Politische Berichte Nr.1/2023 (PDF)19a
Gewerkschaften/Soziale Bewegung

Inflation und Tarifkämpfe 2023

Nach den extremen Erhöhungen der Energie- und Lebensmittelpreise im Vorjahr mit am Ende einer mittleren Inflationsrate von 7,9 Prozent übers Jahr erwarten die meisten Wirtschaftsinstitute eine Beruhigung der Preisentwicklung in diesem Jahr. Dennoch rechnen viele auch in 2023 mit einer hohen Inflationsrate von ca. 6,5 Prozent und für 2024 mit ca. 4,5 Prozent.

Bruno Rocker, Berlin

Für die Gewerkschaften spielt die Entwicklung der Inflation eine herausragende Rolle bei der Forderungsaufstellung und Führung der aktuellen und in diesem Jahr noch anstehenden Tarifkämpfe. Die Beschäftigten in ihren jeweiligen Lohn- und Gehaltszonen kalkulieren ganz konkret auch mit ihrer individuellen Lage, d.h. wie sie mit den Preissteigerungen insbesondere für Miete, Energie und Lebensmittel zurechtkommen. Bei den großen Industriebranchen chemische Industrie sowie Metall- und Elektroindustrie hat das im Herbst 2022 dazu geführt, dass als Ergänzung zur Erhöhung der Tariftabellen auch die Auszahlung großer steuer- und abgabenfreier Einmalzahlungen von insgesamt 3000 Euro besonders wichtig war für den schnellen Ausgleich exorbitanter Preissteigerungen bei Energie und Lebensmittel gerade auch für die unteren Tarifbereiche.

Bei der Tarifbewegung für die 2,8 Millionen Beschäftigte der Kommunen und des Bundes in diesem Jahr hat die Gewerkschaft Verdi die Tarifforderung von 10,5 Prozent um die Forderung nach mindestens 500 Euro mehr im Monat ergänzt. Das bringt bis zu einem Gehalt von ca. 4750 Euro mehr als die 10,5 Prozent-Forderung. Auch das nützt besonders den Beschäftigten in den unteren Lohngruppen beim Ausgleich exorbitanter Preissteigerungen bei Energie und Lebensmittel. Bei der Deutschen Post indes ging Verdi mit einer Forderung von 15 Prozent in die Tarifrunde. Warnstreiks sind seit Januar angelaufen. Angebote der Arbeitgeber sind für den Februar angekündigt. Sie lagen bei Redaktionsschluss noch nicht vor.

Bereits im Januar fand die dritte Tarifverhandlung in der Leiharbeitsbranche statt. Im Ergebnis konnten die DGB-Gewerkschaften gute Entgelterhöhungen in den Entgeltgruppen 3 bis 9 erreichen. Die Entgelte steigen in den kommenden 15 Monaten in zwei Stufen um bis zu 13,07%. Der Tarifvertrag hat eine Laufzeit bis zum 31. März 2024.

Im Frühjahr beginnen die Tarifverhandlungen im Einzelhandel sowie im Groß- und Außenhandel, die zweite große Tarifrunde des Jahres 2023, daneben starten dann auch die Tarifbewegungen bei der Deutschen Bahn AG und dem Kfz-Gewerbe. Ab September kommen dann im öffentlichen Dienst noch die Tarifverhandlungen für die Bundesländer hinzu.