Politische Berichte Nr.01/2024 (PDF)27
Rechte Provokationen - Demokratische Antworten

„Hören Sie nicht auf, von einer besseren Welt zu träumen“

Rom, Vatikan. Am Mittwoch, 10. Januar 2024, kam es im Vatikan zu einem Treffen des Papstes mit 15 VertreterInnen der „Europäischen Linken“ und von „Dialop“. Papst Franziskus selbst hatte die Einladung zu seiner Generalaudienz in „Anerkennung und Ermutigung für ihr Engagement“ ausgesprochen.

Karl-Helmut Lechner, Norderstedt

Was machen Atheisten und Kommunisten beim Papst? „Inhaltlich gesehen gibt es vieles, in dem der Papst und die sozialistischen und kommunistischen Linken übereinstimmen“, meint Walter Baier, der Leiter der Delegation. So sprechen sich sowohl der Papst als auch die Europäische Linke für Friedensverhandlungen im russischen Angriffskrieg auf die Ukraine aus. Bei den Themen Parteinahme für sozial Benachteiligte, dem Schutz der Natur vor Ausbeutung aus Profitlogik und auch beim Migrationsthema seien die radikale Linke und der Vatikan viel stärker einer Meinung, als so mancher glaube. Walter Baier war von 1994 bis 2006 Parteichef der Kommunistischen Partei Österreichs (KPÖ). Seit Dezember 2022 ist er Präsident der „Europäischen Linken“, einem Zusammenschluss sozialistischer und kommunistischer Parteien aus 25 europäischen Ländern.

Bei dem Treffen im Vatikan sagte Papst Franziskus der DIALOP-Delegation, dass Solidarität nicht nur eine „moralische Tugend“ sei, sondern auch eine „Forderung nach Gerechtigkeit, die es erfordert, die Verzerrungen und Absichten ungerechter Systeme zu korrigieren, auch durch einen radikalen Perspektivwechsel bei der Verteilung von Herausforderungen und Ressourcen unter den Menschen.“

Das Dialog-Projekt, das unter dem Namen DIALOP bekannt ist, entstand nach einem Treffen zweier linker europäischer Politiker, eines Mitglieds der Fokolar-Bewegung und Papst Franziskus im Jahr 2014, bei dem sie die Notwendigkeit eines fortgesetzten Dialogs zwischen der europäischen Linken und den Christen diskutierten. DIALOP hat ein Projekt zur Entwicklung eines akademischen Lehrplans gestartet, der die christliche Soziallehre, marxistische Gesellschaftskritik und Feminismus integriert. Papst Franziskus ermutigte die Vertreter des Projekts, offen für neue Wege zu sein und durch den Dialog „die Form unseres Denkens zu brechen“. Der Papst forderte die Gruppe auf, „gegen starre Ansätze vorzugehen, die die Menschen trennen“, und stattdessen mit offenem Herzen in den Dialog zu gehen und die Fähigkeit zu kultivieren, zuzuhören und dabei „niemanden auf politischer, sozialer und religiöser Ebene auszuschließen.“ „Das ist die Aufforderung, die ich auch an Sie richte: Geben Sie nicht nach, kapitulieren Sie nicht, hören Sie nicht auf, von einer besseren Welt zu träumen,“ sagte der Papst.

Cornelia Hildebrandt, Philosophin, Co-Präsidentin des Netzwerk-Transform!Europe, war Teilnehmerin der Delegation: „Es gibt andauernd Kriege, also brauchen wir ein riesiges Bündnis für den Frieden. Es braucht heute authentische Menschen. Es ist eine Pflicht für die Linken, im Dialog mit Menschen aller Überzeugungen zu bleiben. … Was zählt, ist nicht ihr Hintergrund. Es geht allein darum, aus verschiedenen Positionen, nach gemeinsamer Zukunft zu streben, Frieden zu suchen, die Demokratie voranzubringen. Es ist wichtig, in diesem Dialog weiter zusammenzuarbeiten, für das gleiche Ziel, Im Bewusstsein der bestehenden Unterschiede zwischen uns; zum Beispiel im Bereich der Abtreibung oder der Rolle der Frau oder der großen Frage des Glaubens an Gott. Aber das genau ist zentraler Punkt der Identität unseres Projekts: Wenn es keine Unterschiede gäbe, bräuchte es nicht DiaLop.“

Quellen: Who we are – dialop. The delegation of DIALOP with Pope Francis – dialop. https://dialop.eu/wp-content/uploads/2022/10/DIALOP_PositionPaper_U_20221012_dt.pdf. 84 Seiten A4, englisch.

Abb. (PDF): Foto The delegation of DIALOP with Pope Francis

Abb. (PDF): Cover Broschüre Dialop