Aus Politische Berichte Nr. 05/2019, S.18 • InhaltsverzeichnisPDFPB-Archiv

Ausbildung – Enthemmung – Verbrechen Die Polizeischule in Fürstenfeldbruck im Nationalsozialismus

Jürgen Fischer, München

Bis zum 7. Juli 2019 wird dem Besucher des Museums Fürstenfeldbruck die Geschichte der dortigen ehemaligen NS-Polizeischule nähergebracht. Der zeitliche Bezugsrahmen setzt bei der Gründung der Einrichtung 1924 als Gendarmerie- und Polizeischule an, legt den Schwerpunkt auf den Hitlerfaschismus – weitgehend unter der Hoheit der SS – und wirkt in einem Teilbereich bis weit in die Nachkriegszeit nach. Ausdrucksstarke Bilder des Fürstenfeldbrucker Künstlers Guido Zingerl setzen zwischen den Stellwänden zusätzliche Akzente.

Dem polizeilichen Wüten und Morden durch die nationalsozialistischen Herrenmenschen in den überfallenen Ländern wird in der Ausstellung anschaulich und umfangreich nachgegangen. Man erfährt auch, wie engmaschig der Zusammenhang von SS und Polizei geknüpft war. Vermutlich war das im Ort bekannt. Denn das Museum beschreibt das Verhältnis der Polizeischüler zur ortsansässigen katholisch geprägten Bevölkerung als spannungsgeladen.

„Knapp 1.700 Polizeioffiziere durchliefen zwischen 1937 und 1945 in Fürstenfeldbruck die angebotenen Lehrgänge. Ein Ausbildungsschwerpunkt war „Partisanenbekämpfung und Bandenkrieg“. Verbände unter dem Kommando von den in Fürstenfeldbruck ausgebildeten Polizeioffizieren begingen im Zweiten Weltkrieg grauenhafte Verbrechen. Sie waren beteiligt an Massenerschießungen und Deportationen von Juden in die Vernichtungslager sowie der Liquidation von Dörfern in den besetzten Ostgebieten“, schreiben die Veranstalter in einer einführenden Information. Polizeioffiziere aus der Schule in Fürstenfeld waren an der Ermordung der jüdischen Bevölkerung, etwa in Babi Jar, sowie der Niederschlagung des Warschauer Aufstandes beteiligt.* Ein Dokumentarfilm lässt Zeitzeugen von Deportationen zu Wort kommen.

Die Darstellung theoretischer Ausbildungsinhalte und deren Vermittlung bleibt leider weitgehend auf der Strecke, und damit auch der Vergleich mit dem Unterrichtsstoff der Nachkriegszeit. Man erfährt jedoch viel über personelle Kontinuität und den jahrzehntelang fehlenden Willen der Herrschenden in Westdeutschland, sich in der Polizeiausbildung von der Nazivergangenheit scharf abzugrenzen – und nicht nur davon. Das dauerte bis in die Siebzigerjahre hinein an. Selbst dann erfolgte die Kursänderung nur unter dem gesellschaftlichen Druck, den Hitlerfaschismus aufarbeiten zu müssen. Das hat so mancher Nazikarriere trotzdem nicht geschadet. Auch das wird aufgegriffen.

Schade ist der weitgehend nur auf die Bestialität des Nationalsozialismus eingeengte Blick dieser sonst so verdienstvollen Ausstellung. Dabei wird schnell übersehen, dass jede gesellschaftliche Auswirkung und Erscheinungsform eine Ursache jenseits persönlicher Urheberschaft hat. Das trifft auch auf den Faschismus zu. Es ist und bleibt die Aufgabe der Linken – nicht nur der Partei –, für Zustände einzutreten, die dem in der Ausstellung Gezeigten die Grundlage entziehen. Gut und hilfreich ist alleine schon, dass die Ausstellung stattfindet. Ein Besuch lohnt sich unbedingt.

Das Museum befindet sich im damals bereits säkularisierten Kloster von Fürstenfeldbruck. Es beherbergte auch die Polizeischule. Heute befindet sich dort die Hochschule der bayerischen Polizei. Dem haftet etwas Ungutes an. Deshalb ist der Ort auch richtig gewählt.

*Süddeutsche Zeitung SZ.de, 28.3.2019

Adresse: Museum Fürstenfeldbruck im Kloster Fürstenfeldbruck, Fürstenfeld 6

Öffnungszeiten: Di bis Sa 13 bis 17 Uhr/ So und Feiertage 11 bis 17 Uhr. Parallel zur Ausstellung liegt ein umfangreicher Begleitband auf: Sven Deppisch – Täter auf der Schulbank, ISBN 978-3-8288-4050-8, 676 Seiten, 39,95 EURO

Abb (PDF): Marsch einer Hundertschaft der Polizeischule durch Fürstenfeldbruck (1940). Abb.: https://www.museumffb.de/ffb-museum/web.nsf/id/pa_de_startseite.html