Politische Berichte Nr.06/2023 (PDF)19a
Gewerkschaften/Soziale Bewegung

Warnstreiks in der Stahlindustrie, im öffentlichen Dienst und bei der Bahn

Bruno Rocker, Berlin

Für die nordwestdeutsche und ostdeutsche Stahlindustrie bieten die Arbeitgeber lediglich 3,1 Prozent für 15 Monate und wollen zudem erst am 11. Dezember weiterverhandeln. Die IG Metall verlangt für die 80 000 Beschäftigten bei einer Laufzeit des neuen Tarifvertrages von 12 Monaten 8,5 Prozent mehr Geld, sowie eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit von 35 auf 32 Stunden. Die Tarifkommissionen beschlossen Warnstreiks ab Dezember.

Seit Ende Oktober laufen die aktuellen Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst der Länder. Verdi fordert bundesweit unter anderem 10,5 Prozent mehr Geld, mindestens jedoch 500 Euro pro Monat bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Zahlreiche Warnstreiks haben stattgefunden, so z.B. in Berlin mit rund 10 000 Beschäftigten Ende November, unter anderem in Senatsverwaltungen, Bezirksämtern, Kitas, Hochschulen, Schulen, Polizeidienststellen und bei der Feuerwehr. Ein Angebot der Arbeitgeber gibt es bislang nicht. Die nächste Verhandlungsrunde ist für den 7. und 8. Dezember in Potsdam geplant.

Die GDL hatte bereits nach dem zweiten Termin mit der Deutschen Bahn die Verhandlungen für gescheitert erklärt. Weitere Verhandlungen seien laut GDL „ohne Sinn und Zweck“. Weselsky kündigte zudem an, dass die Gewerkschaft den Bahnverkehr erneut bestreiken werde. Genaue Termine für mögliche Warnstreiks nannte er zunächst nicht. Die GDL fordert unter anderem 555 Euro allgemeine Entgelterhöhung, Erhöhung der Zulagen für Schichtarbeit (zum Beispiel der Nachtarbeitszulage) um 25 Prozent, Absenkung der Arbeitszeit von 38 auf 35 Stunden pro Woche für Schichtarbeiter ohne anteilige Lohnabsenkung, steuerfreie Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 3 000 Euro. Die Laufzeit des neuen Tarifvertrages soll maximal zwölf Monate betragen.

In allen genannten Branchen werden auch Arbeitszeitverkürzungen verlangt oder zumindest diskutiert, wenn auch mit höchst unterschiedlichen Begründungen. In der Stahlindustrie wird seitens der IG Metall und der Betriebsräte auf den drohenden Verlust von Arbeitsplätzen durch die Transformation (Stichwort Wasserstoff) verwiesen und Kompensation durch verkürzte Arbeitszeiten verlangt. GDL-Chef Weselsky begründet im Gegenteil in zahlreichen Interviews die Forderung von Arbeitszeitverkürzungen trotz vorhandenen erheblichen Personalmangel bei Zugführern mit der Notwendigkeit, die Arbeitsplätze attraktiver zu machen. Außerdem sei laut Weselsky die Forderung schon deshalb wichtig, weil die Konkurrenzgewerkschaft EVG eine solche Forderung nicht aufgestellt habe. Verdi-Vorsitzender Wernicke will im kommenden Jahr eine Befragung der Gewerkschaftsmitglieder durchführen. Schon jetzt seien rund 300 000 Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst unbesetzt und keine Bewerber zu bekommen. Auch Wernicke argumentiert mit der vermeintlich mangelnden Attraktivität der Arbeitsplätze.

Abb. (PDF): Service des WSI-Tarifarchivs. www.boeckler.de/de/pressemitteilungen-2675-tarifrunde-2024-54073.htm