Politische Berichte Nr. 3/2021 (PDF)02
Blick in die Medien

Wahlen 2022: Le Pens Chancen

Matthias Paykowski. Karlsruhe. Für die Präsidentschaftswahlen in Frankreich könnte es 2022 erneut zu einer Stichwahl zwischen Amtsinhaber Macron und Le Pen vom rechtsextremen RN kommen. Die Parteienlandschaft hat sich von den Ergebnissen der Präsidentschaftswahl 2017 nicht wieder erholt. Die konservative republikanische Partei (LR) wird zwischen Macrons LREM und Le Pens RN aufgerieben. Teile der republikanischen Partei suchen das Bündnis mit dem RN oder verlassen die Partei sogar und kandidieren direkt bei Le Pen. Andere Teile sehen eine Annäherung an oder ein Zusammengehen mit Le Pen immer noch als republikanischen Tabubruch.

Macron hat eine erneute Kandidatur noch nicht offiziell angekündigt, aber inhaltlich setzt er Schwerpunkte auf „Innere Sicherheit“ und „Kampf gegen den Islamismus“. Bei diesen Themen werden dem RN in Umfragen die höchsten Kompetenzen zugesprochen.

Exakt 60 Jahre nach einem Putschversuch französischer Generäle in Algerien gegen de Gaulle sind symbolträchtig am 21. April pensionierte Generäle Le Pen zur Seite gesprungen, indem sie einen offenen Brief an Macron veröffentlichten, angeblich unterstützt von Tausenden Angehörigen des Militärs: „Die Stunde ist ernst, Frankreich ist in Gefahr, mehrere tödliche Gefahren bedrohen es.“ Die ehemaligen Generäle „warnten“ vor „dem Islamismus und den Horden aus den Vorstädten“, um schließlich mit einem Putsch zu drohen: „Wir sehen, dass keine Zeit mehr ist, zu zögern, sonst wird morgen der Bürgerkrieg diesem wachsenden Chaos ein Ende setzen, und die Toten, für die Sie verantwortlich sein werden, werden zu Tausenden gezählt werden.“

Auch im Polizeiapparat mobilisiert der RN: Auf einer Demonstration von Polizisten gegen ihre Arbeitsbedingungen Mitte Mai in Paris war er deutlich sichtbar vertreten. Laut einer Studie sollen 60 % der Polizisten bereit sein, RN zu wählen.

Dass Macron sich auf das rechte Wählerspektrum konzentriert, könnte sich auch in anderer Hinsicht als Fehler erweisen: die bisher zuverlässige politische Kultur, wenigstens bei der Stichwahl im zweiten Wahlgang gegen die Rechtsextremen die Stimme abzugeben, ist erodiert. Umfragen deuten an, dass der RN nur noch von 49 % der Wähler als rechtsextreme Organisation angesehen wird. Und viele linke Wähler beabsichtigen, die Wahlurnen in der Stichwahl gar nicht mehr aufzusuchen, unter anderem aus Enttäuschung über Macrons Politik. Es liegt aber auch am Zustand der linken und grünen Opposition. Keine der Parteien kann absehbar erfolgversprechende Kandidaten aufbieten. Die PS ist so schwach, dass sie einen grünen Kandidaten unterstützen will. Melenchon wird noch mit 10 % gehandelt, 2017 hatten ihm noch etwa 20 % die Stimme gegeben. Das fördert nicht unbedingt die Wahlbeteiligung und -bereitschaft.

Das nächste Stimmungsbarometer: Am 20. und 27. Juni werden in 13 Regionen Frankreichs Regionalräte neu gewählt.

Nachtrag: In PB 2/21 hatten wir über den Stand der Rüstungskooperation zum Luftkampfsystem FCAS berichtet. Strittig waren vor allem Fragen der Arbeitsteilung, des intellektuellen Eigentums (Patente) sowie die Nutzungsrechte. Mitte Mai ist über die Fortführung des Projektes entschieden worden: Der französische Konzern Dassault übernimmt die Federführung, Safran und MTU liefern in Kooperation die Triebwerke. Ab 21. Juni befasst sich der Bundestag mit einer weiteren Finanzierung.