Aus Politische Berichte Nr. 05/2019, S.12 • InhaltsverzeichnisPDFPB-Archiv

Dok: Kommunale Politik- Ulli Jäckel, Hamburg – Thema: Kommunalfinanzen

01 Städte schlagen Alarm wegen Altschulden in Milliardenhöhe

02 Deutscher Städtetag zur Statistik Kommunalfinanzen 2018

03 Deutscher Landkreistag stellt gemeinsam mit Ministerpräsident Haseloff Eckpunkte für gerechtere Steuerverteilung mit dem Ziel gleichwertiger Lebensverhältnisse vor

04 Forderungen zur Grundsteuerreform

05 Grundsteuer darf nicht länger auf Mieterinnen und Mieter umgelegt werden!

06 Grundsteuerreform: Bayerische Verfassung als Vorbild für Hamburg.

07 Deutscher Städtetag sagt aufkommensneutrale Grundsteuerreform zu

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Städte schlagen Alarm wegen Altschulden in Milliardenhöhe: Berlin. Statement von Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, zu Altschulden der Kommunen gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Der Deutsche Städtetag mahnt bei Bund und Ländern dringend Lösungen für das Problem kommunaler Altschulden an. Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, sagte mit Blick auf die laufenden Verhandlung in der Kommission Gleichwertige Lebensverhältnisse: „Wir brauchen endlich Hilfen für Städte mit drückenden Altschulden, damit sie wieder handlungsfähig werden. Denn alle Städte wollen für ihre Bürgerinnen und Bürger lebenswert sein und ihnen langfristig eine Heimat bieten, in der es sich zu leben lohnt. Ein wichtiger Indikator für das Altschuldenproblem sind die Kassenkredite, mit denen Kommunen laufende Ausgaben bestreiten müssen. Sie summieren sich auf rund 48 Milliarden Euro und lassen sich von den betroffenen Städten trotz gestiegener Steuereinnahmen nicht allein aus eigener Kraft abbauen. Deshalb müssen Bund und Länder handeln und zu Lösungen für das Problem kommunaler Altschulden kommen. Dafür muss die Kommission Gleichwertige Lebensverhältnisse des Bundes zusammen mit Ländern und Kommunen konkrete Ergebnisse liefern. Strukturschwache Städte und Regionen brauchen zielgenaue Hilfen und die Kommunen sind bereit, auch selbst mitzuwirken. Eine direkte Lösung für das Altschuldenproblem kann darin bestehen, dass der Bund die betroffenen Länder bei Entschuldungs- und Konsolidierungsprogrammen unterstützt. Oder der Bund hilft den Kommunen indirekt, indem er sie dauerhaft bei den Sozialausgaben entlastet. Dafür wäre eine höhere Bundesbeteiligung an den Unterkunftskosten für Langzeitarbeitslose ein guter Weg. Das würde die Kommunen in die Lage versetzen, ihre Altschulden zu reduzieren. Dass der Bund sich an einer Lösung beteiligen muss, steht für die Städte außer Frage. Die vom Bund mit verantworteten Sozialleistungen haben schließlich hohe kommunale Sozialausgaben verursacht. Damit wurden strukturschwache Städte überfordert und daraus sind Altschulden entstanden. Die Länder sind natürlich gegenüber ihren Kommunen ebenfalls in der Pflicht. Damit das Problem gelöst werden kann, sind alle gefordert: der Bund, die jeweiligen Länder und auch die betroffenen Kommunen. Hilfen gegen das Altschuldenproblem fördern gleichwertige Lebensverhältnisse: Sie fördern damit auch gleiche Zukunftschancen für alle Menschen. Dabei geht es um gute Bildung, soziale Teilhabe und um Leistungen der Daseinsvorsorge, die die Kommunen vor Ort erbringen.“

