Aus Politische Berichte Nr. 03/2019, S.16 • InhaltsverzeichnisPDFPB-Archiv

„Solidarität ist unteilbar“. Antirassismus-Konferenz

01 Einleitung

02 Bericht

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Einleitung

Christoph Cornides. Mit freundlicher Genehmigung einer der Mitautor*innen, der Bundestagsabgeordneten Gökay Akbulut, drucken wir nachfolgend den Bericht von Gökay Akbulut, Christine Buchholz, Ulla Jelpke, Martina Renner – alle Bundestagsabgeordnete DER Linken – über die Antirassismuskonferenz der Linksfraktion am 1. März 2019 in Berlin ab. Der Bericht ist an den Vorstand der Bundestagsfraktion der Linken und an den Arbeitskreis V (Arbeitskreis BürgerInnrechte und Demokratie) der Bundestagsfraktion gerichtet. Er verweist auch auf verschiedene weitere Aktivitäten der Bundestagsfraktion zu den Themenfeldern Internationalismus, Antirassismus, Antifaschismus, Menschen und BürgerInnrechte.

Die Autorinnen betonen die Bedeutung der unmittelbaren Zusammenarbeit mit den Organisationen und Initiativen der Geflüchteten, der Migrant*innen und auch mit Vertreter*innen verschiedener Religionsgemeinschaften. Sie alle „… brachten in der Debatte auch ihre Erwartungen an Die Linke im Bundestag zum Ausdruck, die sie als mögliche Bündnispartnerin bei diesem Thema sehen.“ Den Kurs der Zusammenarbeit mit muslimischen Organisationen verteidigen die Autorinnen ausdrücklich gegen Kritik aus der Organisation „Terre des Femmes“. Ebenso werden Störfeuer eines Journalisten der „Welt“, der „… versuchte mit dem Thema Antisemitismus in der Linken zu provozieren“, fortgesetzt in der Ausgabe die „Welt“ vom 2.3.2019, zurückgewiesen. Mit der Antirassismus-Konferenz „Solidarität ist unteilbar“ gelingt es der Bundestagsfraktion der Linken offensichtlich, den Kurs fortzusetzen, den sie mit der kritischen, aber klar positiven Aussage zum UN-Migrationspakt auch öffentlich wahrnehmbar eingeschlagen hat.

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Bericht an Fraktionsvorstand und Arbeitskreis BürgerInnrechte und Demokratie Gökay Akbulut, Christine Buchholz,Ulla Jelpke, Martina Renner

An der Konferenz „Solidarität ist unteilbar. Antirassismus-Konferenz der Linksfraktion“ am 1. März 2019 nahmen knapp 200 Menschen teil. Die Teilnehmenden kamen aus antirassistischen Initiativen und Beratungsstellen, aus Migrantenselbstorganisationen, aus Hochschulen, aus muslimischen und jüdischen Gemeinden, vom Zentralrat der Roma und Sinti, aus der Linken, von Behörden, aus Frauenorganisationen, von „Seawatch“, aus Bündnissen gegen Rechts oder Bündnispartnern des „Unteilbar“- oder des „Aufstehen-gegen-Rassismus“-Bündnisses.

Die Konferenz steht in der Tradition einer ganzen Reihe von Großveranstaltungen der Fraktion zum Themenfeld („Refugees welcome – Flüchtlinge willkommen“ Berlin 2015, „Welcome 2 stay“ Leipzig 2016), verortete sich in den antirassistischen und antifaschistischen Protesten des Jahres 2018 und bot eine Gelegenheit zum inhaltlichen Austausch.

Die Fraktion hatte mit Prof. Dr. Iman Attia von der Alice-Salomon-Hochschule in Berlin eine angesehene Wissenschaftlerin zum Einleitungsvortrag eingeladen. Verschiedene Vertreterinnen und Vertreter aus Organisationen sprachen über ihre Erfahrung mit unterschiedlichen Formen von Rassismus, über Rassismus gegen Schwarze und Geflüchtete, Antisemitismus, antimuslimischen Rassismus und Antiziganismus. Sie brachten in der Debatte auch ihre Erwartungen an Die Linke im Bundestag zum Ausdruck, die sie als mögliche Bündnispartnerin bei diesem Thema sehen.

Erstmals ist es der Linksfraktion gelungen, die gesamte Breite der migrantischen Selbstorganisationen und der von Rassismus und Antisemitismus betroffenen Gruppen einzuladen und damit auch unsere Wertschätzung für deren Arbeit in diesem Bereich zu dokumentieren. Auch von Seiten der Referent_innen wurde mehrfach auf die bemerkenswerte Zusammensetzung der Konferenz verwiesen, mit der sich die Fraktion als Bündnispartnerin im Themenfeld Antirassismus verankert hat und diese Gruppen nicht länger dem Umfeld der Grünen überlässt. Eine Referentin hob ausdrücklich hervor, wie angenehm es sei, zu einem Thema, das nicht ausdrücklich ein „Frauenthema“ sei, überwiegend von fachkundigen Frauen umgeben zu sein – auf die Auswahl weiblicher und nicht-weißer Gäste war in der Vorbereitungsgruppe besonders geachtet worden.

