von Ende 2021 an tagsüber ein durchgängiger 15-Minuten-Takt gelten.

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Südostlink oder regionales Netz? Mücheln. Am 4. September konnten wir in Mücheln im Bürgersaal MdB Ralf Lenkert, den umweltpolitischen Sprecher der Fraktion Die Linke, begrüßen. Mit seinem Vortrag wollte er uns etwas intensiver über das Thema Ausbau der Stromtrassen informieren. Eine dieser Trassen soll auch durch dem Saalekreis und Burgenlandkreis führen und könnte in der Nähe von Langeneichstädt und Freyburg verlaufen. Deshalb hatten sich hier bereits Bürgerinitiativen gebildet, die Kritik am „Südostlink“ äußerten. Auch für ihre Vertreter gab es in den Ausführungen von Ralf sicher einige neue Aspekte. Er setzte sich mit der Auffassung auseinander, der Trassenbau sei notwendig, weil im Süden nach Abschaltung der Atomkraftwerke eine Stromlücke zu befürchten sei und für den Transport des Windstroms aus dem Norden dorthin neue Leitungen gebraucht würden. Außerdem seien die neuen Trassen Teil eines europäischen Leitungsnetzes, dass den maximalen Stromhandel quer durch ganz Europa noch erweitern soll. Ralf wies anhand von Daten der Bundesnetzagentur und der Netzbetreiber nach, dass dies nicht notwendig sei, wenn für die Energieversorgung ein anderes Versorgungskonzept angestrebt wird.

Die Linke setzt auf ein regionales Konzept, in dem zunächst alle regionalen Quellen wie Sonne, Wind, Wasserkraft und Biomasse zur Versorgung genutzt werden, regionale Netze ausgebaut werden und Speicherkapazitäten genutzt werden. Das könnte z.B. die Speicherung von Biogas im Erdgasnetz sein, was bei Bedarf in Gaskraftwerken zum Einsatz kommt. Auch die Verknüpfung der Energiebedarfe in Strom, Wärme und Mobilität kann in diesem regionalen Konzept dazu beitragen, die Wertschöpfung in der Region behalten und nicht die garantierte Rendite (9%) für einen überdimensionierten Übertragungsnetzausbau zu bezahlen. Ralf wies zum Abschluss noch darauf hin, dass die Bundesnetzagentur die Netzausbauplanung regelmäßig weiterführt und neuen Situationen anpasst. Er ermunterte alle, sich an den dann wieder möglichen Stellungnahmen zu beteiligen. Der Vortrag von Ralf ist auf www.ralf-lenkert.de/Themen/Netzausbau zu finden.

http://www.dielinke-saalekreis.de

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Interkommunale Zusammenarbeit stärken – Gründung eines Zweckverbands Wohnungsbau: Offenbach. Die Fraktion Die Linke bringt zur nächsten Stadtverordnetenversammlung einen Antrag ein, der fordert, einen Zweckverband Wohnungsbau gemeinsam mit dem Kreis Offenbach zu gründen. Hierzu erklärt der Stadtverordnete Sven Malsy: „Ziel unseres Antrags ist es, die Kräfte von Stadt und Kreis Offenbach zur Bekämpfung der Wohnraumnot in einem Zweckverband Wohnungsbau zu bündeln. Wir müssen aufhören die einzelnen Kommunen unabhängig voneinander zu betrachten. In den wichtigen Fragen der Daseinsvorsorge können wir nicht getrennt voneinander planen, sondern müssen gemeinsame Wege gehen. Klare Fehlentwicklungen, wie die des Wohnungsmarkts, betreffen nicht nur die Stadt Offenbach, sondern auch den Kreis. Menschen, die jetzt wegen der rasant steigenden Mieten in Offenbach keine Wohnung mehr finden, werden ins Umland verdrängt. Hier sind die Kommunen in der Pflicht. Ein Zweckverband Wohnungsbau ermöglicht die Kooperation mehrerer Gemeinden unter dem Dach eines Verbands und ließe uns einen gemeinsamen Weg für mehr Wohnraum und gegen hohe Mieten einschlagen. Die Kooperation der Gemeinden wird schon auf verschiedenen Ebenen betrieben. Der Zweckverband Wasserversorgung Stadt und Kreis Offenbach ist ein Erfolgsmodell. Kooperationen im Wohnungsbau sind der nächste logische Schritt hin zu einer ausgewogeneren Planung in der gesamten Region. Im Wetterauskreis hat man schon länger verstanden, dass ein Zweckverband für Wohnungsbau sinnvoll ist. Dort wird seit Ende letzten Jahres die Umsetzung eines solchen Verbands geplant. Fördergelder in Höhe von 100 000 Euro vom Land Hessen wurden bereits zugesagt. Wie ein fertiger Zweckverband konkret aussehen könnte, kann man sich im Landkreis Starnberg ansehen. Der Verband Wohnen baut dort schon seit den fünfziger Jahren Sozialwohnungen. Derzeit unterhält er ca. 2300 Wohnungen in 13 Gemeinden und baut kontinuierlich neue und das nach solidarischen Prinzipien. In den letzten Jahren hat die Stadt Offenbach nahezu untätig dabei zugesehen, wie viele Sozialwohnungen weggefallen sind. Der Wohnungsbau wurde privaten Investoren überlassen, die rein renditeorientiert handeln. Es ist zwar viel gebaut worden, aber im gleichen Zug stiegen die Mieten ins Unermessliche. Für Offenbach wird es Zeit die Initiative zu ergreifen. Die Gründung eines Zweckverbands Wohnungsbau ist ein gangbares Konzept zur aktiven Gestaltung der Wohnungspolitik und gegen den Mietenwahnsinn in der ganzen Region.“

https://die-linke-of-stadt.de/