Politische Berichte Nr.1/2023 (PDF)20
Rechte Provokationen - Demokratische Antworten

Redaktionsnotizen

01 Absage des Konzerts von Roger Waters gefordert.
02 Tafel an der EZB, Frankfurt a.M. zum Gedenken der Deportation jüdischer Menschen in die KZs.
03 Verfassungsbeschwerden gegen Polizeigesetze.
04 Sexuelle Identität muss offen gelebt werden dürfen
05 Broschüre über Björn Höckes nazistische Grundsatzrede vom 3.10.22 in Gera.
06 Stolpersteine in der Presse.

01

Absage des Konzerts von Roger Waters gefordert.

Rosemarie Steffens. Gegen den Auftritt des Musikers (ehem. Pink Floyd) in der Frankfurter Festhalle fordern Bürgermeisterin Nargess Eskandari-Grünberg und weitere Oberbürgermeisterkandidaten eine Konzertabsage. Waters unterstützt die israelfeindliche Bewegung BDS, die zu einem umfassenden Boykott des Staates Israels aufruft. Er schürt judenfeindliche Ressentiments – etwa indem er bei seinen Konzerten ein Kunststoff-Schwein mit einem Davidstern durch die Halle fliegen ließ. Auch Künstler, die in Israel auftreten wollen, werden unter Druck gesetzt. J. Schuster, Vorsitzender des Zentralrats der Juden in Deutschland, sagte es sei höchste Zeit, dass Antisemitismus, der sich unter dem Deckmäntelchen der Kritik an Israel tarne, endlich als das bezeichnet wird, was er ist.

(FAZ, 23.1.23 und Wikipedia)

02

Tafel an der EZB, Frankfurt a.M. zum Gedenken der Deportation jüdischer Menschen in die KZs.

Rosemarie Steffens. Die Präsidentin der Europäischen Zentralbank Christine Lagarde erinnerte am 27.1.23 an die enge Verknüpfung des EZB-Hauptgebäudes mit einem Ort nationalsozialistischer Verbrechen. Die Großmarkthalle, die heute Teil des EZB-Gebäudes ist, war damals die Sammelstelle für Frankfurter Juden vor der Deportation. «Vertreter des Nazi-Regimes erniedrigten und beraubten in den Kellerräumen der Großmarkthalle über 10 000 jüdische Frauen, Männer und Kinder, zwangen sie auf Züge in Richtung Getto, Konzentrations- und Vernichtungslager in den Tod. Nur wenige überlebten. Die Großmarkthalle war ein sehr öffentlicher Ort. Die Deportation der jüdischen Bevölkerung geschah – genau wie ihre Entrechtung und Unterdrückung in den Jahren zuvor – nicht im Geheimen.“ Die Opfer seien auf ihrem Weg aus dem Stadtzentrum oft von Passanten verhöhnt worden. (www.Welt.de)

03

Verfassungsbeschwerden gegen Polizeigesetze.

Olaf Argens. Für den 16.2.23 wird das Urteil des Bundesverfassungsgerichts über Klagen gegen Novellierungen der Polizeigesetze in Hessen und Hamburg erwartet. Die Verfassungsbeschwerde wurde u. a. erhoben von F. J. Hanke, Regionalvorsitzender der Humanistischen Union, der Frankfurter Rechtsanwältin S. Bassay-Yildiz, K. Landefeld, Vorstand des Verbandes der Internetwirtschaft sowie Silvia Gingold, Tochter des jüdischen Widerstandskämpfers Peter Gingold. Sie werden unterstützt von zivilgesellschaftlichen Organisationen, darunter der Humanistischen Union, den Datenschützer:innen Rhein-Main und dem Forum von Informatiker:innen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung. Die Beschwerde richtet sich gegen eine Ausweitung der Überwachungsbefugnisse von Polizei und Verfassungsschutz. In Hessen dürfen die Behörden nun „Staatstrojaner“ einsetzen. Mit der Software Hessendata werden personenbezogene Daten zentral und automatisiert ausgewertet. Prof. Roßnagel, Hessischer Datenschutzbeauftragter, der als Sachverständiger in der mündlichen Verhandlung über die Beschwerde geladen worden war, kritisierte die geplanten Gesetzesänderungen u. a. wie folgt:

- Problematisch sei die Reichweite des Analyse-Werkzeugs. Das Risiko bestehe, dass viele Personen in polizeiliche Ermittlungen einbezogen werden, die dort nicht hingehören.

