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Nr.11/2019, S.08

dok: Aktionen – Initiativen: Türkische Syrien-Offensive stoppen. Thorsten Jannoff, Gelsenkirchen

01 Stoppt den Krieg – Solidarität mit Rojava

02 Demounterstützung gegen Einmarsch der Türkei in Syrien

03 Erklärung Katja Kipping, Vorsitzende der Partei Die Linke:

04 Türkische Offensive in Syrien stoppen! Petition an die Bundesregierung und die Abgeordneten des Deutschen Bundestages unterzeichnen

05 Offener Brief an NRW-Innenminister Herbert Reul

01

Stoppt den Krieg – Solidarität mit Rojava

Wir fordern:

1. Den sofortigen Rückzug der türkischen Armee und ihrer Verbündeten aus Nordsyrien.

2. Den Stopp der wirtschaftlichen und militärischen Zusammenarbeit mit der Türkei.

3. Sofortige Schritte für eine politische Lösung der Krise in Syrien unter Beteiligung von Frauen, Frauen- und Volksvertretern aus allen verschiedenen nationalen, kulturellen und religiösen Gemeinschaften in Syrien zu unternehmen, sowie die Anerkennung der Demokratischen Föderation Nord- und Ostsyrien.

4. Den Stopp der Kriminalisierung des politischen Engagements von kurdischen Aktivist*innen in Deutschland.

Die Demokratische Föderation Nordostsyriens (Rojava) steht beispielhaft für die Vision eines friedlichen und demokratischen Mittleren Ostens, dessen Basis die Befreiung der Frau ist. Das soll jetzt zerstört werden. Die türkische Armee begeht mit ihrem Angriffskrieg Kriegsverbrechen, indem sie zivile Infrastruktur wie Krankenhäuser, die Wasserversorgung oder die Stromzufuhr bombardiert sowie gezielt Zivilist*innen angreift, vor allem betroffen sind Frauen und Kinder. Mit diesem Krieg droht der IS erneut zu einer Gefahr zu werden – nicht nur für Rojava, auch für Europa. Es waren die Demokratischen Kräfte Syriens (SDF) und die lokalen Selbstverteidigungskräfte (YPG und YPJ) aus Rojava, die den IS und seinen Kalifatsstaat besiegten.

Der türkischen Regierung geht es nicht um die Sicherung der Grenzen, sondern um die Vertreibung der Kurd*innen und der anderen Völker aus der Grenzregion und die Zerstörung der selbstverwalteten Region Rojava. Es ist außerdem ein direkter Angriff auf die Errungenschaften der Frauenrevolution, sowie die Frauenbefreiung. Die geplante Einrichtung einer sogenannten „Schutzzone“ bedeutet eine ethnische Säuberung und Umsiedlungspolitik des Gebietes. Was das bedeutet sieht man im nordsyrischen Efrîn, das von der türkischen Armee letztes Jahr erobert wurde und in dem nun Willkür und Terror herrscht.

Das weitgehende Stillschweigen der Regierungen der EU bedeutet Zustimmung zu diesem Krieg der Türkei. Wirtschaftliche Interessen und die mit dem Flüchtlingsabkommen geschaffene Abschottung gegen Geflüchtete sind ihnen wichtiger als Menschenrechte, Frauenbefreiung, Demokratie und Frieden. Wir bekunden unsere Solidarität mit Rojava und fordern das sofortige Ende des Krieges durch die Türkei sowie den Rückzug der türkischen Armee.

