Politische Berichte Nr.3/2023 (PDF)05(–-)txt (++)
Aktuell aus Politik und Wirtschaft

Sanchez verkündet nach schwerer Wahlniederlage vorgezogene Neuwahlen am 23. Juli

01 Spanien: Parlament beschließt Reform des Rentensystems
02 Daten zum spanischen Rentensystem

Claus Seitz, San Sebastian, 29. Mai 2023

Debakel für die spanische Linke bei den Regional- und Kommunalwahlen: In zwölf von 17 autonomen Regionen wurde gewählt. In zehn der zwölf Regionen regierte bisher die Linke. In sechs oder sieben dieser Regionen ging die Mehrheit verloren: in Valencia, Aragonien, Kantabrien, La Rioja, Extremadura, in den Balearen und sehr wahrscheinlich auch in den Kanaren. Nur Asturien, Kastilien-La Mancha und Navarra konnten gehalten werden. In der Region Murcia konnte die konservative Partido Popular ihre Mehrheit behaupten, in der Region Madrid sogar zu einer absoluten Mehrheit ausbauen. Von den zehn größten spanischen Städten wird die Partido Popular künftig sieben regieren, neben Madrid, Malaga, Zaragoza und Murcia, jetzt auch noch Valencia, Sevilla und Palma de Mallorca. Eine Linksregierung konnte sich nur in Las Palmas de Gran Canarias halten. In Bilbao wird die PSOE wahrscheinlich unter der baskischen PNV mitregieren. Offen ist noch, wer künftig das Rathaus von Barcelona übernehmen wird.

Allerdings wird sich die PP in acht der autonomen Regionen und in vier der zehn größten Städte auf Vox stützen müssen, um die notwendige absolute Mehrheit zu erreichen. Das verdeutlicht, dass Vox ein anderer großer Gewinner der Wahl ist, zumindest, was die politischen Einflussmöglichkeiten betrifft. Bei den Kommunalwahlen erreichte Vox sieben Prozent (bei den letzten Parlamentswahlen 15 Prozent). Der Hauptverlierer, Ciudadanos, blieb bei den Regionalwahlen und in den Großstädten ohne ein einziges Mandat. Ähnlich dürfte es sich auf den unteren Ebenen verhalten. Ciudadanos-Wähler teilten sich überwiegend auf PP und Vox auf.

Die Ankündigung der vorgezogenen Neuwahlen begründete Ministerpräsident Sanchez (PSOE) so: „Ich übernehme persönlich die Verantwortung für die Ergebnisse und erachte es für notwendig unser Mandat der Volksmeinung zu unterwerfen. Die Regierung hat die großen versprochenen Reformen abgearbeitet. Unser Land ist dabei, eine sehr bedeutsame Verantwortung, den rotierenden Vorsitz im Rat der Europäischen Union, zu übernehmen. Für all dies ist es ratsam, die spanischen Bürger entscheiden zu lassen, welche politischen Kräfte während dieses Zeitraums führen sollen und welche Politik angewandt werden soll. Es gibt nur eine wirksame Methode – die Demokratie. Das Beste wird sein, dass die Spanier das Wort ergreifen, um ohne Verzögerung den politischen Kurs des Landes festzulegen.“ Sicherlich aller Ehren wert und nachvollziehbar. Um seine Beweggründe vielleicht besser zu verstehen, lohnt es sich die Wahlergebnisse detaillierter anzuschauen.

In den Parlamenten der autonomen Regionen wird die PSOE künftig mit zwölf Abgeordneten weniger vertreten sein (226 statt 238), das links-grüne Lager rund um Podemos / Sumar mit 33 weniger (67 statt 100). In den zehn größten spanischen Städten verfügt die PSOE künftig über 93 Räte (bisher 92), Podemos & Co. über 46 (statt bisher 68). Die Verluste gehen also entscheidend auf die Rechnung von Podemos/Sumar. Insbesondere dort, wo mehrere Listen des links-grünen Lagers konkurrierend antraten, wurden schwere Verluste eingefahren. Auf Ebene der autonomen Regionen zeigten sich trotz der Spaltung innerhalb des links-grünen Lagers Más Madrid und Compromis in Valencia widerstandsfähig. Compromis verteidigte 15 von 17 Sitzen, Más Madrid steigerte sich von 24 auf 27 Abgeordnete. Auch in Navarra konnte sich das vereinte linke Bündnis Contigo drei Sitze behaupten. Podemos dagegen fiel in Valencia, in den Kanaren, in den Balearen, in Aragonien und in Madrid unter die fünf Prozent und verlor allein in diesen fünf Regionen 30 Sitze. Der mit 4,73 % verpasste Einzug in das Madrider Regionalparlament ermöglichte die absolute Mehrheit der PP.

