Aus Politische Berichte Nr. 05/2019, S.14 • InhaltsverzeichnisPDFPB-Archiv

Klasse Tarifabschluss bei der Berliner Verkehrsgesellschaft

Rüdiger Lötzer, Berlin

Nach drei massiven Streiktagen, die zum Teil den öffentlichen Nahverkehr in ganz Berlin – mit Ausnahme der S-Bahn, die im Besitz der Bahn-AG ist – lahmgelegt hatten, haben die 14.500 Beschäftigten der Berliner Verkehrsgesellschaft im April einen Tarifabschluss mit bundesweiter Signalwirkung erreicht. Rückwirkend zum 1.1.2019 bekommen alle Beschäftigten 8 % mehr Geld, mindestens 350 Euro. Das Weihnachtsgeld steigt für alle um 200 Euro. Der Tarifabschluss läuft bis 31.12.2020, also über zwei Jahre. Zusätzlich gibt es Änderungen bei der Eingruppierung und im Manteltarif. Das Entgelt von Busfahrern – der größten Beschäftigtengruppe bei der BVG – steigt damit monatlich um 414 Euro, das ist ein Plus von 19 %. In der untersten Entgeltgruppe beträgt der Anstieg sogar 21 %. Ein U-Bahnfahrer, der bisher nach 10 Jahren 2.270 Euro brutto Verdiente, bekommt nun 2.685 Euro im Monat, also 415 Euro mehr. Nur die Forderung nach Arbeitszeitverkürzung – Verdi hatte eine Verringerung der wöchentlichen Arbeitszeit von 39 auf 36,5 Stunden gefordert – konnte nicht durchgesetzt werden. Die Arbeitgeberseite argumentierte, sie könne ohnehin nicht alle offenen Stellen besetzen. Mit einer Arbeitszeitverkürzung werde ein zusätzlicher Stellenaufbau erforderlich, der nicht realisierbar sei. Nun können die freien Stellen bei der BVG vermutlich rasch besetzt werden. Bisher waren die Entgelte der BVG – eine Folge der Lohnsenkungen unter Finanzsenator Sarrazin Anfang der 2000er Jahre – bundesweit Schlusslicht unter den öffentlichen Verkehrsbetrieben. Mit diesem Tarifabschluss steigen die Entgelte der BVG bundesweit in die Spitzengruppe auf. Nur in NRW und Bayern wird nach Verdi-Angaben noch mehr gezahlt. „Der Fall BVG wird Strahlkraft haben“, heißt es in den Medien und von der Arbeitgeberseite. In der Tat: den Beschäftigten bei der BVG und ihrer Gewerkschaft Verdi ist mit diesem Abschluss ein bedeutender Schritt zur Eindämmung des Niedriglohnsektors gelungen. Auch in Berlin ist der Fachkräftemangel inzwischen in allen Branchen ein brennendes Thema für die Arbeitgeber geworden. Das verbessert die Position der Beschäftigten – zumal dann, wenn sie wie bei der BVG gewerkschaftlich gut organisiert sind, und wenn sie außerdem auf die in Zuzugsgebieten wie Berlin massiv steigenden Mieten und damit steigenden Lebenshaltungskosten hinweisen können.

Quellen: Welt, RBB24, Tagesspiegel, BZ, 5.4.2019