Aus Demo-Aufruf zum 2.11. in Berlin

https://stopptdenkrieg.noblogs.org/post/2019/10/26/stoppt-den-krieg-solidaritat-mit-rojava/#more-104

02

Demounterstützung gegen Einmarsch der Türkei in Syrien

Die Linke unterstützt den Aufruf für die bundesweite Demonstration „Stopp den Krieg – Solidarität mit Rojava“ am 2. November …

Türkisches Militär raus aus Syrien: Die Linke verurteilt die völkerrechtswidrige Invasion der Türkei in Nordostsyrien. Das Agieren der Bundesregierung in Bezug auf Nordsyrien kann nur noch als zynisch bezeichnet werden. Sie hat – wie alle anderen EU-Staaten auch – tagelang geschwiegen, als die USA ihren Abzug ankündigten, und damit der Türkei praktisch grünes Licht signalisiert. Zynischerweise schickt die US-Regierung nun wieder Truppen zur Absicherung von Ölquellen. Nach Beginn der Invasion hat sie ein paar halbherzige kritische Worte geäußert, jetzt aber fährt Außenminister Maas nach Ankara, um das gute deutsch-türkische Verhältnis zu pflegen. Damit macht sich die Bundesregierung mitschuldig an den Kriegsverbrechen der Türkei in Nordsyrien … Mehr als 200 000 Menschen wurden bereits vertrieben. IS-Kämpfer konnten durch die Kampfhandlungen entkommen. Hilfsorganisationen mussten auf Grund der Bedrohung die Region verlassen. Die verschiedenen Feuerpausen, die einerseits zwischen den USA und der Türkei und andererseits zwischen Russland und der Türkei ausgehandelt wurden, werden von der Türkei und ihren Milizen offen ignoriert, die Angriffe der türkischen Armee und ihren verbündeten Mörder-Schergen gehen tagtäglich weiter.

Die Errichtung einer Kontrollzone in Nordsyrien, wie sie sich die Türkei vorstellt, muss unbedingt verhindert werden. Schon im von der Türkei besetzten Afrin kommt es zu Menschenrechtsverletzungen und Vertreibungen. Die Türkei hat nun auch in den neu besetzten Gebieten in Nordsyrien eine umfangreiche demographische Veränderung begonnen … Auch mit der syrischen Armee als Protektoren gibt es keine hinreichende Garantie auf Sicherheit, Einhaltung der Menschenrechte oder eine zukünftige Anerkennung autonomer Rechte in der Region Rojava. Die syrische Regierung ist aufgefordert, die Autonomierechte in der Region Rojava / Nordsyrien anzuerkennen.

Die Vereinbarung zwischen Putin und Erdogan heißt de facto eine Anerkennung der bisherigen Besatzung und damit der damit verbundenen Vertreibungen der angestammten Bevölkerung aus der Region Nordsyriens. Diese Vereinbarung berücksichtigt die Autonomieentwicklung in der Region Nordsyrien / Rojava nicht.

Die Bundesregierung spielt international bzgl. des Einmarsches der Türkei eine fatale Rolle. Es gibt Unbehagen, aber keine klare Kritik am Agieren der türkischen Regierung. Statt gemeinsam klipp und klar direkten Druck auf die türkische Regierung auszuüben, wird der Krieg zur koalitionsinternen Profilierung genutzt.

Der Vorschlag der Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (AKK) für eine „Sicherheitszone“ ist völlig unausgegoren, abenteuerlich und im Effekt gefährlich. U.a. wären damit ca. 2600 Bundeswehrsoldat*innen in Nordsyrien stationiert worden. Es spricht Bände, dass Außenminister Heiko Maas den Vorschlag von AKK beim Treffen mit dem türkischen Außenminister in der Türkei versenkt … Die Bundesregierung verhinderte kurz nach dem Einmarsch der Türkei eine klare Beschlusslage innerhalb der EU für einen sofortigen Stopp aller laufenden und begonnenen Rüstungsexporte.

Die deutsche Bundesregierung war nicht in der Lage eine geordnete Rückkehr von deutschen IS-Anhänger*innen in die Wege zu leiten, um sie hierzulande vor Gericht zu stellen. Nun droht die Gefahr, dass IS-Anhänger*innen im Zuge des Krieges entkommen.

Dass die Bundes- und einige Landesregierungen bis heute das Zeigen von YPG- und YPJ-Fahnen kriminalisieren, ist skandalös.

