Politische Berichte Nr.04/2022 (PDF)18b
Blick auf die Medien

Zielstellungen der europäischen Mindestlohnrichtlinie wirken

Rolf Gehring. In Artikel 5 formuliert die Richtlinie: angemessenen Lebensstandard, Armut trotz Erwerbstätigkeit verringern, sozialen Zusammenhalt und die soziale Aufwärtskonvergenz fördern, geschlechterspezifische Lohngefälle verringern. Außerdem sollen Tarifbindung und Tarifstrukturen gestärkt werden. In den Zielstellungen sind sichtbar Ansprüche und Forderungen der Gewerkschaften aufgenommen. Die folgenden Meldungen zeigen, dass die europäische Initiative, sicherlich nicht als kausaler Auslöser, aber doch unterstützend wirkt. Logo: DGB/lightwise/123RF.com

Rumänien: Ein neues Gesetz in Rumänien zur Funktion des sozialen Dialoges erweitert die Befugnisse von Gewerkschaften für die Gründung von Gewerkschaften und Arbeitnehmervertretungen vor. Die Änderung folgt der Verpflichtung der nationalen Regierungen, Tarifverhandlungen gemäß der EU-Richtlinie über Mindestlöhne zu fördern. (S.a. PB 1/2023, S. 18)

www.etuc.org/en/building-social-dialogue-romania

Estland: Der estnische Gewerkschaftsbund (EAKL) hat mit dem Minister für Wirtschaft und Informationstechnologie und dem estnischen Arbeitgeberverband eine Goodwill-Vereinbarung geschlossen, die einen Rahmen für Mindestlohnerhöhungen bis 2027 festlegt, der dann 50 % des Durchschnittslohns erreichen soll. Schrittweise Anhebungen: 42,5 % des Durchschnittslohns im Jahr 2024, 45 % im Jahr 2025, 47,5 % im Jahr 2026 und 50 % im Jahr 2027.

www.etuc.org/en/tripartite-minimum-wage-deal-estonia

Portugal: Im Mai trat in Portugal nach Verhandlungen mit den Sozialpartnern ein neuer arbeitsrechtlicher Rahmen, die sogenannte Agenda für menschenwürdige Arbeit, in Kraft. Er enthält rund 70 Maßnahmen, die die Arbeitsbedingungen und die Vereinbarkeit von Privat-, Familien- und Berufsleben verbessern sollen. Neue Bestimmungen sind u.a.:

• 28 statt 20 Tage Elternurlaub für Väter; • Erhöhter Trauerurlaub beim Tod des Ehepartners oder bei einer Fehlgeburt; • Telefonisch oder online selbst gemeldeter Krankenstand für maximal drei Tage zweimal im Jahr; • Beschränkung von Zeitverträgen und Vermutung eines Arbeitsverhältnisses zwischen Arbeitnehmern auf digitalen Plattformen; • Erweitertes Recht auf Telearbeit; • Höhere Abfindungen; • Zahlung von mindestens 80 % des nationalen Mindestlohns für Berufspraktika; • Anreize für Arbeitgeber, Tarifverträge abzuschließen.

www.etuc.org/en/new-labour-code-portugal

Niederlande: Die Gewerkschaft FNV setzt angesichts der hohen Inflation eine zusätzliche Lohnerhöhung für Reinigungskräfte durch. Im Dezember 2021 wurde ein Tarifvertrag mit den Arbeitgebern des Reinigungsgewerbes abgeschlossen, der eigentlich bis Juli 2024 gilt. Es wurde nun vereinbart, dass die Reinigungskräfte eine zusätzliche Lohnerhöhung von 12 % erhalten. Nach dem geltenden Tarifvertrag würden die Löhne bis Juli 2024 nur um 1,5 % steigen.

www.fnv.nl/

Abb. (PDF): Logo-eu-mindestlohn