Politische Berichte Nr.01/2024 (PDF)26
Rechte Provokationen - Demokratische Antworten

Rechte Provokationen – demokratische Antworten – Redaktionsnotizen

Red. Rosemarie Steffens, Langen, Hessen

01 1 667 000 Unterschriften für Aberkennung der Grundrechte Höckes nach Artikel 18 GG
02 Gemeinsame Erklärung BDA-DGB gegen Rechtsextremismus
03 Preisvergabe soll wegen rechter Gesinnung rückgängig gemacht werden
04 Ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung sei der Bundestagsbeschluss zum Antiziganismus

01

1 667 000 Unterschriften für Aberkennung der Grundrechte Höckes nach Artikel 18 GG

Neben einem kompletten Parteiverbot auf Landes- oder Bundesebene ist die „Grundrechtsverwirkung“ nach Artikel 18 des Grundgesetzes eine gezielte Maßnahme gegen einzelne Verfassungsfeinde, jüngst thematisiert von der ehemaligen Bundesverfassungsrichterin und Verfassungsrechtlerin Gertrude Lübbe-Wolff. Die Grundrechtsverwirkung beinhaltet, dass demjenigen die Inanspruchnahme einzelner Grundrechte entzogen werden kann, der diese „zum Kampfe gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung missbraucht“.

Ein Antrag auf Verwirkung der Grundrechte kann vom Bundestag, von der Bundesregierung oder von einer Landesregierung gestellt werden. Das Bundesverfassungsgericht entscheidet in diesem Fall über Ausmaß und Dauer der Verwirkung. Darüber hinaus kann im Zuge der Grundrechtsverwirkung für deren Dauer auch das Wahlrecht, die Wählbarkeit und die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter aberkannt werden (§39 Abs. 2 BVerfGG).

Dies muss passieren, damit Höcke der freiheitlichen Demokratie keinen weiteren Schaden zufügen kann. Höcke schwadroniert von dem „bevorstehenden Volkstod durch den Bevölkerungsaustausch“. Und: „Ein paar Korrekturen und Reförmchen werden nicht ausreichen, aber die deutsche Unbedingtheit wird der Garant dafür sein, dass wir die Sache gründlich und grundsätzlich anpacken werden. Wenn einmal die Wendezeit gekommen ist, dann machen wir Deutschen keine halben Sachen, dann werden die Schutthalden der Moderne beseitigt.“

Höcke, Björn: Nie zweimal in denselben Fluss; Campact-Petition Wehrhafte Demokratie – Höcke stoppen!

02

Gemeinsame Erklärung BDA-DGB gegen Rechtsextremismus

„Die Sozialpartner in Deutschland haben einen entscheidenden Beitrag dazu geleistet, nach dem Grauen der nationalsozialistischen Herrschaft unser Land wieder aufzubauen und ein Gesellschafts- und Wirtschaftsmodell zu entwickeln, das einen fairen und sozialen Ausgleich ermöglicht. Dabei haben die Sozialpartner nie unterschieden, welcher Herkunft oder Staatsangehörigkeit die Beschäftigten sind. Das konnte die Demokratie und den Wohlstand in unserem Land über Jahrzehnte sichern helfen. Die deutsche Wirtschaft und die deutschen Gewerkschaften und Betriebsräte wissen, welche enorme Bedeutung der soziale Frieden für Deutschland hat. Unser gemeinsames Verständnis von Wohlstand und Freiheit beinhaltet unwiderruflich das Bekenntnis zum Grundgesetz und zur Einheit Europas. Allen Bestrebungen, zentrale Aussagen des Grundgesetzes und die europäische Einheit zu schwächen, aber auch den aktuellen Remigrationsplänen der Rechtsextremisten erteilen wir eine klare Absage. Unsere Betriebe sind ein Spiegel der Gesellschaft. Die Menschen, die bei und mit uns arbeiten, sind unsere Kolleginnen und Kollegen, unsere Nachbarn und Freunde. Und wir müssen als Standort Deutschland attraktiv bleiben, auch um ausländische Fachkräfte einzuladen, hier eine Heimat zu finden. Jede Mitbürgerin und jeder Mitbürger muss sich in unserem Land sicher fühlen. Dafür stehen wir gemeinsam ein.“

Kommunikation DGB: Nora Neye Presse.bvv@dgb.de; Kommunikation BDA; Julika Lendvai kommunikation@arbeitgeber.de