http://www.staedtetag.de

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Deutscher Städtetag zur Statistik Kommunalfinanzen 2018: Berlin. Finanzlage insgesamt sehr positiv – Unterschiede zwischen strukturschwachen und wirtschaftsstarken Städten und Regionen bleiben problematisch. Die vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten Zahlen zu den Kommunalfinanzen sind für den Deutschen Städtetag Ausdruck der bislang noch positiven Wirtschaftslage. Die Überschüsse belegen, dass die Kommunen auch im vergangenen Jahr mit den Mitteln für ihre Bürgerinnen und Bürger verantwortungsvoll gewirtschaftet und kurzfristige Ausgabensteigerungen weitgehend vermieden haben. Der Präsident des Deutschen Städtetages, Oberbürgermeister Markus Lewe, erklärte zu den aktuellen Zahlen: „Die Städte freuen sich über gute Wirtschaftsdaten und Steuereinnahmen sowie die damit verbundenen Investitionschancen. Besonders erfreulich ist der deutliche Anstieg der Investitionen in der Gesamtheit der Kommunen um 12,9 Prozent. Ein genauerer Blick auf die kommunale Finanzlage zeigt gleichzeitig, dass die lange schon viel zu großen Unterschiede zwischen finanzstarken und strukturschwachen Städten und Regionen bestehen bleiben. Strukturschwäche führt zu wachsenden Ungleichgewichten, etwa auf dem regionalen Arbeitsmarkt oder bei kommunalen Leistungen. Wir erwarten deshalb von der Bundesregierung Maßnahmen gegen das weitere Auseinanderdriften von armen und reichen Kommunen und Regionen. Solange die Einnahmen gut sind, sollten Bund und Länder die Chance nutzen, um finanzschwache Kommunen zu stärken und dadurch gleichwertige Lebensverhältnisse zu fördern.“ Beispielsweise lagen die Investitionen im Jahr 2018 in Bayern und Baden-Württemberg bei über 500 Euro je Einwohner und im Saarland und in Nordrhein-Westfalen bei deutlich unter 300 Euro je Einwohner. Das zeigt, wie unterschiedlich die Verhältnisse in den Kommunen in verschiedenen Ländern sind. Regionale Unterschiede sind in einem föderalen Staat normal und spiegeln letztlich die Vielfalt der Städte und Regionen. Wenn allerdings Zukunftschancen der Menschen in Deutschland etwa auf dem Arbeitsmarkt oder bei der Bildung davon abhängen, in welcher Region jemand lebt, muss gehandelt werden. „Mit der Kommission ‚Gleichwertige Lebensverhältnisse‘ hat die Bundesregierung einen richtigen Schritt getan, um konkrete Lösungen für strukturschwache Regionen zu entwickeln. Bund und Länder müssen jetzt allerdings Hand in Hand arbeiten und vorzeigbare Ergebnisse vorlegen, damit geweckte Erwartungen auch erfüllt werden“, so Städtetagspräsident Markus Lewe.

http://www.staedtetag.de

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Deutscher Landkreistag stellt gemeinsam mit Ministerpräsident Haseloff Eckpunkte für gerechtere Steuerverteilung mit dem Ziel gleichwertiger Lebensverhältnisse vor: Neuhardenberg. Der Deutsche Landkreistag hat im brandenburgischen Neuhardenberg gemeinsam mit dem Land Sachsen-Anhalt Eckpunkte für eine gerechtere Steuerverteilung zwischen den Kommunen vorgestellt. Hauptgeschäftsführer Prof. Dr. Hans-Günter Henneke sagte: „Gleichwertige Lebensverhältnisse haben ganz grundlegend etwas mit finanziellen Gestaltungsmöglichkeiten zu tun. Hier hat gerade der Osten des Landes weiterhin Unterstützungsbedarf. Daher leisten wir mit unseren Ideen einen Beitrag dazu, dass das Gefälle zwischen den Kommunen nicht weiter zunimmt, sondern geringer wird. Kern unseres Vorschlags ist, den auszubauenden kommunalen Anteil an der Umsatzsteuer zu einem Teil nicht nach Wirtschaftskraft, sondern nach Einwohnern zu verteilen.“ Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff schlug darüber hinaus zur Gewerbesteuer vor: „Unternehmen, die in den ostdeutschen Ländern ihr Geld verdienen, sollen auch hier ihre Gewerbesteuern bezahlen.“ Kommunen im Osten fehlten Steuereinnahmen, weil die Konzerne sie lediglich am Sitz der Zentrale in Westdeutschland entrichteten. „Ostdeutschland ist keine verlängerte Werkbank, sondern verfügt über nicht zu unterschätzende wirtschaftliche Potenziale.“ Henneke erläuterte seinen Vorschlag: „Wesentlich ist, dass sich eine Neuverteilung des kommunalen Umsatzsteueranteils auf einen zusätzlichen Teil der Steuermittel bezieht. Nimmt man beispielsweise die über die Umsatzsteuer zu verteilenden 2,4 Mrd. € aus dem 5-Mrd.-Paket zur Entlastung der Kommunen, würde der Osten hiervon profitieren.“ Für die Kommunen in den ostdeutschen Ländern ergäben sich daraus Mehreinnahmen gegenüber dem bisherigen Verteilungsschlüssel von 84 Mio. € im Vergleich zum Status quo. „Dies wäre auch das Modell für eine künftige, darüber hinausgehende Stärkung der kommunalen Steuerbasis über die Umsatzsteuer. In der landesinternen Verteilung zwischen den Kommunen würden insbesondere die wirtschaftsschwächeren Kommunen profitieren und nachhaltig gestärkt werden.“ (…)

