Politische Berichte Nr.6/2022 (PDF)18a
Gewerkschaften/Soziale Bewegung

Tarifabschlüsse und Transformation

Bruno Rocker, Berlin

Die IG Metall verzeichnet Ende November einen guten Tarifabschluss. Für die 3,9 Millionen Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie sind Entgeltsteigerungen von 5,2 Prozent zum Juni 2023 und weiteren 3,3 Prozent ab Mai 2024 bei einer Laufzeit von 24 Monaten vereinbart. Dazu kommen steuer- und abgabenfreie Inflationsausgleichsprämien ab Anfang kommenden Jahres und in Höhe von insgesamt 3 000 Euro über die gesamte Laufzeit. Diese Einmalzahlungen sind zwar nicht tabellenwirksam, bringen aber die erhoffte unmittelbar spürbare Entlastung angesichts der gestiegenen Preise.

Die IG BCE hatte für die Chemieindustrie vorher einen ähnlichen Abschluss mit 6,5 Prozent in zwei Stufen bei einer Laufzeit bis Juni 2024 erreicht, ebenfalls ergänzt um Netto-Einmalzahlungen in Höhe von 3 000 Euro. Die Entlastungen bedeuten für die unteren Lohngruppen über die gesamte Laufzeit berechnet einen Einkommenszuwachs um 15 Prozent. Bislang sinken die Reallöhne im Rekordtempo, allein im letzten Quartal im Vergleich zum Vorjahresquartal um 5,7 Prozent. Metallarbeitgeberverbände beklagen dennoch den „teuren Abschluss“. Aktuell stehe man vor einer Rezession und habe kostspielige Streiks in Baden-Württemberg vermeiden müssen.

Trotz Erleichterung der Gewerkschafter und Beschäftigten in den großen Industriegewerkschaften über die getätigten Abschlüsse bleibt die Verunsicherung über die Gesamtlage der Industriebranchen bestehen. Das hängt nicht nur mit den Befürchtungen um die weitere Entwicklung der Inflation zusammen.

Zu schaffen macht in den großen Industriebranchen Chemie und Metall u.a. auch der lahmende Ausbau erneuerbarer Energien und entsprechender Netzinfrastrukturen. Die hohen Energiekosten belasten die Standorte in der Bundesrepublik. Aufgrund der bereits getätigten Investitionen in Produktionsstandorte in den USA und China wird sogar befürchtet, dass mehr Elektroautos künftig von z.B. BMW und Mercedes in China gebaut und nach Europa exportiert werden sollen. Mangelnde Fortschritte an den hiesigen Standorten zur Energieeinsparung, Dekarbonisierung, Elektrifizierung, und Kreislaufwirtschaft sowie dem Einsatz von Wasserstoff behindern zudem die Entwicklung einer wettbewerbsfähigen klimaneutralen Industrie.

Zu schaffen machen weiter die Folgen der Corona-Pandemie, unterbrochene Lieferketten und Veränderungen der globalen Lieferbeziehungen, Knappheit bei Rohstoffen und Zulieferprodukten.

Und die wirtschaftliche Entwicklung bleibt belastet durch den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine. Die russische Strategie zielt weiterhin auf die Erzeugung von Ängsten in ganz Europa und hemmt die Entwicklung.

Abb. (PDF): Plakat IG Metall