In den Räten von sechs der zehn größten Städte erreichte Podemos keine Vertretung (Madrid 4,87 % – absolute Mehrheit PP, Sevilla 3,72 %, Valencia 2,33 % – Verlust der linken Stadtregierung, Malaga 1,1% Zaragoza 4,49 %, Murcia 4,54 %). Ein ähnliches Bild ließe sich auf Ebene der kleineren Provinzhauptstädte zeichnen. Auch sind die Podemos-Verluste nochmal größer, dort wo nicht im Wahlbündnis mit der Vereinten Linken (IU) angetreten wurde, z.B. in Zamora und Cádiz. Ein Extrembeispiel für die Zersplitterung des links-grünen Lagers bietet Huesca, Provinzhauptstadt der gleichnamigen Provinz in Aragonien. Hier erreichten Podemos 4,7 %, IU 4,5 %, Equo 4,3 % und Chunta Aragonesa 4,4%. Kein einziger Ratssitz für die vier Parteien, Mehrheit für PP und Vox.

Compromis in Valencia und En Comun in Barcelona konnten dagegen immerhin jeweils neun ihrer bisherigen zehn Stadtratssitze verteidigen (siehe Kasten).

Zu diesen zählbaren Resultaten kommt hinzu, dass die von der Madrider Podemos-Führung im Wahlkampf benutzten Inhalte und Argumente, auch im direkten Verhältnis zu den anderen Linksparteien, zu PSOE, Sumar, Compromis, ein kaum zu unterbietendes Niveau erreichten.

Sanchez kommt mit der Ankündigung der vorgezogenen Neuwahlen so der Gefahr einer absehbaren, weiteren Abnutzung des linken Regierungsbündnisses im kommenden Halbjahr und einem womöglich längeren, zermürbenden Tauziehen innerhalb des „progressiven Lagers“ um ein gemeinsames Bündnis zuvor.

Unmittelbare Konsequenz des Vorziehens der Neuwahlen auf den 23. Juli ist, dass ab heute, Montag, 29. Mai, nach Artikel 44 des Wahlgesetzes Podemos, Sumar, etc. noch über genau 10 Tage verfügen, um eine mögliche Koalition registrieren zu lassen. Die Registrierung muss Namen der Wahlkoalition und statuarische Regeln beinhalten und die Leitung benennen. Bis zum 18. Juni sind die fertigen Wahllisten zu übergeben.

Sanchez zwingt das links-grüne Lager, sofort zu entscheiden, ob es sich mit der Niederlage abfindet und nach den Kommunen und Regionen PP und Vox quasi auch die Zentralregierung auf dem Tablett servieren will, oder ob es sich mobilisiert und das begonnene Projekt Sumar zum Erfolg führt.

Die Zeitung El País hat heute, am Tag nach der Wahl, die Wahlergebnisse auf das Szenario spanische Parlamentswahlen übertragen. Ergebnis: Klarer Sieg der PP, Unidos Podemos sinkt auf acht Sitze, die Sozialisten behaupten sich bei 120, aber die PP bleibt auch im Bündnis mit Vox mit 156 Sitzen unter der absoluten Mehrheit von 176 Stimmen. Dies reflektiert das starke Gewicht der nationalistischen Parteien in Katalonien und im Baskenland und daneben auch die zulaufgewinnenden regionalen Bewegungen. Und auch von diesen verspürt niemand Lust, mit Vox zu koalieren. Sie wollen ernsthafte Probleme lösen, nicht ihre Leute gegeneinander aufhetzen.

Klar ist, die PP und ihr Spitzenkandidat Feijóo gehen als Favoriten in die Parlamentswahlen am 23. Juli, aber völlig abschreiben sollte man das linke Lager noch nicht.

