Aus Politische Berichte Nr. 7/2018, S.22 InhaltsverzeichnisPDFPB-Archiv

Kalenderblatt – Eine Übersicht aus Le Monde – 1841-2017 – Frankreich

Droit du travail en vigilance orange

(Alarmstufe orange für Arbeitnehmerrechte)

Quelle und Copyright „Le Monde diplomatique“: „Travail : Combats et Utopies“ (Le monde diplomatique n°156). Wir danken der Autorin Cécile Marin für den Zugriff auf ihre Originalgrafik und Pierre Rimbert für die Ausnahmegenehmigung der Übersetzung und Reproduktion in den Politischen Berichten. Das französische Original als PDF und die deutsche Version sind zu finden:

www.linkekritik.de/fileadmin/pb1807/Droit_du_travail.pdf

www.linkekritik.de/fileadmin/pb1807/pb18-07-i-s23-24.pdf

Übersetzung: Eva Detscher

zeitstrahlen

Eva Detscher, Karlsruhe. Die hier wiedergegebene und ins Deutsche übersetzte Grafik aus „Le Monde diplomatique“ ist nicht nur eine Visualisierung von mehreren Zeitleisten, sondern ordnet verschiedene Bereiche des Arbeitslebens (Piktogramme außen an den Zeitstrahlen). Erweiterung in die Vergangenheit (nach innen hin) wie auch in die Zukunft sind möglich. Außerdem ermöglicht die Darstellung als konzentrische Kreise mit wachsende Radien (Zeitschritte von jeweils 10 Jahren) Betrachtungen zu einem bestimmten Zeitpunkt oder über einem ausgewählten Zeitraum.

Die Autorin unterscheidet „Fortschritt“ („avancée“ – könnte auch als Durchbruch übersetzt werden) und „Rückschritt“ („recul“): erstere werden in der Originalgrafik rot markiert, hier im schwarz-Weiß-Druck stehen sie oberhalb des jeweiligen Zeitstrahls mit Fußnoten grau hinterlegt. Die Hauptüberschrift „Alarmstufe orange“, was dem (Früh-)Warnsystem der Wettervorhersage entlehnt ist, verweist auf die im Original schwarz markierten unterhalb der Zeitstrahlen stehenden Rückschritte (Fußnoten weiße Schrift auf Schwarz).

Gegenüber der Originalgrafik haben wir aufgrund des kleineren Formates (DIN A3 anstatt Zeitungsseite) dafür entschieden, nur die von der Autorin hervorgehobenen Schlagworte zum jeweiligen Ereignis in die Grafik zu übernehmen. Der vollständige Text ist in der Reihenfolge der Fußnoten wiedergegeben.

Fußnoten zur Grafik (Grafik nur im PDF, siehe oben)

Gleichheit im Berufsleben

A1 Neue Formen der Diskriminierung werden anerkannt: Das Alter und die sexuelle Orientierung.

A2 In einem Beschluss des Berufungsgerichts von Riom bringt der Richter Europäisches Recht hinsichtlich Diskriminierung von Frauen zur Geltung.

A3 In Anwendung einer Europäischen Direktive führt zu einem System allgemeiner Rechtsgültigkeit gegen alle Arten der Diskriminierung.

A4 Das „Loi Roudy“ setzt eine Europäische Direktive um und lässt den Begriff „gleichwertige Arbeit“ zu. Elternurlaub wird für jeden Elternteil ohne Unterscheidung nach Geschlecht möglich.

A5 „Jeder Arbeitgeber ist gezwungen, gleiche Entlohnung für Männer und Frauen für die gleiche Arbeit und Arbeit gleichen Wertes zuzusichern.“

A6 Die Beschäftigung von verheirateten Frauen in öffentlichen Ämtern wird untersagt, Frauen über 50 Jahren müssen in Rente gehen.

A7 Mutterschaftsurlaub von 8 Wochen (wird auf 14 Wochen 1946 und auf 16 Wochen 1980 erhöht).

A8 Die Pariser Kommune verkündet Lohngleichheit für Frauen und Männer.

GEWERKSCHAFTLICHE RECHTE

B1 Das „Loi El Khomri“ bringt die von E. Macron auf den Weg gebrachten Verordnungen auf den Weg: Betriebsvereinbarungen erhalten den Vorrang vor dem Gesetz und den branchenweiten kollektiven Vereinbarungen; Arbeitgeber erhalten das Recht zu betrieblichen Abstimmungen in Fragen der Arbeitsorganisation und der Entlohnung (Überstunden).

B2 Gewerkschaftliche Repräsentation innerhalb des Unternehmens ist von jetzt an Kriterien der Zustimmung unterworfen (mindestens 10 % der Stimmen in der ersten Runde von professionellen Wahlen).

B3 Die „Lois Auroux“: Rechte direkter Meinungsäußerung für Arbeitnehmer, Rückstellungen in Höhe von 0,2 % der Lohnsumme an das Unternehmens-Komitee und Einführung des Rechts auf Arbeitsverweigerung bei gefährlichen Arbeiten.

B4 Die Gewerkschaften erhalten das Recht, innerhalb eines Unternehmens mit eigenen Sektionen und Delegierten vertreten zu sein

B5 Die Präambel der Verfassung erklärt Streik zum Grundrecht.