Es gab eine lebendige, sachliche und solidarische Debatte, bei der von den Referentinnen und auch aus dem Publikum Fragen, Anforderungen und Vorschläge an die Bundestagsfraktion gerichtet wurden: Es ging dabei um das Verhältnis von Rassismus und Kapitalismus, die Rolle von Trumps Rassismus, Rassismus als Spaltungsinstrument von oben oder die Forderung nach Empowerment-Räumen, bis hin zu Handlungsmöglichkeiten gegen Hatespeech und das Scheitern des Untersuchungsausschusses zu Oury-Jalloh im Landtag von Sachsen-Anhalt.

Im Vorfeld der Konferenz hatte es insbesondere von „Terre des Femmes“ Kritik an der Auswahl der muslimischen Referentinnen gegeben. Die beteiligten MdB hatten eine schriftliche Antwort auf diese Kritik vorbereitet, die sich im Anhang befindet und die auf der Konferenz verteilt wurde. Eine Vertreterin von „Terre des Femmes“ brachte in der Fragerunde diese Kritik noch einmal vor – und wurde daraufhin von der Hauptrednerin scharf zurückgewiesen („Terre des Femmes“ sei bekannt für ihre rassistischen Interventionen. Zum Hintergrund: progressive Kräfte haben dort im Vorstand die Mehrheiten verloren.)

Ein Journalist der „Welt“ versuchte mit dem Thema Antisemitismus in der Linken zu provozieren – doch auch das wurde vom Podium mit Hinweis auf das Thema des gemeinsamen Kampfes gegen Rassismus zurückgewiesen. Ohnehin bestand Gelegenheit, alle in der Auftaktveranstaltung aufgeworfenen Fragen in fachspezifischen Workshop zu diskutieren.

Die Teilnehmenden konnten in sieben Workshops mit jeweils zwei Referent_innen einen Aspekt/ bzw. ein Unterthema vertiefen. In der Schlussrunde zeigten die Berichte aus den Workshops die Bandbreite der Debatte von „Antirassismus und soziale Kämpfe“, „Rassistische Polizeigewalt und Widerstand“, „Antidiskriminierungsarbeit im Alltag“, „Feminismus und Rassismus“, „Rassismus und die europäische Rechte“, „Antimuslimischen Rassismus und Antisemitismus“ bis zu „Rassismus in den Medien“.

Die Konferenz steht in der linken Tradition der Antirassismus-Arbeit und nun im März auch in der Zeit der Internationalen Wochen gegen Rassismus, die bundesweit stattfinden. Als Linksfraktion wollen wir den Kampf gegen Rassismus und gegen die Rechte konstruktiv und bündnis-orientiert mitgestalten.

Schlussfolgerungen:

Zur Auswertung und Nutzung der Konferenz wollen wir

1. Ein zusammenfassenden Bericht mit Fotostrecke, eine inhäusig zu erstellende Dokumentation und den Mitschnitt des Auftaktpanels (Einleitungen MdB, Referat Prof. Dr. Iman Attia, erste Runde Podium) online stellen

2. 500 Exemplare der Dokumentation drucken lassen

3. Die Antwort an Terre des Femmes wird im Rahmen des Berichts veröffentlicht

Die Gründe für eine aus unserer Sicht mangelhafte öffentliche Begleitung der Konferenz durch die Fraktion (Werbung, Social Media, Twitter etc.) sollten im Rahmen des Fraktionsvorstandes noch einmal zum Thema werden. Hierzu zählt auch die nicht stattgefundene Umsetzung von beantragten und auch genehmigten Werbemaßnahmen im Vorfeld (Facebook-Anzeigen). Änderungen im Verlauf der Vorbereitungen einer Veranstaltung in dieser Größenordnung sind nicht ungewöhnlich, dennoch ist fraglich, warum die beteiligten OrganisatorInnen über solche Änderungswünsche und /oder Einschränkungen durch den Vorstand nicht benachrichtigt wurden.

Die junge Welt hat die Konferenz gut zusammengefasst: www.jungewelt.de/artikel/350284.auf-spurensuche.html

Mit solidarischen Grüßen

Gökay Akbulut, Christine Buchholz,

Ulla Jelpke, Martina Renner

Abb. (PDF): Antirassismus-Konferenz Berlin, Bilder: Christian Ratz in Kommunalinfo Mannheim, https://kommunalinfo-mannheim.de/2019/03/05/antirassismus-konferenz, weitere Berichte und Fotos s. dort