Politische Berichte Nr.4/2022 (PDF)10
Aktionen-Initiativen

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Aktionen/Initiativen, Versorgungskrise: Grundgüter gewährleisten!

Thorsten Jannoff red, Gelsenkirchen

01 Eckpunkte Bürgergeld: Paritätischer bewertet Vorschläge als inkonsequent
02 Vorankündigung: Aktionstag am 14. Oktober 2022
03 Bürgergeld soll Hartz IV ablösen
04 Mieterbund: CO2-Preis im Mietwohnsektor aussetzen
05 Mieterinnen und Mieter vor Kündigungen schützen und bei Heizkosten entlasten 9-Punkte-Plan gegen die Gaspreisexplosion
06 AWO: Anstieg der Energiepreise mit aller Kraft verhindern
07 Offener Brief von Tacheles an Hubertus Heil und das BMAS: Maßnahmen zur Abwendung von Energiearmut bisher unbekannten Ausmaßes

01

Eckpunkte Bürgergeld: Paritätischer bewertet Vorschläge als inkonsequent

www.der-paritaetische.de Mit der Höhe der Regelsätze klammere das vorgelegte Papier ausgerechnet den zentralen Punkt aus, an dem sich letztlich die gesamte Reform messen lassen muss. Enttäuschend sei zudem, dass die Ampel offenbar weiterhin an Sanktionen festhalten wolle. Die Höhe der Leistungen bleibt das Papier noch schuldig, die Vorschläge zu künftigen Sanktionen bedeuteten faktisch einen Rückschritt im Vergleich zum aktuellen Status Quo (derzeit gilt ein Sanktionsmoratorium), kritisiert der Paritätische. Solange die Höhe der Leistungen nicht feststehe, könne man das Bürgergeld kaum bewerten. Nach Berechnungen der Paritätischen Forschungsstelle müsste der Regelsatz aktuell bei mindestens 678 Euro liegen, um das soziokulturelle Existenzminimum abzusichern. Zusätzlich brauche es dringend einen Anpassungsmechanismus, der zeitnah vor realen Kaufkraftverlusten schützt. Positiv wertet der Paritätische u.a. die in den Eckpunkten avisierte Intensivierung der Eingliederungsmaßnahmen oder die angekündigte Entfristung des sozialen Arbeitsmarktes. Dies seien Schritte in die richtige Richtung, die jedoch in der Praxis an Unterfinanzierung zu scheitern drohen, sollten die in der Haushaltsplanung angekündigten Kürzungen greifen.

02

Vorankündigung: Aktionstag am 14. Oktober 2022

Das Bündnis „AufRecht bestehen“ plant anlässlich der Diskussion um das geplante Bürgergeld sowie der explodierenden Energiekosten einen Aktionstag am 14. Oktober 2022. Aktuell erarbeitet das Bündnis ein Forderungspapier auf Grundlage bereits veröffentlichter Forderungen zur Überwindung von Hartz IV („Hartz IV endlich ohne Wenn und Aber abschaffen“ von Juni 2021) und zur Energiearmut („Energieversorgung ist ein elementarer Bestandteil menschlicher Existenzsicherung“ von April 2022). Voraussichtlich können wir Ende August das fertige Forderungspapier, einen Aufruf zum Aktionstag sowie weitere Infos zur Verfügung stellen.

Das Bündnis „AufRecht bestehen“ fordert im Wesentlichen • ein menschenwürdiges Existenzminimum mit mindestens 600 Euro Regelsatz (bei Herausnahme von Strom und „weißer Ware“ aus dem Regelsatz); • einen regelmäßigen und zeitnahen Inflationsausgleich; • die Übernahme der tatsächlichen Wohnkosten, nicht nur in den ersten beiden Jahren; • die Übernahme der tatsächlichen Energiekosten (Heizung und Strom); • Extraleistungen für die Ersatzbeschaffung von energiesparenden Haushaltsgeräten; • ein gesetzliches Verbot von Strom- und Gassperrungen, wenn Privathaushalte betroffen sind; • die Stärkung der Arbeitslosenversicherung und Abschaffung des Systems SGB II („Hartz IV“) mit Arbeitslosengeld für die gesamte Dauer der Erwerbslosigkeit; • Abschaffung der Sanktionen und der Sperrzeiten; • mehr und bessere Qualifizierungen.

