Aus Politische Berichte Nr. 7/2018, S.02 InhaltsverzeichnisPDFPB-Archiv

Mehr als hunderttausend bei der Demo gegen den Zwölf-Stunden-Tag in Wien!

Augustin Kargl, Steiermark

Ein großartiges Bild zeigte sich am Samstag am Heldenplatz in Wien. Mehr als 100 000 Menschen sind zur Demonstration gegen den 12-Stunden-Tag und gegen die 60-Stunden-Woche gekommen. Sie haben ein klares Zeichen gegen den Vorschlag der Bundesregierung zur Ausweitung der Arbeitszeit gesetzt. Die Gewerkschaften haben aufgerufen und aus ganz Österreich kamen die TeilnehmerInnen um ihre Kampfbereitschaft zu zeigen.

Ohne mit der Gewerkschaft und den Sozialpartnern zu verhandeln, will die Regierung das neue Arbeitszeitgesetz beschließen. Die höchstzulässige Arbeitszeit soll auf 12 Stunden am Tag und 60 Stunden die Woche hinaufgesetzt werden. Nach energischen Protesten von Gewerkschaft und Arbeiterkammer soll die elfte und zwölfte Stunde entgegen den ursprünglichen Plänen nun freiwillig geleistet werden.

„Ich kann das Geschwafel der Regierung von wegen Freiwilligkeit nicht mehr hören. Jeder, der nur ein Funken Ahnung von der Realität der ArbeitnehmerInnen und von echten Arbeitsplätzen hat, der weiß, dass es das im echten Arbeitsleben nicht spielt“, brachte Vida-Vorsitzender Roman Hebenstreit seinen großen Unmut über die Eingriffe der Regierung in das Arbeitsrecht im Rahmen der Schlussreden zur Demo am Wiener Heldenplatz lautstark zum Ausdruck. Vida ist die österreichische Verkehrs- und Dienstleistungsgewerkschaft.

ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian betonte in seiner Rede am Heldenplatz, dass die große Demonstration erst der Anfang der Proteste sei und definitiv nicht das Ende: „Wir werden Widerstand leisten mit allen Mitteln, die uns zur Verfügung stehen. Nächste Woche werden wir unsere Position in vielen Versammlungen in den Betrieben erklären und die Beschäftigten informieren“, so Katzian. „Wir werden alles dafür tun, dass die Umsetzung dieses Gesetzes verhindert wird!“

Der Unmut über Eingriffe ins Arbeitsrecht ist groß. Das zeigte sich beim Marsch durch die Mariahilferstraße. Beifall von den Passanten, viele Zuschauer schlossen sich dem lautstarken Marsch an.

Bis jetzt verspürte die Regierung wenig Gegenwind bei ihren Reformvorschlägen, außer bei der Aufhebung des Rauchverbotes, da unterschrieben 500 000 den Antrag für ein Volksbegehren. Jetzt scheint die Regierung aber zu weit gegangen zu sein, die ÖVP gibt sich offen als neoliberale Partei und erfüllt die Wünsche der Industriellenvereinigung und Wirtschaftskammer. Für die FPÖ, die Partei „des kleinen fleißigen Mannes“, die „neue Arbeiterpartei“ wird es schwieriger, den SozialAbb. (PDF):au, die Zerschlagung der AUVA, Verlängerung der Arbeitszeit als sozialen Fortschritt zu erklären. In Oberösterreich sind Plakate aufgetaucht, wo es statt „FPÖ, die soziale Heimatpartei“ nur mehr „Heimatpartei“ heißt.

Sogar die österreichische Bischofskonferenz kritisiert die Regierung. Der Gesetzesvorschlag zur Änderung der Arbeitszeit sei „völkerrechtswidrig“, „demokratiepolitisch bedenklich“ und eine „Geringschätzung des Familienlebens“. Derart harte Worte kennt man von der österreichischen Bischofskonferenz eher nicht. Die Kirchenvertreter kritisieren die von der türkis-blauen Regierung geplante Arbeitszeitflexibilisierung scharf und ersuchen den Nationalrat, Abstand vom Beschluss zu nehmen.

Das neue Gesetz soll in den nächsten Tagen im Parlament beschlossen werden.

Unterlagen: https://www.neinzum12stundentag.at/wp-content/uploads/2018/06/1_AZG_ARG_Gesetzestexte.pdf; https://www.oegb.at

Abb. (PDF): Eine kleine Gruppe aus Salzburg bei der Demonstration in Wien