Abb. (PDF): Tabelle.In Spanien finden keine getrennten Bürgermeister- und Stadtratswahlen statt. Die gewählten Stadträte wählen den Bürgermeister. 2019 erreichte die linke En-Comun-Liste mit Ada Colau an der Spitze hinter Esquerra (ERC) die zweithöchste Stimmenzahl und wurde mit den Stimmen von PSC und BCN Canvi (Cs) für eine zweite Legislaturperiode zur Bürgermeisterin gewählt. Der Wahlkampf 2023 in Barcelona kann als „Alle gegen Colau“ charakterisert werden, im Ergebnis fehlen En Comun 142 Stimmen zum zehnten Sitz und zum zweiten Platz hinter dem Sieger Trias (Junts), Ex-Bürgermeister zwischen 2011 und 2015. Derzeit ist im katalanischen Politikdschungel alles möglich. Die ERC-Spitze um Junqueras tendiert dazu, in Barcelona das nationalistische Bündnis mit Junts und dem erzkonservativen Trias wieder aufleben zu lassen.

01

Spanien: Parlament beschließt Reform des Rentensystems

Claus Seitz, San Sebastian

Am 16. März stimmte das Parlament dem Regierungsentwurf einer Reform des öffentlichen Rentensystems zu. Die Reform trägt den Namen „Erweiterung der Rechte der Rentenbezieher, Verringerung der geschlechterspezifischen Unterschiede, Etablierung eines neuen Rahmens der Nachhaltigkeit des öffentlichen Rentensystems“. Die Inhalte der Reform wurden mit der EU-Kommission abgestimmt, wodurch eine wesentliche Voraussetzung für die Auszahlung der vierten Tranche der 64,5 Milliarden Euro aus dem EU-Corona-Wiederaufbaufonds erfüllt wurde. Es handelt sich nach der Arbeitsreform um die zweite große Sozialreform der Linksregierung, die mit Zustimmung Brüssels in Kraft gesetzt wurde.

In Spanien steht der Renteneintritt der geburtenstarken Jahrgänge bevor, Spanien hat eine der weltweit höchsten Lebenserwartung (Frauen: 85,9 Jahre, Männer: 80,3 Jahre) und mit 1,19 Kindern pro Frau eine der niedrigsten Fertilitätsraten. Erwartet wird daher eine Steigerung der staatlichen Ausgaben für die Renten bis 2050 auf bis zu 15 % des Bruttosozialprodukts. Wesentliches Ziel der Reform ist die Sicherstellung der finanziellen Tragfähigkeit des Rentensystems über die nächsten Jahrzehnte, daneben sind Verbesserungen für Bezieher niedriger Renten geplant. Für die Erreichung dieser Ziele wählt das Gesetz den Weg einer deutlichen Stärkung der Einnahmen der Sozialkassen (ca. 15 Mrd. Euro / Jahr) hauptsächlich durch eine Erhöhung der Beiträge auf höhere Einkommen. Die vorgesehenen Maßnahmen:

1. Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze

Die Beitragsbemessungsgrenze von derzeit 4.495,50 Euro soll zwischen 2024 und 2050 neben der automatischen Erhöhung entsprechend der Inflationsrate um zusätzlich 1,2 % jährlich angehoben werden (gesamt ca. 38 %). Die Anhebung der Maximalrente soll dagegen viel bescheidener ausfallen. Neben dem Inflationsausgleich sollen bis 2050 jährlich zusätzlich 0,115 Prozent akkumuliert werden (gesamt etwa 3 %).

2. Soli-Abgabe für höhere Einkommen

Wer über der Beitragsbemessungsgrenze verdient, muss künftig neben dem normalen Sozialversicherungsbeitrag einen Solidaritätsbetrag abführen. Dieser soll 2025 1 Prozent betragen und bis 2045 um jährlich 0,25 % bis auf 6 Prozent steigen.

3. Abgabe „Mechanismus der Generationengerechtigkeit“ (MEI)

Hinter dieser, bereits vor einigen Monaten eingeführten Abgabe verbirgt sich eine allgemeine Erhöhung der Beiträge zur Sozialversicherung. Ursprünglich auf 0,6 % festgelegt, soll sie jetzt bis 2029 auf 1,2 % steigen und dann bis 2050 angewandt werden. Damit soll ein Fonds gespeist werden, der bis zu 120 Mrd. Euro erreichen soll und aus dem die zusätzlichen Kosten für die zu erwartende Erhöhung der durchschnittlichen Lebenserwartung bestritten werden sollen.

In Spanien werden die Sozialversicherungsabgaben im Verhältnis 5:1 zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufgeteilt (siehe Kasten „Daten zum spanischen Rentensystem“). Den 1,2 %-Beitrag für die Generationengerechtigkeit werden also die Arbeitgeber in Höhe von 1 % und die Arbeitnehmer in Höhe von 0,2 % tragen. Dies trifft so auch auf die aus der Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze und aus der Soli-Abgabe resultierenden Beitragserhöhungen zu.

