Meldungen --- Europa --- Arbeitszeit
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Arbeitszeitgestaltung in Europa
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Griechenland: Kampf gegen Arbeitszeitverlängerung
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Portugal: Ärzte fordern bessere Bezahlung und Arbeitsbedingungen
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Österreich: Zukunftsweisender Kollektivvertrag im Tourismus
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Tschechien: Gesundheitsgewerkschaften gegen Ausweitung der Überstunden
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Deutschland: Tarifvertrag in der Betonindustrie
Rolf Gehring, Brüssel. Folgend einige Meldungen, die einen kleinen Eindruck von einer in vielen Aspekten uneinheitlichen Entwicklungen in der (immer differenzierteren) Ausgestaltung der Arbeitszeit geben, die aber immer stärker auf ein Austarieren von lebensweltlichen Ansprüchen (work life balance) auf der einen und technischen und gesellschaftlichen Funktionsansprüchen auf der anderen Seite verweisen.
Arbeitszeitgestaltung in Europa
Die Stiftung zur Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen in Europa (Dublin Foundation) veröffentlichte im Oktober eine Studie zu Änderungen der Regulierung der Arbeitszeit in Europa in den Jahren 2021 und 2022. Diese seien wesentlich der Umsetzung zweier europäischer Richtlinien geschuldet: der Richtlinie über die Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben und der Richtlinie über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen. Die Autoren verweisen auch darauf, dass die Verkürzung der Arbeitszeit und insbesondere die Vier-Tage-Woche zunehmend in die Diskussion geraten. 2022 lag die durchschnittliche tariflich vereinbarte Wochenarbeitszeit in der EU bei 38,1 Stunden, mit rund 37,7 Stunden am kürzesten in der öffentlichen Verwaltung und im Einzelhandel mit 38,5 Stunden am längsten. Der durchschnittliche tarifliche Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub lag in der EU bei 24,3 Tagen und war in den Mitgliedstaaten, die der EU vor der Erweiterung 2004 angehörten (EU 14), mit 25,3 Tagen höher als in den anderen Mitgliedstaaten mit nur 20,9 Tagen.
Quelle: https://www.eurofound.europa.eu/en/publications/2023/working-time-2021-2022
Griechenland: Kampf gegen Arbeitszeitverlängerung
Im September demonstrierten Tausende Beschäftigte vor allem des öffentlichen Sektors in Athen gegen die von der konservativen Regierung geplanten Änderungen des Arbeitsrechts. Das Parlament billigte dennoch das neue Arbeitsgesetz, das es den Unternehmen erlaubt, einen sechsten Arbeitstag einzuführen und die Arbeitszeiten der Beschäftigten an die Produktionserfordernisse anzupassen.
Luxemburg: Neue Urlaubsmöglichkeiten für Arbeitnehmer
Im luxemburgischen Amtsblatt wurden zwei Gesetze veröffentlicht, die den Arbeitnehmern die Vereinbarkeit von Beruf und Familie erleichtern sollen. Konkret wurden zwei neue Urlaubsansprüche für Arbeitnehmer, die Familienangehörige betreuen, sowie zusätzliche Möglichkeiten für flexibles Arbeiten eingeführt. Der Anspruch auf Urlaub bei der Geburt eines Kindes wurde auch auf die Person ausgedehnt, die als zweiter Elternteil anerkannt wird.
Portugal: Ärzte fordern bessere Bezahlung und Arbeitsbedingungen
Aus Besorgnis über das „Chaos“ im Gesundheitssystem demonstrierten im September Ärzte und Gewerkschafen vor einer von der WHO und der Regierung veranstalteten Konferenz. Zu den Forderungen gehören neben Lohnerhöhungen, eine Begrenzung der Überstunden und die Reduzierung der 18-Stunden-Notfallschicht auf 12 Stunden.
Österreich: Zukunftsweisender Kollektivvertrag im Tourismus
Arbeitgeber und Gewerkschaften haben sich im Juli in einem Branchenkollektivvertrag u.a. mehr Freizeit und bessere Rahmenbedingungen geeinigt. Im Rahmen des JUFA-Zukunftsprozesses waren mehr als 300 MitarbeiterInnen aufgerufen, diesen aktiv mitzugestalten und ihre New Work-Ideen einzubringen. Nach langen Verhandlungen wurde ein familienfreundliches Arbeitszeitmodell abgeleitet, das Gehaltsniveau wurde attraktiver gestaltet und umfangreiche Entwicklungsmöglichkeiten geschaffen. Beschäftigte erlangen früher den Anspruch auf eine sechste Urlaubswoche (nach 15 Beschäftigungsjahren); es gibt ein festes freies Wochenende pro Monat und einen Zuschlag für Sonntagsarbeit.
Tschechien: Gesundheitsgewerkschaften gegen Ausweitung der Überstunden
Die Gewerkschaft des Gesundheits- und Pflegepersonals (OSZSP) wendet sich gegen Vorschläge der Regierung zur Ausweitung der Mehrarbeit, die vor allem in kleinen Einrichtungen die Funktionsfähigkeit gewährleisten soll. Die Gewerkschaften fordern dagegen Maßnahmen zur Bewältigung des Personalmangels, um das Risiko von Burnout und Krankheit bei den ohnehin schon unter langen Arbeitszeiten leidenden Beschäftigten zu reduzieren. Sie verweisen auch darauf, dass die Vorschläge gegen die Arbeitszeitrichtlinie verstoßen.
Deutschland: Tarifvertrag in der Betonindustrie
Die IG BAU hat einen Tarifvertrag für die Beschäftigten in der Beton- und Fertigteilindustrie in Sachsen-Thüringen und im Nordbereich abgeschlossen. Neben der vereinbarten Lohnerhöhung gilt ab dem 1. Januar 2024 die 39-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich.