Politische Berichte Nr. 3/2021 (PDF)18
Gerkschaften – Soziale Bewegungen

Bericht des Europäischen Parlaments zu Asbest Arbeitsschutz als Grundrecht verankern! Gemeinsame Erklärung der Verbände der Bauunternehmer (FIEC) und der Baugewerkschaften (EFBH) in Europa

Bericht des Europäischen Parlaments zu Asbest

Das generelle Verbot der Nutzung von Asbest oder asbesthaltigen Produkten gilt in Europa seit 2005. Gleichwohl ist Asbest in großen Teilen des Gebäudebestandes und in vielen Elementen der Infrastruktur immer noch vorhanden. Schätzungen gehen davon aus, dass aktuell ca. 30 bis 60 000 Menschen jährlich in Europa an den Folgen von asbestbedingten Krankheiten versterben. Bei Latenzzeiten von bis zu 40 Jahren kann davon ausgegangen werden, dass die Zahlen noch über mehrere Dekaden in dieser Höhe verbleiben und dass verbauter Asbest weiterhin eine potentielle Quelle für Expositionen und Erkrankungen in hoher Zahl ist.

Rolf Gehring, Brüssel

Wir hatten in den Politischen Berichten verschiedentlich über die Asbest-Kampagne der Europäischen Föderation der Bau- und Holzarbeiter (EFBH) berichtet, in deren Zentrum die Idee eines europäischen und nationalen Asbestbeseitigungsprogramms steht als auch die bessere Ausbildung von Beschäftigten, die mit Asbest arbeiten, eine Absenkung des Arbeitsplatzgrenzwertes, eine Anerkennung aller asbestbedingten Erkrankungen oder eine bessere Unterstützung der Opfer. Nun diskutiert der Beschäftigungsausschuss des Europäischen Parlaments erneut einen Bericht zu Asbest,1 nachdem er bereits 2013 einen solchen verabschiedet hatte, der bereits viele Forderungen der EFBH-Kampagne aufgenommen hatte.

Im Zentrum des Berichtes steht ein Vorschlag zur Überarbeitung der Richtlinie zum Schutz der Arbeitnehmer vor den Gefährdungen durch Asbest (83/447/EWG),2 die 1983 verabschiedet und seither mehrfach revidiert wurde. Darin wird unter anderem eine Absenkung des europäischen Arbeitsplatzgrenzwertes von derzeit 100 000 auf 1 000 Fasern pro Kubikmeter gefordert.

Ebenso wird eine konkretere Ausformulierung der Qualifikationsinhalte gefordert a) für Arbeitnehmer, die professionell mit Asbest arbeiten und b) für die Beschäftigtengruppen, die unbeabsichtigt mit Asbestexpositionen konfrontiert werden können.

Von Belang ist aber auch, dass der Beschäftigungsausschuss im Parlament einen breiten Ansatz gewählt hat. Das bedeutet, dass nicht nur die genannte Arbeitsschutzrichtlinie in dem Bericht verhandelt wird, sondern auch andere Politikbereiche, die vermittelt mit der Asbestproblematik zu tun haben. In den Erläuterungen wird unter 1. darauf hingewiesen, „dass die sichere Entfernung von Asbest in unmittelbarem Zusammenhang mit den folgenden aktuellen und künftigen politischen Initiativen der Union steht: dem neuen Rahmen der Union für Gesundheit und Sicherheit, dem Grünen Deal mit der Renovierungswelle, NextGenerationEU und dem mehrjährigen Finanzrahmen, dem europäischen Plan zur Krebsbekämpfung, der EU-Abfallstrategie und dem Paket zur Kreislaufwirtschaft“. Der Bericht macht dann konkrete Vorschläge unter anderem zu dem europäischen Plan zur Bekämpfung von Krebs in der Gesellschaft; er befasst sich mit der Renovierungswelle zur energetischen Gebäudesanierung; macht konkrete Vorschläge zu (asbestbedingten) Berufskrankheiten und zur allgemeinen Erleichterung bei den Verfahren zur Anerkennung von Berufskrankheiten und zu einer notwendigen Registrierung von Asbestquellen in Gebäuden und Infrastruktur.

Der vom dänischen MEP Nikolaj Villumsen (GUE/NGL) vorgelegte Entwurf wird derzeit im Beschäftigungsausschuss beraten. Es sind 208 Änderungsanträge eingegangen. Man kann sagen, dass die Gesamtheit der Änderungsanträge zwar hier und da die Vorschläge des Berichtes abschwächen, hier und da aber auch nützliche Konkretisierungen vorschlagen. Es wird wohl, wie schon 2013, eine sehr breite Mehrheit für den Bericht votieren. Interessant wird dann die Reaktion der Europäischen Kommission sein. Frau von der Leyen hatte sich in ihrer Bewerbungsrede vor dem EP deutlich zu dessen Stärkung innerhalb der politischen und der Rechtsetzungsprozesse auf EU-Ebene bekannt; dabei auch angekündigt, dass Legislativvorschläge des Parlamentes von der Kommission übernommen würden. Der Bericht zu Asbest dürfte diesbezüglich einer der ersten Lackmustests werden.

1 https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/EMPL-PR-689800_DE.pdf

2 https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32009L0148&from=EN

Abb. 1: https://de.wikipedia.org/wiki/Asbest#/media/Datei:Wellasbestdach-233-3358_IMG.JPG. Harald Weber Hawedi – Archiv Harald Weber / harald-weber.info

Abb. 2: EFBH Rundschreiben, https://www.efbww.eu/stream/a9b31aaa-49df-48b7-a65b-4b899b870732

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