Politische Berichte Nr.1/2023 (PDF)19b
Gewerkschaften/Soziale Bewegung

Meldungen aus dem Arbeitsleben Zusammenstellung Bruno Rocker, Berlin

01 Systematische „Prekarisierung“.
02 Betriebsratswahlen 2022.
03 Erwerbsarbeit und Demokratie.

01

Systematische „Prekarisierung“. Mit dieser Bezeichnung beschrieb die Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes bereits gegen Ende des Jahres 2022 Entwicklungen auf dem deutschen Arbeitsmarkt. Bewusste politische Entscheidungen haben Geschäftsmodelle ermöglicht, billige Arbeitskräfte anzustellen und schnell wieder loszuwerden. Als Beispiel nannte Fahimi u.a. Lieferdienste und den Verleih von E-Scootern, wobei Angestellte über Apps gesteuert und kontrolliert würden, wodurch neue „digitale Akkordarbeit“ ohne Gesetzesgrundlagen entstünde. Fahimi betonte außerdem auf der Diskussionsveranstaltung des Deutschlandfunks im Dezember, dass inzwischen nur noch 52 Prozent der Beschäftigten in der Bundesrepublik tarifgebunden seien gegenüber 98 Prozent vor 1989. Im Osten sei nach der Wende sogar mit „Tariffreiheit“ um Unternehmen geworben worden.

02

Betriebsratswahlen 2022. Nach der von der Hans-Böckler-Stiftung veröffentlichten Auswertung der Wahlstatistiken der DGB-Gewerkschaften lag die durchschnittliche Wahlbeteiligung weiterhin knapp über 70 Prozent. Das bedeutet weiterhin Rückhalt und starke Legitimation für die Betriebsräte.

Allerdings war die Beteiligung in sehr großen Betrieben offenbar spürbar geringer und damit die Quote auch insgesamt (-4,1%) gegenüber 2018.

Bei der Verteilung der Mandate zeigen sich leichte Anstiege für jüngere (+1,3%) und weibliche (+0,2%) Kandidaten gegenüber den Ergebnissen von vor vier Jahren. In über 8 Prozent der Fälle handelt es sich um Betriebsratsneugründungen. Dabei ist die größte Dynamik bei kleinen Betrieben bis zu 100 Beschäftigten zu sehen. Durchschnittlich 37,9 % der Gewählten sind neu im Betriebsrat.

Quelle: Fokko Misterek, Institut für Mitbestimmung und Unternehmensführung, Hans-Böckler-Stiftung

Abb.(PDF): Statistik BR-Wahlen

03

Erwerbsarbeit und Demokratie. Wie Erwerbsarbeit beschaffen sein muss, damit sie gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht, war Thema auf einer Veranstaltung der Hans-Böckler-Stiftung zu Beginn des Jahres mit Axel Honneth, einem Sozialphilosophen. Honneth geht es um die Beziehung zwischen Erwerbsarbeit und Demokratie, also auch darum, wie Arbeit so gestaltet werden kann, dass Menschen in ihr und durch sie tatsächlich zu demokratischen Subjekten, zum „arbeitenden Souverän“ werden.

Das Thema berührt schon länger zentrale Forschungsfragen der Hans-Böckler-Stiftung. Es geht der Stiftung um Rechte erwerbstätiger Menschen, die Teilhabe an der Gesellschaft in materieller und demokratischer Hinsicht ermöglichen.

Gemeint sind damit etwa direkte Mitbestimmungsrechte der Beschäftigten, die Tarifautonomie und das Recht auf Betriebsräte sowie die Unternehmensmitbestimmung. Dazu zählen aber auch materielle Rechte, wie Regelungen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes, Schutz vor unternehmerischer Willkür, Arbeitszeitregelungen sowie soziale Absicherung im Alter und im Falle von Krankheit oder Erwerbsunfähigkeit.

Der Vortrag „Der arbeitende Souverän. Eine demokratische Theorie der Arbeitsteilung“ von Axel Honneth soll im Verlauf des Jahres auch als Buch erscheinen.