Politische Berichte Nr.1/2022 (PDF)20
Rechte Provokationen - Demokratische Antworten

Rechte Provokationen – demokratische Antworten – Redaktionsnotizen.

Zusammengestellt von Rosemarie Steffens, Langen, Hessen

01 Schließung möglicher Lücken in der EU-Antirassismus-Richtlinie.
02 Initiative „Palandt umbenennen“ ist erfolgreich!
03 Immun gegen Fakten. Organisierte Impfgegnerschaft als Demokratiegefährdung.
04 Kommunale Bündnisse starten Offene Briefe gegen „Montagsspaziergänge“.
05 Bis zu 5000 Menschen kamen zur Kundgebung und Demonstration des „Bündnisses gegen Rechts“ am 15.1.22 in Hamburg.

01

Schließung möglicher Lücken in der EU-Antirassismus-Richtlinie. Die Europäische Kommission hat für die Zeitspanne vom 17.1. bis 11.4. eine Fragebogenaktion gestartet, um die Antirassismus-Richtlinie verbessern zu können. Im Nachgang zum EU-Aktionsplan gegen Rassismus soll diese Konsultation die Kommission dabei unterstützen, mögliche Lücken beim Schutz vor Diskriminierung aus Gründen der ethnischen Herkunft oder der mutmaßlichen Rasse zu finden und geeignete Maßnahmen zur Schließung dieser Lücken in der Richtlinie zu ermitteln. Sie sammelt dazu Daten und Dokumente über Erfahrungen mit Diskriminierung aufgrund der ethnischen Herkunft, Meinungen zum rechtlichen Schutz vor einer solchen Diskriminierung und Vorschläge für mögliche künftige Verbesserungen. Gefragt sind Privatpersonen mit Rassismus-Erfahrungen sowie Nicht-Regierungsorganisationen, Gewerkschaften, Verbraucherorganisationen, Behörden, Unternehmen und andere. Zu finden unter: cc.europa.eu (Sprache deutsch wählen) dann das Stichwort „Schließung möglicher Lücken in der EU-Antirassismusrichtlinie“ eingeben.

02

Initiative „Palandt umbenennen“ ist erfolgreich! Der C.H. Beck Verlag nennt „Palandt“ und die Gesetzessammlung „Schönfelder“ um, weil diese Namensgeber im Nationalsozialismus als Juristen aktiv waren. Otto Palandt war von 1934 bis 1943 Präsident des Reichsjustizprüfungsamts und verantwortete die damalige Justizausbildungsordnung, die die NS-Ideologie zum Ausbildungsziel erklärte. Der Loseblattkommentar zum Grundgesetz Maunz/Dürig wird künftig den Namen Dürig/Herzog/Scholz tragen, der Name Maunz wird ebenfalls wegfallen, erklärt der Verlag. Theodor Maunz, ab 1935 Professor in Staats- und Verwaltungsrecht propagierte den faschistischen Führerstaat. Die Initiative „Palandt umbenennen!“ sowie namhafte Jurist:innen hatten in den vergangenen Jahren immer wieder eine kritische Überprüfung der Namensgebung vom Verlag gefordert. „Palandt Umbenennen“ sieht die Entscheidung als Ergebnis einer intensiven Debatte, welche die Initiative und andere mit dem Verlag in den letzten Jahren geführt haben. „Unser Ziel war dabei das Erinnern, nicht das Vergessen. Es bleibt daher auch nach den Umbenennungen die Aufgabe, das Gedenken an die Verstrickung von Juristinnen und Juristen in das Unrecht der NS-Herrschaft und auch das Gedenken an seine Opfer wachzuhalten“.

„Palandt Umbenennen“ bedauert allerdings die Entscheidung des C.H. Beck Verlags, den Palandt nicht nach dem jüdischen Jurist Otto Liebmann zu benennen. „Liebmann als neuen Namensgeber des Beck’schen Kurz-Kommentars zum BGB zu wählen, wäre daher eine Chance gewesen, die der Verlag leider verpasst hat. Als Initiative werden wir uns weiter für eine kritische zeitgeschichtliche Reflektion der Rolle der Jurisprudenz in der NS-Zeit und insbesondere für eine Verankerung dieser Auseinandersetzung in der juristischen Ausbildung einsetzen.“

Jurios.de

03

Immun gegen Fakten. Organisierte Impfgegnerschaft als Demokratiegefährdung. Unter diesem Titel ist eine Broschüre der Amadeo-Antonio-Stiftung im Januar 2022 erschienen, die fünf Strategien präsentiert, Verschwörungsmythen zum Thema Impfen zu kontern. Eine Untersuchung des Instituts für Demokratie und Zivilgesellschaft in Jena vom November 2021 zeigt einen deutlichen Zusammenhang zwischen hohen Wahlstimmen-Anteilen für die AfD und hohen Coronavirus-Infektionszahlen. Die Broschüre entwickelt zunächst, warum organisierte Impfgegnerschaft eine Gefahr für die Demokratie darstellt. Sie geht ein auf typische Denkweisen in der Impfgegnerszene: die Ablehnung der modernen Medizin und wissenschaftlicher Prinzipien, der sozialdarwinistische Fokus auf den gesunden Körper und das starke Immunsystem, dass organisiertes Impfgegnertum mit menschenfeindlichen Verschwörungsideologien einhergeht und warum organisierte Impfgegnerschaft Rechtsextremen in die Karten spielt.

https://www.amadeu-antonio-stiftung.de/wie-gehe-ich-mit-impfgegnerinnen-um-79881/

04

Kommunale Bündnisse starten Offene Briefe gegen „Montagsspaziergänge“. Das Bündnis „Freiberg für alle“ beispielsweise hatte im Dezember Unterschriften unter einen Offenen Brief gesammelt. Sprecherin Claudia Kallmeier sagt: „Wir haben den Offenen Brief initiiert, um der großen Mehrheit in Freiberg, denen die andauernden illegalen Demonstrationen zuwider sind und die die Corona-Schutzmaßnahmen aus Verantwortungsgefühl und Solidarität mit den Kliniken mittragen, eine Stimme zu geben.“

In 80 Städten in Sachsen hatte die Partei „Freie Sachsen“ zu „Spaziergängen“ aufgerufen, einer der größten fand in Freiberg statt. Es sei an der Zeit gewesen, laut und deutlich zu widersprechen. Bisher ist der Offene Brief von mehr als 1400 Menschen unterzeichnet worden. Auf ihrer Webseite sind viele persönliche Stellungnahmen zu finden.

Ähnliche Aktionen – auch mit Unterschriften und öffentlichen Erklärungen von Landräten, Bürgermeistern und Stadtverordneten – gibt es auch in anderen Städten, meist als Aufruf für Demokratie und Zusammenhalt über change.org. Auch die Bundeszentrale für Politische Bildung unterstützt solche Aufrufe.

05

Bis zu 5000 Menschen kamen zur Kundgebung und Demonstration des „Bündnisses gegen Rechts“ am 15.1.22 in Hamburg. Solidarische Forderungen zur Verbesserung des Gesundheitswesens wurden erhoben

Abb.(PDF): Soldaritätsdemonstration. Foto: Reinhard Schwandt