Politische Berichte Nr.01/2024 (PDF)24b
Ankündigungen, Diskussion, Dokumentation

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Ukraine in der strategischen Verteidigung

Martin Fochler, München. Die Sommeroffensive der ukrainischen Armee blieb stecken. Seitdem muss die Ukraine dem Gegenangriff standhalten, was bis zum heutigen Tag in kräftezehrenden Gefechten gelingt. Die Luftabwehr der Ukraine ist erfolgreich, aber nicht zu 100%. Das zivile Leben bleibt bis hin zur polnischen Grenze bedroht, wird aber nicht gelähmt. Die Ukraine produzierte, zum Beispiel Getreide und Ölfrüchte, und es ist der Russischen Föderation (RF) nicht gelungen, die Ausfuhr über das Schwarze Meer zu blockieren. Mehr noch: Die Ukraine hat die Drohnentechnik so weit entwickelt, dass die RF ihre Flotte nicht als Bedrohung einsetzen kann, sondern beschützen muss. Das Bestreben, die Seeminen vor ihrer Küste zu räumen, sind ein deutliches Zeichen dafür, dass die Ukraine mit der Fähigkeit der Flotte der RF zu Angriffs- oder gar Landungsoperationen nicht mehr rechnet. Die RF, vor zehn Jahren noch die maritime Übermacht auf dem Schwarzen Meer, hat diese Position verloren. Sie muss mit den anderen Anrainern, namentlich der Türkei (siehe auch S. 24) rechnen.

Auch in der Ostsee und dem Ausgang zum Nordatlantik ist die maritime Macht der RF geschrumpft. Der Übergriff auf die Ukraine hat Schweden und Finnland an die Nato gebunden, die RF wird die skandinavischen und die verbündeten baltischen Staaten mehr als bisher respektieren müssen. Die Russische Föderation erfährt Machtverluste.

Die RF könnte versucht sein, durch einen Großangriff die Verteidigungslinien der Ukraine zu durchstoßen und die Ukraine doch noch zu unterwerfen. Dazu müssten große Verbände zum Angriff aufgestellt werden. Solche Massierungen sind in der Aufstellung gegebene Angriffsziele für Lenkwaffen und in der Vorwärtsbewegung durch Drohnenschwärme angreifbar, zumal, wenn der Vormarsch auf dem Boden nicht durch absolute Luftüberlegenheit gesichert werden kann. So erklärt sich der dringliche Ruf der Ukraine nach Kampfjets und nach Lenkwaffen großer Wirkung, ausreichende Verfügung über solche Mittel würden der RF die Formierung von Stoßarmeen erschweren und vielleicht sogar unmöglich machen.

In der Ukraine wird diskutiert, die militärischen Handlungen auf strategische Verteidigung auszurichten. Nach der gescheiterten Sommeroffensive ist das eine praktische Notwendigkeit, aber auch eine Chance: Die Kriegführung der RF nimmt große Verluste in Kauf, um Verluste zuzufügen. Die Rechnung ist: Da die Ukraine weniger Menschen hat, wird sie irgendwann aufgeben müssen. Wenn es der ukrainischen Kriegführung aber gelingt, die eigenen Verluste zu minimieren, wird dieser bösartige Plan nicht aufgehen, so wie auch der erste Plan des blitzartigen Überfalls auf die ukrainischen Zentren gescheitet ist und in einen Rückzug mündete.

Abb. (PDF): https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Black_Sea_map-de.png

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