B6 Die Vichy-Regierung verbietet gewerkschaftliche Zusammenschlüsse.

B7 Gesetzliche Verankerung von Arbeitnehmervertretern.

B8 Das „Loi Waldeck-Rousseau“ lässt Berufsvereinigungen zu.

B9 Der Straftatbestand „coalition“ – Zusammenkunft – wird abgeschafft. Streik ist nicht keine Straftat mehr.

GESUNDHEIT UND SICHERHEIT
BEI DER ARBEIT

C1 Vorgesehenes Ende des CHSCT (Komitee für Hygiene, Sicherheit und Bedingungen der Arbeit). Es wird mit allen Instanzen ins „soziale und ökonomische Komitee“ eingegliedert.

C2 Ende der medizinischen Tauglichkeitsuntersuchung für alle.

C3 Die Arbeitsmedizin wird umbenannt in „Arbeitsgesundheitsdienst“: Überwachung der Einhaltung von Normen durch Unternehmen hat Vorrang vor der Überwachung der Gesundheit der Arbeitnehmer.

C4 Verbot von Arbeiten mit Asbest.

C5 Gesetze unter dem Namen „Lois Auroux“: Gründung der CHSCT (Recht auf Sachverständige).

C6 Der Arbeitgeber ist zum Nachweis verpflichtet, dass er Personen, die für ihre Arbeitsaufgaben ungeeignet sind, nicht anderweitig unterbringen kann, wenn er sie entlassen will.

C7 Unter Vichy wird die Arbeitsmedizin geschaffen, die auf die „biologische Orientierung der Arbeitskraft“ gemünzt ist (Tauglichkeitsprüfung).

C8 Erstes Gesetz, das eine giftige Substanz verbietet (Bleiweiß).

C9 Die Arbeitgeber werden gezwungen, bestimmte Sicherheitsmaßnahmen zu ergreifen. Dies ist die Geburt der Prävention zur Vermeidung von Arbeitsunfällen.

BESCHÄFTIGUNGSSICHERHEIT

D1 Kündigung von Tarifvertrag und von unbefristeten Arbeitsverträgen (CDI) mit einer Dauer von Monaten oder Jahren wird ermöglicht.

D2 Schaffung der Möglichkeit der Beendigung von Arbeitsverträgen.

D3 Das Schließen eines unbefristeten Arbeitsvertrages oder eines Arbeitsverhältnisses auf Zeit möglich.

D4 Behördliche Genehmigung von Kündigungen wird abgeschafft.

D5 Eine Verordnung begrenzt den Anspruch auf Zeitarbeit, wobei der Status des Zeitarbeiters verbessert wird. Der Zeitarbeitsvertrag wird ein Vertrag des öffentlichen Rechts.

D6 Die „Sozialpartner“ einigen sich auf eine Regelung für Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit.

D7 Der Kassationsgerichtshof legt fest, dass ein Arbeitsvertrag, der ohne Befristung geschlossen ist, jederzeit beendet werden kann, sowohl durch den Arbeitnehmer wie auch durch den Betriebsinhaber.

ARBEITSZEIT

E1 Die Vereinbarungen auf betrieblicher Ebene können Gesetz und Branchenvereinbarung widersprechen auf den Gebieten der Arbeitszeit, der Einrichtung und der Entgeltstruktur sowie der Verortung des Arbeitsplatzes.

E2 Vorrang der Vereinbarungen auf betrieblicher Ebene vor den Branchenvereinbarungen hinsichtlich Überstunden.

E3 Die „Lois Fillon“: die gesetzliche Obergrenze für Überstunden wird auf 180 pro Jahr angehoben. Betriebliche Vereinbarung setzt Branchenvereinbarung außer Kraft.

E4 Die „Lois Aubry“ verringern die Wochenarbeitszeit auf 35 Stunden, im Gegenzug eine Jahresarbeitszeit eingeführt.

E5 Das „Loi Delebarre“ von 1986 erlaubt Variation bei Arbeitszeiten im Rahmen von 42 Stunden pro Woche, wobei die Branche als Verhandlungsebene vorrangig ist. Das „Loi Seguin“ von 1987, das auf Flexibilisierung abzielt, besiegelt die Zerschlagung der einheitlichen Wochenarbeitszeit.

E6 Mit den „Lois Auroux“ und das erste Mal überhaupt kann eine betriebliche Vereinbarung bei vorteilhafterer Disposition das Gesetz oder Kollektiv-Vereinbarungen außer Kraft setzen.

E7 Verordnung, die die Wochenarbeitszeit auf 39 Stunden begrenzt und fünf Wochen bezahlten Urlaubs einführt.

E8 Zwei Wochen bezahlten Urlaubs, höchstens 40 Wochenarbeitsstunden.

E9 Die Länge des Arbeitstages wird auf 10 Stunden für Kinder unter 16 Jahren, auf 11 Stunden für Frauen und auf 12 Stunden für Männer begrenzt.

E10 Verbot der Kinderarbeit für Kinder unter 8 Jahren und Begrenzung der täglichen Dauer auf zwischen 8 und 12 Stunden für alle anderen. Dieses Gesetz markiert die Geburt des Arbeitsrechts.