– Wir fordern von der deutschen Bundesregierung eine klare Verurteilung des Einmarsches der Türkei als völkerrechtswidrig sowie einen tatsächlichen sofortigen Stopp der Ausfuhr von Rüstungsgütern in die Türkei.

– Ein Rückzug der Türkei aus Rojava / Nordsyrien, den jetzigen besetzen Gebieten, ist politisch zwingend.

– Wirtschaftssanktionen gegen Syrien lehnt Die Linke ab.

– Militärisch abgesicherte so genannte Sicherheitszonen, wie z.B. von Annegret Kramp-Karrenbauer vorgeschlagen, helfen den Menschen vor Ort nicht, sondern sichern de facto die Besatzung der Türkei ab.

– Ein Einsatz der Bundeswehr in dieser Region lehnen wir ab. Der bisherige Bundeswehreinsatz muss beendet werden.

– Die Forderung nach sofortiger Beendigung der Zusammenarbeit mit der Türkei im polizeilichen, militärischen und geheimdienstlichen Bereich ist und bleibt richtig.

– So genannte Flugverbotszonen sind abzulehnen. Im Krieg gegen Libyen führte der Beschluss von Flugverbotszonen zu einer fatalen militärischen Intervention.

– Die Bundesregierung muss die deutschen Staatsangehörigen unter den IS-Kämpfern zurück nehmen und vor Gericht stellen.

– Die Beendigung der privilegierten wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit der türkischen Regierung wie etwa die Hermes-Bürgschaften oder die EU-Vor-Beitrittshilfen.

– Die Kriminalisierung des Zeigens von kurdischen Symbolen muss aufhören. YPG– und YPJ-Fahnen müssen auch in Deutschland erlaubt sein. Das PKK-Verbot ist aufzuheben.

Beschluss des Parteivorstandes vom 27.10.2019

03

Erklärung Katja Kipping, Vorsitzende der Partei Die Linke:

„Das Projekt der autonomen Selbstverwaltung in Rojava ist ein erfolgreiches Beispiel für basisdemokratisches Zusammenleben verschiedener Bevölkerungsgruppen und Religionen in einer Region, die von ethnischen und religiösen Konflikten geschüttelt wird. Hier gibt es zudem größere Fortschritte für die Gleichberechtigung der Frauen als in praktisch jedem anderen Land der Region.

Damit ist Rojava mehr als ein Opfer von Bürgerkrieg, Stellvertreterkriegen und der türkischen Invasion. Rojava ist ein Symbol der Hoffnung, dass sozialer Fortschritt und friedliches Zusammenleben in dieser Region trotz aller Widrigkeiten möglich ist. Damit ist es eine Herausforderung für alle, die ihre Macht auf die Trennlinien zwischen Ethnien und Religionen und dem Hass und der Unterdrückung der anderen aufbauen. Die Zerstörung dieses Symbols ist ein wesentliches Motiv der türkischen Aggression. Der Schutz des Projektes Rojava muss ein wesentliches Motiv der internationalen Bemühungen um Frieden in der Region sein.“

www.die-linke.de

Abb. (PDF): Linke-Parteivorsitzender Bernd Riexinger spricht bei einer Kundgebung in Stuttgart.

04

Türkische Offensive in Syrien stoppen! Petition an die Bundesregierung und die Abgeordneten des Deutschen Bundestages unterzeichnen

… Als nichtständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat muss Deutschland nun handeln und die völkerrechtswidrige Besetzung fremden Staatsgebietes gemeinsam mit anderen UN-Mitgliedsstaaten auf das Schärfste verurteilen. Der Weltsicherheitsrat muss die türkische Regierung mit allen diplomatischen Mitteln zum sofortigen Stopp des Militäreinsatzes verpflichten. Aufgrund der Vielzahl von Staaten, die in den Syrienkrieg involviert sind, ist eine Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in der Region nach dem Vorbild der KSZE anzustreben, um laufende Friedensprozesse in Syrien zu stärken. Deutsche Rüstungsexporte in die Türkei müssen sofort gestoppt und bereits erteilte Genehmigungen zurückgenommen werden. Die Bundesrepublik trägt hier eine besondere Verantwortung, wurden doch bereits bei der Eroberung der mehrheitlich von Kurd*innen bewohnten Stadt Afrin durch die türkische Armee im Januar 2018 deutsche Panzer eingesetzt.