https://www.landkreistag.de

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Forderungen zur Grundsteuerreform: Zur Debatte um die Reform der Grundsteuer erklärt die Vorsitzende des Kommunalpolitischen Forum MV e.V., Jeannine Rösler: „Das Bundesverfassungsgericht hatte die Verfassungswidrigkeit der Grundsteuer festgestellt, weil die ihr zu Grunde liegenden Einheitswerte die wirklichen Wertverhältnisse und Wertabstände von Grundvermögen nicht bzw. falsch darstellte. Eine Diskussion darüber, den Wert der Grundstücke und Immobilien im Besteuerungsverfahren völlig außer Acht zu lassen, ist weder zielführend noch gerecht. Es macht einen Unterschied, ob das Grundstück im Speckgürtel von München oder in Vorpommern liegt. Es macht einen Unterschied, ob es ein Einfamilienhaus, Mietshaus oder eine noble Villa ist. Diese Unterschiede bei der Wertermittlung und der Höhe der Grundsteuer müssen berücksichtigt werden, wenn es um Steuergerechtigkeit gehen soll. Die Städte und Gemeinden entscheiden mit den Hebesätzen über die Höhe der Grundsteuer. Dieser Entscheidungsspielraum über die Bemessungsgrundlage darf nicht eingeschränkt werden. Für das Besteuerungsverfahren braucht es an die Realität anknüpfende Werte.

Wir fordern: • Die Grundsteuer fristgerecht zu reformieren und Kommunen vor Steuerausfällen zu schützen. • Mieter*innen zu entlasten, indem die Umlagefähigkeit der Grundsteuer auf Mieter*innen abgeschafft wird und differenzierte Steuermesszahlen zur Förderung der Wohnbebauung genutzt werden. • Den Verkehrswert von Grundstücken und Gebäuden als Grundlage der Grundsteuer beizubehalten. • Grundstücksspekulationen durch stärkere Belastung baureifer, aber unbebauter Grundstücke zu bekämpfen. • Wohnungsgenossenschaften und andere gemeinwohlorientierte Wohnungsunternehmen und -träger von der Grundsteuer zu entlasten.“

http://www.kf-mv.de

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Grundsteuer darf nicht länger auf Mieterinnen und Mieter umgelegt werden! Zur aktuellen Debatte um die Grundsteuerreform erklärt die Linke-Kreissprecherin und Münchner Bundestagsabgeordnete Nicole Gohlke: „Die Forderung von Sozialreferentin Schiwy nach einer Grundsteuerreform, in der die Grundsteuer nicht mehr auf die Mieter umgelegt werden kann, ist richtig. Es ist zu erwarten, dass durch die Reform der Grundsteuer das Wohnen in den Städten noch teurer wird als es heute ohnehin schon ist. Durch die Umlagefähigkeit der Grundsteuer auf die Betriebskosten werden die Warmmieten in München durch die Reform noch mehr ansteigen. Die Mieterinnen und Mieter dürfen nicht die Verlierer der Grundsteuerreform werden. Daher muss die Grundsteuer zukünftig alleine von den Immobilienbesitzern getragen werden. Gerade in den Ballungsgebieten schöpfen viele, vor allem profitorientierte private Wohnungsgesellschaften, das gesetzlich maximal Zulässige an Mieterhöhungen aus. Ein Wegfall der Umlagefähigkeit der Grundsteuer würde die Mieterinnern und Mieter direkt entlasten. Meine Fraktion im Deutschen Bundestag hat dazu bereits im März einen entsprechenden Antrag eingebracht. Ich freue mich, dass unsere Forderung auch in den Reihen der SPD immer mehr Unterstützerinnen und Unterstützer findet.“

