Politische Berichte Nr.01/2024 (PDF)05a
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Frankreich: Neues Einwanderungsgesetz und neue Regierung

Matthias Paykowski. Karlsruhe. Der französische Verfassungsrat hat Ende Januar weite Teile des im Dezember verabschiedeten Einwanderungsgesetzes gestrichen als nicht verfassungskonform! 32 Artikel wurden entfernt wegen formaler Verfahrensfehler. Gestrichen wurde, nichteuropäischen Staatsbürgern den Zugang zu Soziallleistungen zu erschweren. Arbeitslose mit gültiger Aufenthaltsbewilligung hätten erst nach fünf Jahren Aufenthalt Kindergeld erhalten, Arbeitende erst nach 30 Monaten. Eine Kaution für eine Aufenthaltsgenehmigung bei ausländischen Studierenden aus nichteuropäischen Ländern fiel durch, ebenso verschärfte Regeln zum Familiennachzug. Der Nationalversammlung fehlt die Befugnis, jährlich Migrationsquoten festzulegen, Erschwernisse beim Erwerb der Staatsbürgerschaft widersprechen der Verfassung.

Übrig blieb der ursprüngliche Entwurf der Regierung mit erleichterten Abschiebungen, beschleunigten Asylverfahren und einer „Präventivhaft“, sollten Asylbewerber eine „Gefahr für die öffentliche Ordnung“ darstellen. Für Sans-Papiers, die drei Jahre illegal im Land sind, sieht das Gesetz erleichterten Zugang zu Aufenthaltsbewilligungen vor, sofern sie in einem Wirtschaftszweig arbeiten, in dem Mangel an Arbeitskräften herrscht.

Eine Mehrheit für das Gesetz war nur zustande gekommen, weil die Republikaner LR ihre Änderungen hatten durchsetzen können und auch Le Pens RN zustimmte. Die Rechte feierte das Gesetz, der Regierungspartei ging der linke Flügel vom Seil, der Gesundheitsminister trat zurück. Viele aus Macrons Lager wollten Verschärfungen bei der Einwanderung nicht zustimmen. Im Land demonstrierten hunderttausend dagegen.

Macron ernannte eine neue Regierung mit dem 34-jährigen Gabriel Attal und versprach neben einer demografischen, industriellen, wissenschaftlichen und landwirtschaftlichen, vor allem eine „staatsbürgerschaftliche Aufrüstung“ – mit der Schule „als Mutter aller Schlachten“: Ausbau der Staatsbürgerkunde, obligatorische Lektüre französischer Philosophen und Schriftsteller, obligatorischer Kunst- und Theaterunterricht, „vernünftige Bildschirmzeit“, höhere Ansprüche an Sprachkenntnis. Das Tragen von Schuluniformen ist im Test.

Attal soll gegenüber Le Pens RN Boden gut machen. Es ist zu befürchten, dass der RN in Frankreich bei den Europawahlen die meisten Stimmen holt.