https://www.erwerbslos.de/aktivitaeten/784-vorankuendigung-aktionstag-am-14-oktober-2022

Abb. (PDF): Logo „Auf Recht bestehen“

03

Bürgergeld soll Hartz IV ablösen

www.sovd.de. Die Regierungsparteien haben in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, die Grundsicherung Hartz IV durch ein Bürgergeld abzulösen. Am Mittwoch stellte Sozialminister Hubertus Heil (SPD) das Konzept vor. Ein Gesetzesentwurf für die Reform ist für den Sommer angekündigt, schon 2023 soll das Bürgergeld eingeführt werden.

Im Koalitionsvertrag ist festgehalten, dass künftig in den ersten beiden Jahren des Bezugs der Grundsicherung das Bürgergeld ohne Anrechnung des Vermögens gewährt werden soll. Zudem soll in dieser Zeit auch die Wohnung als angemessen anerkannt werden.

Weiterhin ist geplant, den Vermittlungsvorrang im SGB II abzuschaffen. Die Pflicht, quasi jeden angebotenen Job annehmen zu müssen, wird damit gelockert. Stattdessen erfolgt eine Aufwertung der Aus- und Weiterbildung, für die nun auch finanzielle Anreize in Form eines Weiterbildungsgeldes von monatlich 150 Euro geplant sind. Ein entscheidendes Kriterium für das Gelingen der Reform ist nach Einschätzung des Verbandes die neue Höhe der Regelsätze. Diese sind auf ein menschenwürdiges soziokulturelles Existenzminimum anzuheben. In einem Interview mit der Mediengruppe Bayern hält SoVD-Vizepräsidentin Ursula Engelen-Kefer fest: „Erforderlich sind vor allem dauerhafte Verbesserungen bei den Hartz-IV-Regelsätzen und bei den Methoden zu deren Berechnung. Daher müssen die Regelsätze umgehend um 100 Euro pro Monat erhöht werden mit dem Ziel, nach einer Neuberechnung dauerhaft noch höhere Regelsätze möglich zu machen.“ Die bisher im Raum stehenden 40 bis 50 Euro zusätzlich pro Monat seien dabei keinesfalls ausreichend, um das Existenzminimum zu sichern, wie es vom Bundesverfassungsgericht gefordert wird.

04

Mieterbund: CO2-Preis im Mietwohnsektor aussetzen

Dauerhafte Befreiung der Mieterinnen und Mieter von CO2-Kosten sicherstellen

www.mieterbund.de Der vom Gesetzgeber beabsichtigte Zweck der CO2-Abgabe, Vermieterinnen und Vermieter zur energetischen Ertüchtigung ihrer Häuser anzureizen, ist aus Sicht des Deutschen Mieterbundes (DMB) in Zeiten explodierender Energiekosten zwar relevanter denn je. Natürlich sind aber auch Vermieterinnen und Vermieter von den enorm steigenden Preisen betroffen, so dass die beabsichtigte Lenkungswirkung zumindest bei den privaten Kleinvermieterinnen und Kleinvermietern derzeit nicht verfangen wird. „Die weitere Belastung der Mieterinnen und Mieter mit den CO2-Kosten in Zeiten explodierender Energiepreise, enorm steigender Lebenshaltungskosten und fortwährend nach oben kletternder Mieten wäre in der jetzigen Situation völlig daneben. Wir fordern daher, wie auch der Verband der privaten Hauseigentümer, die komplette Aussetzung des CO2-Preises im Mietwohnungssektor“, erklärt der Präsident des Deutschen Mieterbundes, Lukas Siebenkotten, hinsichtlich des morgen auf der Tagesordnung des Bundesrates stehenden Entwurfs eines Gesetzes zur Aufteilung der Kohlendioxidkosten.