03

Preisvergabe soll wegen rechter Gesinnung rückgängig gemacht werden

Das Thüringer Wirtschaftsministerium plant, dem Unternehmer Christoph Hofer, der am „Geheimtreffen“ in Potsdam teilgenommen haben soll, den Thüringer Gründerpreis „ThEx Award“, den Hofer 2021 erhielt, wieder zu entziehen. Pressesprecher Stephan Krauß erklärt: „Die in den Recherchen von Correctiv und netzpolitik.org deutlich gewordene rechtsextremistische Gesinnung des Preisträgers ist offenkundig und empörend. Das Thüringer Wirtschaftsministerium distanziert sich selbstverständlich und ausdrücklich von verfassungsfeindlichen Gesinnungen und Aktivitäten jeder Art. Wir prüfen daher, wie die Preisvergabe zum frühestmöglichen Zeitpunkt rechtssicher rückgängig zu machen ist.“

PM des Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft, Thüringen, 21.01.2024

04

Ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung sei der Bundestagsbeschluss zum Antiziganismus

Der Bundes Roma Verband und das Roma Center e.V. / Roma Antidiscrimination Network begrüßen den gemeinsamen Antrag der demokratischen Bundestagsfraktionen vom 14.12.2023 zum Antiziganismus, der dem historischen und gegenwärtigen Unrecht gegen Roma und Sinti begegnen soll. 27 Punkte benennen die nötigen Maßnahmen der Bundesregierung, um die Situation in Deutschland und darüber hinaus, für Roma und Sinti zu verbessern. Als besondere Aspekte führen die Verbände u. a. auf:

– Die Bundesregierung erkennt die Verantwortung der Bundesrepublik für den Holocaust im NS-besetzten Europa und das fortgesetzte Unrecht nach 1945 an. Hervorzuheben sei die Anerkennung der gravierenden institutionellen Diskriminierung, vor allem die kritische Auseinandersetzung mit Antiziganismus in den Sicherheitsbehörden und der Justiz, die Roma und Sinti in Deutschland nach wie vor erleben. Begrüßt wird, das nach 1945 begangene Unrecht durch eine Kommission aufzuarbeiten, nachdrücklich empfohlen wird dabei die Einbeziehung der Selbstorganisationen der Roma.

– Bei der Aufarbeitung der Verfolgung nach 1945 seien die seit mehr als 30 Jahre währenden Bleiberechtskämpfe von Roma wesentlich, die seit ebenso langer Zeit politisch, medial, rechtlich und institutionell abgewehrt werden.

– Die Anerkennung der Verfolgung während des Zweiten Weltkriegs beziehe sich bis heute fast nur auf das deutsche Gebiet, die Verfolgung in den besetzten oder kollaborierenden Gebieten werde bis jetzt nicht oder nur marginal berücksichtigt. So gäbe es auch kaum „Entschädigungszahlungen“ für die Verfolgten in diesen Gebieten. „Die heute hier lebenden bzw. nach Deutschland fliehenden … Roma sind oft Nachkommen dieser Verfolgten. Ein Bleiberecht bzw. eine deutsche Staatsangehörigkeit für die, die hier geboren sind, wäre der beste Schutz vor Diskriminierung“, so die Roma-Verbände.

– „alle, die mit den Asylverfahren betraut sind, sollen geschult werden: von den Anhörer:innen des BAMF, über die Entscheider:innen, die Gerichte und im Anschluss auch die Ausländerbehörden“, damit Diskriminierungserfahrungen der Roma in ihren Herkunftsländern mit einbezogen werden. (Bei den Dolmetscher:innen sollen diese vorzugsweise aus der Roma-Community stammen)

– Anknüpfend an die Situation in den Herkunftsländern wäre zum Punkt „Bekämpfung von Antiziganismus auf Ebene der EU“ und „Antiziganismus im Kontext der EU-Beitrittsverhandlungen“ besonders wichtig, dass die Institutionen auf Bundes- und EU-Ebene nicht nur mit den Regierungen vor Ort kooperieren, sondern auch mit Roma-Selbstorganisationen, die z.B. ein realistisches Monitoring der Situation von Roma übernehmen können. Die EU-Beitrittsverhandlungen sind ein wichtiges Instrument, um die Rechte von Roma in den Beitrittsländern zu fördern. Die Verbesserung ihrer menschenrechtlichen und sozialen Situation muss eine Bedingung für einen EU-Beitritt sein.

Quelle: Nizaqete Bislimi Hošo & Kenan Emini: PM des Bundes Roma Verband, des Roma Center e.V., des Roma Antidiscrimination Network. Göttingen, den 21.12.2023)