Politische Berichte Nr.4/2022 (PDF)09
EU-Politik

Rechtliches Stellung europäischer Betriebsräte soll erheblich gestärkt werden

Rolf Gehring, Brüssel

Die 1994 verabschiedete Richtlinie zu europäischen Betriebsräten setzte einen institutionalisierten und rechtlich verankerten Rahmen für grenzüberschreitende Kooperation zwischen Belegschaftsvertretungen und auch für Gewerkschaften, die ja in einer Reihe von Ländern direkt in die Vertretungsstrukturen auf Betriebs- und Unternehmensebene eingebunden sind. Die Beteiligungsrechte beschränken sich auf Informations- und Konsultationsrechte, weitergehende Mitbestimmungsrechte sind nicht vorgesehen. Gleichwohl bildete und bildet sich vor dem Hintergrund, dass die Richtlinie eine ganze Reihe von unbestimmten Rechtsbegriffen beinhaltet, eine gesellschaftliche Praxis aus, die strukturierend auf die industriellen Beziehungen wirkt. Was bedeutet rechtzeitig, was bedeutet umfassend, welche Themen sind im EBR zu verhandeln, was ist vertraulich usf.?

In der Praxis findet die Information und Konsultation Europäischer Betriebsräte (EBR) oft zu spät, unvollständig oder gar nicht statt. EBR-Mitglieder werden bei Umstrukturierungen oftmals vor vollendete Tatsachen gestellt. Belegschaftsvertretungen auch nur wahr- oder ernstzunehmen, ist auf Unternehmensseite häufig sehr unterentwickelt. Vor diesem Hintergrund hat der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB) bereits vor drei Jahren eine Kampagne für mehr Demokratie am Arbeitsplatz begonnen, die auf eine Revision der EBR-Richtlinie, aber auch auf einen allgemeinen Ausbau der Beteiligungsrechte in allen Unternehmensgrößen und auf eine stärkere Berücksichtigung von Arbeitnehmerbelangen im Unternehmensrecht zielt. Unterstützung finden die Gewerkschaften seitens des Europäischen Parlaments, das bereits 2021 in einer Entschließung unter dem Titel „Demokratie am Arbeitsplatz“ nicht nur die Revision der EBR-Richtlinie thematisiert, sondern auch eine Rahmenrichtlinie über die Unterrichtung, Anhörung und Beteiligung der Arbeitnehmer und eine Stärkung der Mitbestimmung in den Aufsichtsräten.

Am 12. Mai 2022 veröffentlichte nun der Beschäftigungsausschuss des Europaparlaments den ersten Entwurf eines Berichtes über die Revision der EBR-Richtlinie. Berichterstatter ist der christdemokratische Europaabgeordnete Denis Radtke. Der Bericht greift auch eine Reihe von zentralen Forderungen des Europäischen Gewerkschaftsbundes auf, die dieser im März 2017 vorgelegt hatte. Vorgeschlagen wir unter anderem:

Berichtsentwurf: https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/EMPL-PR-730043_DE.pdf