http://www.dielinke-muc.de/

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Grundsteuerreform: Bayerische Verfassung als Vorbild für Hamburg. Die Bürgerschaft diskutiert heute in einer Aktuellen Stunde die Reform der Grundsteuer. Dazu Norbert Hackbusch, finanzpolitischer Sprecher der Fraktion Die Linke in der Hamburgischen Bürgerschaft: „Die Neuordnung der Grundsteuer ist unbedingt notwendig, da sonst die Gefahr existiert, dass sie – analog zur Vermögenssteuer – ganz wegfällt. Sie sollte allerdings auch mit der Abschaffung der Abrechnung der Kosten über die Nebenkosten auf die Mieter_innen verbunden werden. Es gibt keinen Grund dafür, dass die Mieter_innen diese Kosten tragen und die Profiteur_innen von der Bodenpreissteigerung sich an den Kosten nicht beteiligen.“ Die stark steigenden Bodenkosten und die unverdienten Steigerungswerte stellen eine der großen Herausforderungen der städtischen Wohnungspolitik dar, meint Hackbusch. „Im Grundsatz sollte die Bayerische Verfassung erreicht werden: Dort liest man in Art. 161, Abs. 2: ‚Steigerungen des Bodenwertes, die ohne besonderen Arbeits- oder Kapitalaufwand des Eigentümers entstehen, sind für die Allgemeinheit nutzbar zu machen.‘“

https://www.linksfraktion-hamburg.de

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Deutscher Städtetag sagt aufkommensneutrale Grundsteuerreform zu: Berlin. Der Deutsche Städtetag weist Spekulationen zurück, die Kommunen könnten die Reform der Grundsteuer für drastische Steuererhöhungen nutzen. „Die Kommunen werden ihre Hebesätze so verändern, dass etwa die heutigen Einnahmen erreicht werden“, sagte Verena Göppert, stellvertretende Hauptgeschäftsführerin des Städtetages, der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. „Sie wollen die Reform nicht dazu benutzen, ihre Haushalte zu sanieren.“ Hintergrund sind Beispielrechnungen des Eigentümerverbands Haus&Grund, wonach es nach den Plänen von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) zur neuen Grundsteuer in bestimmten Fällen zu drastischen Steuererhöhungen kommen kann. Göppert sagte, die Beispielrechnungen hätten zwei große Schwächen: „Sie betrachten vor allem außergewöhnliche Fälle, in denen die Grundsteuer aufgrund der veralteten Grundstückswerte bisher sehr niedrig war. Außerdem berücksichtigen diese Zahlen nicht die künftigen Hebesätze der Kommunen, die in vielen Fällen neu festgelegt werden.“ Die Beispiele bildeten daher keinesfalls realistisch ab, wie sich der durchschnittliche Grundsteuer-Betrag für Menschen mit Eigenheim oder für Mieterinnen und Mieter entwickeln werde. Das Bundesverfassungsgericht hatte wegen völlig veralteter Bemessungsgrundlagen eine Neuregelung der Grundsteuer bis Ende 2019 verlangt. Aktuell werden noch Grundstückswerte von 1935 in Ostdeutschland und von 1964 in Westdeutschland genutzt. Die Grundstücke sollen nun zum 1. Januar 2022 neu bewertet werden, danach alle sieben Jahre. Dabei sollen vor allem der Wert des Bodens und die durchschnittliche Miete eine Rolle spielen. Damit diese erste Neubewertung nach Jahrzehnten nicht zu massiven Anstiegen bei der Steuer führt, will Scholz die sogenannte Steuermesszahl massiv senken. Außerdem geht Scholz davon aus, dass die Kommunen einen weiteren Berechnungsfaktor senken, den Hebesatz. Auf diese Weise soll es unterm Strich insgesamt keine großen Mehrbelastungen von Mietern und Hausbesitzern geben. Die Grundsteuer ist mit Einnahmen von rund 14 Milliarden Euro pro Jahr eine der wichtigsten Einnahmequellen für die Kommunen. „Die Städte haben frühzeitig erklärt, dass die Reform der Grundsteuer aufkommensneutral sein soll“, sagte Göppert. „Hier gibt es eine gemeinsame Linie von Bund, Ländern und Kommunen.“ Es gehe darum, das Volumen der Grundsteuer durch die Reform auch in Zukunft zu sichern. Die Kommunen bräuchten das Aufkommen auch nach der Reform, um Teile ihrer Infrastruktur für die Bürger zu finanzieren, zum Beispiel Schulen und Schwimmbäder. Die alte Grundsteuer beruhe auf völlig veralteten Grundstückswerten. „Deshalb ist es nicht verwunderlich, wenn der einzelne Steuerbescheid nach einer Reform mal niedriger oder höher ausfallen kann. Insgesamt aber geht es nicht um eine höhere Grundsteuer, sondern um mehr Steuergerechtigkeit.“

http://www.staedtetag.de