05

Mieterinnen und Mieter vor Kündigungen schützen und bei Heizkosten entlasten

9-Punkte-Plan gegen die Gaspreisexplosion

www.mieterbund.de. Der Deutsche Mieterbund (DMB) fordert im Zuge der Ausrufung der Alarmstufe des Gas-Notfallplans umfangreiche Maßnahmen, um Mieterinnen und Mieter vor dem Verlust ihrer Wohnungen zu schützen. „Es darf niemand seine Wohnung verlieren, wenn die Kosten der Preisanpassung nicht sofort geschultert oder die Nachzahlungen nicht innerhalb von 30 Tagen beglichen werden können. Auch muss der Gesetzgeber sicherstellen, dass die im Zuge der Preisanpassungsklausel weitergegebenen Kosten staatlich reguliert werden, da ansonsten soziale Verwerfungen drohen. Ein zusätzliches Entlastungspaket sollte dabei insbesondere die von ihren Wohnkosten überlasteten Mieterinnen und Mieter adressieren, wozu rund die Hälfte aller Mieterhaushalte in deutschen Städten gehören“, fordert Weber-Moritz. Der Deutsche Mieterbund pocht daher in einem heute veröffentlichten 9-Punkte-Plan auf mehr Rechtssicherheit und Entlastungen für Mieterinnen und Mieter. Dringend benötigt wird ein Kündigungsmoratorium, das sicherstellt, dass niemand gekündigt werden darf, der wegen stark gestiegener Heizkosten seine Nebenkostenabrechnung oder hohe Preisanpassungen nicht fristgerecht bezahlen kann. Explodierende Marktpreise dürfen nicht 1:1 an Mieterinnen und Mieter weitergegeben werden. Durch einen Gaspreisdeckel, der Preiserhöhungen nur bis zu einem bestimmten Punkt zulässt, kann gesetzgeberisch ausgeschlossen werden, dass die Endkundenpreise ins Unermessliche steigen. Mieterinnen und Mieter, die die hohen Energiekosten nicht mehr aus eigener Kraft zahlen können, brauchen zumindest für die Dauer der Energiekrise staatliche Unterstützung in Form von dauerhaften Heizkostenzuschüssen. Denn in der untersten Einkommensklasse bezieht nur gut die Hälfte der Haushalte Sozialtransfers. Zudem muss das Wohngeld reformiert und die Berechnung des Wohngeldes an den realen Kosten der Betroffenen ausgerichtet sowie der CO2-Preis im Mietwohnsektor ausgesetzt werden.

06

AWO: Anstieg der Energiepreise mit aller Kraft verhindern

awo.org Immer mehr Haushalte in Deutschland leiden schon heute unter Energiearmut. Angesichts der durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine entstandenen Marktsituation mit einer drohenden weiteren Explosion der Gas- und Energiepreise fordert die AWO die Bundesregierung zum sofortigen Handeln auf. Dazu erklärt Michael Groß, Präsident der Arbeiterwohlfahrt:

„Die angespannte Marktsituation betrachten wir mit großer Sorge. Wir befürchten, dass spätestens in den kalten Monaten die im Energiesicherheitsgesetz vorgesehene Preisanpassungsklausel greift, die selbst bei eigentlich langfristigen Verträgen zu einem sprunghaften Anstieg der Gaspreise für Verbraucher führt. Dieser sprunghafte Anstieg muss mit aller Kraft verhindert werden, da sonst viele Menschen in Deutschland in Armut rutschen werden. Die Bundesregierung muss den Bürgerinnen und Bürgern Sicherheit geben und die Gaspreise auf einem noch bezahlbaren Niveau deckeln, bevor es zu spät ist!“ Die hohen Energiepreise führen bereits heute zu großen finanziellen Schwierigkeiten bei Menschen in allen Altersklassen. Auch Einrichtungen wie Pflegeheime oder Kindertagesstätten stellen die Preissteigerungen vor Herausforderungen. „Einen Anstieg von Armut in unserem Land können wir uns nicht leisten“, kommentiert Brigitte Döcker, Vorstandsvorsitzende des AWO Bundesverbands. „Wir sehen, wie stark unsere Angebote der Schuldner*innenberatung schon jetzt nachgefragt werden. Neben wichtigen Investitionen, die unser Land und unsere Einrichtungen in Zukunft unabhängig von fossilen Energieträgern machen, brauchen wir jetzt gezielte Maßnahmen, um wirksam Armut zu verhindern und Sicherheit zu geben.“