Neben diesen Maßnahmen zur Einnahmensteigerung sollen die Konditionen für frühzeitigen Renteneintritt verschlechtert (höhere Abschläge) und der freiwillige, spätere Renteneintritt durch zusätzliche Rentenzahlungen attraktiv gemacht werden.

Ursprünglich war von Sozialminister Escrivá (PSOE) geplant, die Berufsjahre, die zur Berechnung der individuellen Renten herangezogen werden, von den letzten 25 auf die letzten 30 Berufsjahre zu verlängern, was zu einer generellen Rentenkürzung geführt hätte, da die Einkommen im Regelfall im Verlaufe des Berufslebens steigen. Der mit den Gewerkschaften und Unidos Podemos jetzt vereinbarte Kompromiss sieht vor, dass künftig bei Renteneintritt zwischen zwei Optionen gewählt werden kann: Entweder wie bisher die letzten 25 Jahre anzuwenden oder die 27 Jahre mit den höchsten Einkommen aus den letzten 29 Jahren, was für Arbeitnehmer mit irregulärem Arbeitshistorie vorteilhaft wäre. Ab 2044 soll dann nur noch die zweite Variante gelten.

Die Reform beinhaltet verschiedene Regelungen, die sich gegen Altersarmut, insbesondere von Frauen, richten: Bis 2027 soll die Mindestrente auf 1200 Euro im Monat angehoben werden. Nicht auf Beitragszahlung basierende Renten sollen bis 2027 auf mindestens 75 % der Armutsgrenze (595 Euro) steigen. Mögliche Lücken in der Rente sollen ausgeglichen werden: Beitragslose Zeiten sollen für bis zu vier Jahre zu 100 %, danach zu 50 % ausgeglichen werden, bei Frauen zwischen dem 5. und 7. Jahr noch zu 80 %. Ein bereits bestehender Zusatzbeitrag zum Ausgleich der Lücke zwischen Männer- und Frauenrenten soll in den nächsten zwei Jahren um 10 % angehoben werden. Mindest-Witwenrenten sollen in vier Jahren um 17 %, bei mitzuversorgenden Kindern um 30 % steigen.

Die Rentenreform wurde als Gesetzes-Dekret im Eilverfahren mit 179 gegen 104 Stimmen bei 61 Enthaltungen verabschiedet. In den kommenden Monaten wird sie als Gesetzentwurf debattiert werden, so dass es noch zu einzelnen Änderungen kommen kann.

Vox enthielt sich. Die konservative Volkspartei (PP), die zusammen mit Ciudadanos gegen die Reform stimmte, kündigte an, im Falle einer Regierungsübernahme die Rentenreform aufzuheben. Der Versuch der PP, in Brüssel gegen die Reform zu intervenieren, wurde abgewiesen. EU-Wirtschaftskommissar Gentiloni forderte den PP-Präsidenten Feijóo zu einer „konstruktiven Opposition“ auf.

Während die Gewerkschaften CCOO und UGT die Reform als „großen Wurf“ bewerten, wirft der Arbeitgeberverband CEOE der Regierung „Gefräßigkeit bei der Beitragseinziehung“ vor und warnt vor negativen Auswirkungen auf die Beschäftigung.

Der spanische Think-Tank Fedea (finanziert von den Unternehmen des Ibex 35) behauptet, dass die Rentenreform die Kosten deutlich stärker erhöhen würde als die Einnahmen durch Beitragszahlungen, was ab 2030 zu einem enormen, rasch steigenden Defizit führen würde. Die Ausgaben für das Rentensystem würden sich deshalb bis 2050 um 5 % des BIP erhöhen (Regierung – 2,5 %).

Sozialminister Escrivá (PSOE) erklärte dagegen, das Rentensystem würde mittels der Vermehrung der Einkünfte, der positiven Anreize zur späteren Verrentung und der Verteuerung der Frühverrentung gestärkt. Die Berechnungen würden zeigen, dass das aktuelle Rentenalter absolut ausreichend sei für den Erhalt der Nachhaltigkeit des Systems auf kurze, mittelfristige und lange Sicht. „Ich kann bestätigen, dass die Renten bis 2050 ihr derzeitiges, großzügiges Niveau behaupten werden.“

Eine abschließende Klausel in der Rentenreform sieht vor, dass ab 2025 der Sachverständigenrat für Steuern (Airef) alle drei Jahre einen Bericht zur Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben des Rentensystems erstellt. Sollten sich dabei auf längere Sicht auf Einnahmen- bzw. Ausgaben-Seite signifikante Abweichungen vom Plan der Nachhaltigkeit ergeben, müsste die jeweilige Regierung gemeinsam mit dem Rentenpakt von Toledo (parlamentarische Kommission mit Vertretern aller Parteien) und den Sozialpartnern korrigierende Maßnahmen vorschlagen.

