Politische Berichte Nr.5/2022 (PDF)27
Ankündigungen, Diskussion, Dokumentation

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Deutsche Militärpräsenz im Indopazifik nimmt zu

Michael Juretzek, BREMEN

„Nie zuvor hatte es sowas seit Bestehen der Bundeswehr gegeben“, schreibt die Interessengemeinschaft Deutsche Luftwaffe e.V. Anfang September. Unter der Überschrift „In 20 Stunden ans andere Ende der Welt“ präzisiert sie: „Zum ersten Mal in ihrer Geschichte verlegte die Luftwaffe einen Verbund aus Kampf-, Tank- und Transportflugzeugen in den indopazifischen Raum.“ 1 Am 15. August begann die Verlegung von sechs Mehrzweckkampfflugzeugen Eurofighter Typhoon (Stückpreis 85 Millionen Euro) der Luftwaffe von Neuburg an der Donau zunächst nach Singapur. Ziel: Innerhalb von 24 Stunden sollte die Strecke von 12800 Kilometer bewältigt werden. Name der Übung Rapid Pacific – „Schneller Pacific“. Pilotenwechsel in Abu Dhabi und mehr als zehnfache Luftbetankung durch die begleitenden drei Tankflugzeuge A 330 MRTT. Nach 20 Stunden, 22 Minuten und 3 Sekunden wurde stolz berichtet: „Es ist nicht bekannt, dass so etwas jemals eine Luftwaffe versucht, geschweige denn geschafft hat.“ (idlw.de) Von Singapur ging es weiter nach Australien zu der alle zwei Jahre stattfinden Luftwaffenübung Pitch Black – „Stockdunkel“. Die deutsche Luftwaffe nahm zum ersten Mal an den Luftwaffenmanövern teil. Zusammen mit den sechs Eurofightern und drei Tankflugzeugen waren vier Militärtransporter A 400 M und 250 Einsatzkräfte vor Ort. 17 Staaten mit über 100 Kampfflugzeugen nahmen an der zweiwöchigen Übung teil, erstmals neben der deutschen auch die japanische und südkoreanische Luftwaffe. „Die Übung konzentrierte sich auf die taktische Durchführung von Offensivoperationen zur Bekämpfung von Luft- und Landstreitkräften in einem multinationalen Koalitionsumfeld, um die Interoperabilität zwischen den Streitkräften der USA, Australiens, Kanadas, Frankreichs, Deutschlands, Indiens, Indonesiens, Japans, Malaysias, der Niederlande, Neuseelands, der Philippinen, Südkoreas, Singapurs, Thailands, der Vereinigten Arabischen Emirate und des Vereinigten Königreichs zu verbessern“, erklärt die Royal Australien Air Force in einem Abschlussbericht und zitiert den US-General Ken Wilsbach, Kommandeur der Luftstreitkräfte im Indopazifischen Kommando: „Das Ziel der Vereinigten Staaten ist ein freier und offener Indopazifik für alle Nationen in dieser Region. Der Hauptgedanke hinter unserer Strategie im Indopazifik, insbesondere der PACAF (Pazifische Luftstreitkräfte), ist die Zusammenarbeit von Verbündeten und Partnern, und Pitch Black ist ein perfekter Ort für unsere Luftstreitkräfte, um gemeinsam zu trainieren und interoperabel zu werden.“2 „Hintergrund dieser außenpolitischen Aktivitäten sind die Indo-Pazifik-Leitlinien der Regierung“, schreibt das Bundeswehr Journal zu Pitch Black 2022 im November 2021. Das Üben und die Durchführung von Offensivoperationen zur Bekämpfung von Luft- und Seestreitkräften und die Einbindung in die US-Indopazifik-Strategie geht allerdings über die im September 2020 beschlossenen Leitlinien hinaus. Darin heißt es im Kapitel „Frieden, Sicherheit und Stabilität fördern“:

„Deutschland ist 2020 dem Vertrag über Freundschaft und Zusammenarbeit in Südostasien von 1976 (Treaty of Amity and Cooperation in Southeast Asia) beigetreten. Damit hat sich die Bundesregierung zu einer friedlichen Konfliktlösung und dem Dialog in Südostasien verpflichtet.“ Einhaltung des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen, Kampf gegen Piraterie, Teilnahme von Beobachtern bei regionalen Marineübungen, Exportkontrolle konventioneller Rüstungsgüter und eine ASEAN-zentrierte Sicherheitsarchitektur werden als Schwerpunkte genannt. (S. 35–39) Wie zu diesen Zielen Kampfjets mit maximal zwölf Luft-Luft-Raketen, zwei Luft-Boden Marschflugkörpern, Luft-Schiff-Lenkflugkörper und Luft-Boden Freifallmunition passen, bleibt offen.

„Ein erster Schritt zu mehr deutscher militärischer Präsenz im indo-pazifischen Raum war die Entsendung der Fregatte ,Bayern‘“, heißt es auf der Internetseite der Luftwaffe zu Rapid Pacific 2022 und weiter: „Mit Rapid Pacific und der Teilnahme an den Übungen demonstriert die Bundeswehr nun mit der Luftwaffe erneut ihre Bündnisfähigkeit im Indopazifik und ihre Einsatzbereitschaft“, und zitiert Verteidigungsministerin Lambrecht, „dass wir Sicherheit auch über Europa hinaus denken“.3 Beruhigend soll da wohl der Hinweis wirken, dass Luftwaffenchef Gerhatz auf seinem abschließenden Eurofighter-Flug nach Japan nicht die Straße von Taiwan passiert. Sie liegt gar nicht auf dem Weg.

1 https://www.idlw.de/in-20-stunden-ans-andere-ende-der-welt 2 https://www.spangdahlem.af.mil/News/Article/3155660/pitch-black-2022-concludes-international-interoperability-exercise/ 3 https://www.bundeswehr.de/de/organisation/luftwaffe/team-luftwaffe-auf-uebung/rapid-pacific-2022)

Abb. (PDF): ARD tagesthemen 21:45 Uhr, 19.8.2022: Luftwaffe verlegt Eurofighter für internationale Militärübungen in den Indo-Pazifik