Abb. (PDF): Logo AWO

07

Offener Brief von Tacheles an Hubertus Heil und das BMAS: Maßnahmen zur Abwendung von Energiearmut bisher unbekannten Ausmaßes

tacheles-sozialhilfe.de … aufgrund der Energiekrise mit drastischen Teuerungsraten für Strom und Heizenergie sind wir in großer Sorge wegen deren Auswirkungen auf die Menschen in Bezug von Leistungen nach dem SGB II, SGB XII und AsylbLG, der Haushalte, die Kinderzuschlag, Wohngeld oder Ausbildungsförderungsleistungen beziehen, sowie der Menschen und Familien mit geringem Einkommen knapp oberhalb des Anspruchs auf solche Leistungen. Unserer Einschätzung zufolge droht unserer Gesellschaft eine Energiearmut in bisher nicht gekanntem Ausmaß. Daher richten wir realpolitische Vorschläge an Sie und Ihr Ministerium, die regelmäßig keiner gesetzlichen Änderung bedürfen, sondern mit ministerialen Handlungsanweisungen durchgesetzt werden können.

Die Vorschläge im Einzelnen (Kapitelüberschriften):

1. Drastische Erhöhung der monatlichen Abschlagszahlungen für Haushaltsenergie

1.1 Erhöhte Stromabschläge für Haushaltsenergie als Mehrbedarfe, abweichende Bedarfe bzw. sonstige Bedarfe

1.2 Berücksichtigung erhöhter Stromabschläge für Haushaltsenergie bei der Ermittlung des sozialrechtlichen Bedarfs von Personen im Bezug von Kinderzuschlag und Wohngeld

1.3 Erhöhte Stromabschläge für Haushaltsenergie als sozialrechtlicher Bedarf für nichtleistungsbeziehende Personen

1.4 Erhöhte Stromabschläge für Haushaltsenergie als sozialrechtlicher Bedarf bei Auszubildenden

2. Jahresabrechnungen und Nachforderungen für Haushaltsenergie

2.1 Erhöhte Nachforderungen für Haushaltsenergie für Berechtigte von Leistungen nach dem SGB II, SGB XII und AsylbLG

2.2 Die Anerkennung einer Nachforderung für Haushaltsenergie als einmaliger Bedarf im SGB II kann SGB-II-Ansprüche für Kinderzuschlags- und Wohngeldberechtigte auslösen

2.3 Die Anerkennung einer Nachforderung für Haushaltsenergie als einmaliger Bedarf für nichtleistungsbeziehende Personen im SGB II.

2.4 Die Anerkennung einer Nachforderung für Haushaltsenergie als Bedarf für die Gewährung eines ergänzenden Darlehen für nichtleistungsbeziehende Personen im SGB XII

2.5 Anerkennung einer Nachforderung für Haushaltsenergie als einmaliger Bedarf bei nach § 7 Abs. 5 SGB II ausgeschlossenen Auszubildenden

3. Heizkostennachforderungen infolge der Jahresendabrechnungen

3.1 Heizkostennachforderungen für SGB II/SGB XII/AsylbLG

3.2 Heizkostennachforderungen bei Beziehenden von Kinderzuschlag

3.3 Heizkostennachforderung bei Bezug von Wohngeld

3.4 Heizkostennachforderungen für nichtleistungsbeziehende Personen

3.5 Heizkostennachforderungen bei nach § 7 Abs. 5 SGB II ausgeschlossenen Auszubildenden in der „Nulldarlehensvariante“

4. Weisung zur niedrigschwelligen Anwendung der Leistungen zur Wohnraumsicherung

5. Erhöhung des Absetzbetrages für Fahrtkosten und Weisung zur pauschalierten Berücksichtigung von Fahrtkosten

6. Vorschläge zur Wohnraumversorgung benachteiligter Gruppen und strikte Anwendung der Angemessenheitsfiktion im SGB II/SGBB XII

Offener Brief zum Download: https://tacheles-sozialhilfe.de/aktuelles/archiv/offener-brief-an-herrn-arbeits-und-sozialminister-hubertus-heil-und-das-bmas-massnahmen-zur-abwendung-von-energiearmut-bisher-unbekannten-ausmasses.html

Abb. (PDF): Logo Tacheles