- Die geänderten gefahrenabwehrrechtlichen Vorschriften seien zu unbestimmt. Es bestehe die Gefahr, dass der Einsatz der Analyse-Software zum Standardmittel für der polizeilichen Arbeit werde.

- Problematisch sei auch die unzureichende Überprüfung der Zweckbindung. Die polizeilich erfassten Daten werden Bestandteile eines Datenpools zur Analyse weitreichender künftiger Ermittlungszwecke. Es sei wichtig, dass die Begründung für die konkrete Anwendung der Datenanalyse mit Hessendata in jedem Einzelfall nachgeprüft werden könne.

(https://ddrm.de) Olaf Argens

04

Sexuelle Identität muss offen gelebt werden dürfen

Rosemarie Steffens. Verfolgung aufgrund der sexuellen Orientierung und/oder geschlechtlichen Identität ist ein anerkannter Asylgrund in der EU und Deutschland. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) lehnte in den letzten Jahren viele homo- und bisexuelle Personen z.B. aus Iran und Pakistan ab – auch wenn den Personen ihre Homo- bzw. Bisexualität geglaubt wurde, obwohl Gesetze beider Staaten für gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen mehrjährige Haftstrafen bis hin zur Todesstrafe vorsehen. 2013 erklärte der Europäische Gerichtshof das so genannte Diskretionsgebot, das besagt, dass Geflüchtete im Heimatland ihre sexuelle Neigung geheim halten, und mit dieser „diskreten“ Verhaltensweise Verfolgung vermeiden könnten, für unzulässig. Das Bundesverfassungsgericht bestätigte das Urteil 2020. Im Oktober 22 überarbeitete das BAMF endlich die Dienstanweisung. Bei der „Gefahrenprognose“ hinsichtlich eines queeren Flüchtlings ist von nun an von einer offenen Auslebung der Sexualität im Herkunftsland auszugehen.

(Berliner Morgenpost, 20.09.22, Lesben- und Schwulenverband, lsvd.de)

05

Broschüre über Björn Höckes nazistische Grundsatzrede vom 3.10.22 in Gera.

Zu bestellen für 1,50€ unter https://shop.vvn-bda.de/sein-kampf/

Rosemarie Steffens. Die VVN-BdA hat diese Rede auf Ähnlichkeiten zur NS-Propaganda, speziell zur Inszenierung Hitlers als Führer, seine Feindbilder und sein Geschichtsbild untersucht. Aus der Einführung: „Der thüringische AfD-Partei- und Fraktionsvorsitzende Höcke sprach vor tausenden johlenden und klatschenden Menschen. Er setzte darin neue antisemitische und queerfeindliche Begriffe und sprach von einer „raumfremden Macht“ und dem „Regenbogen-Imperium“, das die „Zerstörung der Nation durch Masseneinwanderung“ forciere und „Mann und Frau den Kampf angesagt“ habe. Er droht allen, die seiner Definition deutscher Interessenpolitik entgegenstehen, „harte, ja härteste Konsequenzen“ an. Für einen Moment blitzt auf, dass ein faschistischer Umsturz wirklich denkbar ist.“

Abb.(PDF): Cover Broschüre

06

Stolpersteine in der Presse.

Hanne Reiner. Eine nachahmenswerte Aktion gegen das Vergessen der Nazi-Gräuel kann man im Berliner „Tagesspiegel“ finden. Seit geraumer Zeit wird an sechs von sieben Tagen jeweils das Schicksal einer Berlinerin oder eines Berliners geschildert, die von den Nazis ermordet wurden oder an den Folgen von Verfolgung, Konzentrationslager und Folter verstorben sind. Anlässlich des jeweiligen Todestages wird an sie erinnert und darauf hingewiesen, wo Nachbarn, Freunde und/oder Verwandte ihnen einen Stolperstein gesetzt haben.

Abb.(PDF): Faksimile Tagesspiegel