Ich unterzeichne den Appell und fordere die Bundesregierung und die Abgeordneten des Deutschen Bundestages auf:

Die diplomatischen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei für bilaterale Gespräche zu nutzen, um von der türkischen Regierung einen Stopp des Militäreinsatzes zu fordern. Alle deutschen Rüstungsexporte in die Türkei umgehend und vollständig zu stoppen. … Gleichzeitig die militärische Zusammenarbeit mit der Türkei als ein Land, das einen Angriffskrieg führt, im Rahmen der Nato in Frage zu stellen.

Die Friedensprozesse in Syrien durch den Anstoß einer Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in der Region zu stärken.

www.dfg-vk.de/unsere-themen/kriege-und-konflikte/

05

Offener Brief an NRW-Innenminister Herbert Reul

Im Vorfeld einer Demonstration in Köln gegen die türkische Invasion in Nordsyrien warnten die Behörden von Nordrhein-Westfalen vor Tausenden bewaffneten Jugendlichen und entwarfen damit ein realitätsfernes Schreckensszenario. Die Anmelder der Demonstration haben sich mit einem offenen Brief an den Landesinnenminister Herbert Reul gewandt und das Vorgehen der Behörden verurteilt:

Am Samstag, dem 19. Oktober 2019, nahmen in Köln wie angemeldet ca. 15 000 Menschen friedlich an der Demonstration „Gegen den Angriffskrieg der Türkei, Solidarität mit Rojava“ teil …

Schon im Vorfeld hatte die Polizei Stimmung gegen die Demonstration gemacht. In einer Pressekonferenz am Vorabend der Demonstration, zu der die Polizei eingeladen hatte kurz nachdem sich Innenminister Reul an die Bevölkerung gewandt hatte, zeichneten der Polizeipräsident Jacobs und der Einsatzleiter der Polizei Rüschenschmidt das Bild drohender erheblicher Ausschreitungen, die zu erwarten seien. Sie sprachen von „tausenden gewaltbereiten Jugendlichen, die mit Messern bewaffnet nach Köln anreisen würden“.

Nicht nur die BILD-Zeitung übernahm das rassistische Narrativ der Polizei und hetzte gegen die bevorstehende Demonstration. Am Tag der Demonstration war die Polizei mit einem Großaufgebot vor Ort. Mehrere Hundertschaften, Wasserwerfer und eine Reiterstaffel waren im Einsatz. Schon auf ihrem Weg zur Demonstration wurden etwa 70 Menschen am Kölner Hauptbahnhof eingekesselt und durchsucht. Gefunden wurde nichts.

Unverantwortlich und unhaltbar waren auch die Twitter-Meldungen der Polizei schon vor der Demonstration. In einem dieser Tweets in kurdischer Sprache forderte die Polizei die Demonstranten auf, den Gebrauch von Schusswaffen zu unterlassen!

Die Demonstration am Samstag blieb im Gegensatz dazu völlig friedlich. …

Dieses Handeln der Exekutive als politische Akteurin ist ein schwerer Eingriff in die Versammlungsfreiheit, zu deren Schutz sie verpflichtet ist. Verantwortlich dafür sind der Kölner Polizeipräsident Uwe Jacobs und sein Dienstherr Innenminister Reul. Wir halten beide aufgrund dieses Vorgehens gemessen an ihren verfassungsmäßigen Aufgaben für komplette Fehlbesetzungen.

https://anfdeutsch.com/aktuelles/offener-brief-an-nrw-innenminister-herbert-reul-15003

Abb. (PDF): Logo HEVA SOR A KURDISTANEE