02

Daten zum spanischen Rentensystem

Seit 2011 wird das Rentenalter für die derzeit 9,01 Mio Rentner (18,9 % der Bevölkerung) schrittweise erhöht, bis es 2027 67 Jahre erreichen wird. Beim Nachweis von 38 Jahren und 6 Monaten Beitragszahlungen ist eine abschlagsfreie Verrentung schon mit 65 Jahren möglich.

Im Juli 2022 lag das reale durchschnittliche Renteneintrittsalter bei 64 Jahren und 8 Monaten.

Die Renten erreichen je nach Datenquelle durchschnittlich 75 % bis 80 % des letzten Nettoentgelts (Deutschland 48,5 %).

Für die Berechnung der Rentenhöhe werden die letzten 25 Jahre des Arbeitslebens herangezogen.

Die reguläre durchschnittliche Altersrente (ohne Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und Hinterbliebenen-Renten) liegt bei 1191 Euro (Februar 2023), wobei die Renten für Frauen durchschnittlich 500 Euro weniger betragen als die der Männer. 56 % der Renten liegen unter 1 000 Euro.

Die Differenzen zwischen den Regionen sind enorm: In Extremadura beläuft sich die Durchschnittsrente auf 994 Euro, im Baskenland auf 1476 Euro.

Bei den genannten Beträgen gilt zu beachten, dass in Spanien 14 Rentenzahlungen / Jahr erfolgen (wie auch bei den Arbeitsentgelten).

Die monatliche Höchstrente, beträgt 2023 3058,81 Euro. Sie ist erreichbar, wenn 25 Jahre Beiträge in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze (2023: 4495,50 Euro) abgeführt wurden. Bei 14 Monatszahlungen sind dies 42823,34 Euro pro Jahr oder umgerechnet auf 12 Monate 3568 Euro. Ca. 478 000 spanische Rentner beziehen diese Maximalrente. Zum Vergleich: Eine in Deutschland nicht existente, nur theoretisch erreichbare Höchstrente auf Basis von 45 Jahren Sozialversicherungsbeitragszahlung in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze würde rechnerisch bei 3242 Euro / Monat liegen. Davon würden noch Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von ca. 11 % abgehen.

Beitragsbemessungsgrenze, Höchstrente und individuelle Renten werden jährlich entsprechend der Steigerung des offiziellen Preisindexes (IPC) des Vorjahres angepasst. 2023 führte dies zu einer Erhöhung der Renten um 8,5 %.

2019 gab Spanien für die Renten 12,7 % seines Bruttosozialprodukts aus (europäischer Durchschnitt: 10,4 %, Deutschland: 11,9 %).

Arbeitnehmer zahlen monatliche Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 6,45 % (davon 4,7 % für die Kranken- und Rentenversicherung), die Arbeitgeber in Höhe von 30,4 % (davon 23,6 % für die Kranken- und Rentenversicherung). Zusätzlich führen Arbeitgeber einen Beitrag für Berufsunfälle und Berufskrankheiten in Höhe von 1,5 % bis 7,15 % ab (in Deutschland über die Berufsgenossenschaften geregelt).

Liegt das Bruttoentgelt eines spanischen Arbeitnehmers z.B. 30 % unter dem eines deutschen Arbeitnehmers, verringert sich diese Differenz netto wegen der niedrigeren Sozialversicherungsbeiträge auf ca. 15 bis 16 %. Die Belastung durch die Einkommenssteuer ist dagegen mehr oder weniger vergleichbar.

Im spanischen öffentlichen Dienst sind 2,71 Mio. beschäftigt, von denen 657 000 in einem getrennten Rentensystem (Régimen de las clases pasivas) integriert sind. Dabei handelt es sich um Funktionäre der höheren Staatsverwaltung, der Justiz, der Wissenschaft, des Parlaments, der Polizei und des Militärs. Dieses Rentenwerk zahlt derzeit ca. 427 000 reguläre Renten aus.