Politische Berichte Nr.3/2023 (PDF)25b
Ankündigungen, Diskussion, Dokumentation

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Juni 2023, Republik Moldau: Zweites Treffen der Europäischen Politischen Gemeinschaft

01 BRICS-Staaten wollen neue Mitglieder aufnehmen und Gegengewicht zu IWF und Dollar bilden

Am 1. Juni 2023 trafen sich in der Republik Moldau, in der Nähe von Chișinău, der Hauptstadt Moldaus, 150 Kilometer Luftlinie von Odessa (Ukraine), 47 von 50 Vertreterinnen und Vertreter europäischen Staaten. Der EPG gehören neben den EU-Ländern die EU-Beitrittskandidaten wie die Ukraine, Moldau, die Türkei oder Georgien sowie weitere europäische Staaten, z.B. Großbritannien an. Auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj nahm persönlich an dem Gipfeltreffen teil. Nicht teilgenommen haben Belarus, die Russische Föderation und der Vatikanstaat.

Die Republik Moldau befindet sich seit 1990 und den kriegerischen Auseinandersetzungen 1992 im Konflikt mit der abtrünnigen und von Russland unterstützten Region Moldawiens, der selbsternannten „Transnistrischen Republik“.

Das neue „Format“ „Europäische Politische Gemeinschaft“ (EPG) war 2022 vom französischen Ministerpräsidenten Macron, kurz nach Beginn des Angriffs der Russischen Föderation auf die Ukraine, initiiert worden.

Christoph Cornides, Mannheim

Ein erstes Treffen der EPG fand noch im letzten Jahr, am 6. Oktober 2022, in Prag statt. Damals berieten die Vertreter von 27 EU-Ländern und 17 weiteren Staaten Europas zu den Schwerpunkten Sicherheit und Frieden sowie Klima, Energie und Wirtschaft. Zwar endete das Treffen nicht mit einer offiziellen Abschlusserklärung, laut den Erklärungen des Initiators, Präsident Macron, gab es aber eine gemeinsame Botschaft: Die 44 Teilnehmerstaaten hätten sehr klar die Verurteilung der russischen Aggression, des Invasionskriegs und ihre Unterstützung für die Ukraine zum Ausdruck gebracht.

Das Ziel des aktuellen zweiten Treffens am 1.6.2023 in Moldau sei laut verschiedener Presseerklärungen gewesen, die Zusammenarbeit zwischen den europäischen Ländern zu verbessern und vorderasiatische Staaten, die keine Mitglieder der Europäischen Union sind, näher an die EU heranzuführen. Bei dem Gipfel sei ein Zeichen gegen den russischen Angriffskrieg gesetzt worden. Die 47 teilnehmenden Länder hätten ihre Einigkeit mit der Ukraine bekundet. Zudem sei bei der Zusammenkunft die Solidarität zu dem Gastgeberland Moldau ausgedrückt worden. Sowohl Moldau als auch die Ukraine drängen auf eine EU-Mitgliedschaft.

Die ARD-Tagesschau berichtet am 1.6.2023 über das Treffen: „Beim Europagipfel in Moldau wollen 47 Länder Einigkeit gegen Russland demonstrieren. Der ukrainische Präsident Selenskyj bat erneut um Patriot-Raketen und Kampfjets. Auch die Sicherheitslage auf dem Balkan ist ein Thema. Staats- und Regierungschefs aus 47 Ländern sind nach Moldau gereist, um beim Gipfeltreffen der Europäischen Politischen Gemeinschaft (EPG) Einigkeit gegenüber Russland zu demonstrieren. Das zweitägige Treffen steht unter dem Motto ‚Moldau ist nicht allein‘. ‚Moldau ist in dieser Woche das politische Herz Europas‘, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kurz vor Beginn des Gipfels. Unter den etwa 2,5 Millionen Einwohnern wächst seit Beginn des Angriffskrieges gegen die Ukraine die Furcht vor Einmischungen Russlands.“

Über die Statements von Bundeskanzler Scholz um Rahmen des EPG-Gipfels in Moldau teilt die Bundesregierung mit: „Dass Belarus und Russland nicht da seien, aber alle anderen, das sei ein Zeichen der heutigen Zusammenkunft, sagte der Bundeskanzler bei der Abschlusspressekonferenz in Chișinău, in der Republik Moldau. Damit stehe das Treffen in einer großen Tradition: nämlich in der Vorstellung, dass Souveränität und territoriale Integrität Dinge seien, die man beachten soll …“ (Hier wäre interessant zu erfahren, ob denn etwa eine Einladung an Belarus und die Russische Föderation ausgesprochen worden war, wohl kaum.)

Weiter die Bundesregierung: „Der Kanzler betonte noch einmal: „Gemeinsam stehen wir eng an der Seite der Ukraine. Und wir werden nicht nachlassen die Ukraine weiter zu unterstützen – politisch, finanziell, humanitär aber auch mit Waffen.“ Mit dem Gipfel verbinde sich auch das Bekenntnis für Moldau, die Ukraine und perspektivisch Georgien Mitglieder der Europäischen Union werden zu können. Das gelte auch für die westlichen sechs Balkanstaaten. Da gäbe es Fortschritte zu verzeichnen.“

www.bundesregierung.de/breg-de/themen/europa/scholz-bei-epg-2193370. Weitere Pressemitteilungen: https://www.consilium.europa.eu/de/press/press-releases/2023/06/01/remarks-by-president-charles-michel-ahead-of-the-second-european-political-community-meeting/; Phönix, Deutschlandfunk, ZDF

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BRICS-Staaten wollen neue Mitglieder aufnehmen und Gegengewicht zu IWF und Dollar bilden

Der Aggressionskrieg der Russischen Föderation gegen die Ukraine hat auch eine Reihe von bereits länger stattfindenden Prozessen und Entwicklung beschleunigt und intensiviert (die energiepolitische Dekarbonisierung, um für verschiedene Länder übermäßige Abhängigkeiten von russischem Öl zu reduzieren, u.ä.) Ähnliches trifft auch auf die Entwicklung der Gewichts-, Einfluss- und – nicht auszuschließen – Bündnisveränderungen zwischen Staaten zu. Die in der Vergangenheit als stark wachsende „Schwellenländer“ bezeichneten Staaten China, Indien, Brasilien, Südafrika und Russland („BRIC bzw. mit Südafrika BRICS-Staaten“) – teilweise, wie China, Russland, Indien, selbst „regionale Hegemonialmächte“ – sind nicht nur Staaten, die versuchen, sich im Ukraine-Krieg Russlands neutral zu verhalten und Sanktionen gegen Russland sowie die Unterstützung der Selbstverteidigung der Ukraine nicht mitzutragen. Ihre Sicht auf den Ukraine-Krieg Russlands scheint ähnlich der der EU-Staaten auf Vor-Ukraine-Kriege Russlands im Kaukasus oder im Transnistrien-Krieg. „Nicht zu befürworten, aber ohne direkten Einfluss auf die eigene Politik.“

Christoph Cornides, Mannheim

Anfang Juni 2023 trafen sich die Außenminister der BRICS-Staaten in Kapstadt. Diese Konferenz diente auch zur Vorbereitung der BRICS-Jahrestagung im August 2023. Zum Treffen der Außenminister berichtet die FAZ unter dem Titel „Kampfansage an Europa und die USA“, die Außenminister „haben ihr Ziel bekräftigt, ein Gegengewicht zu den geopolitisch dominierenden westlichen Staaten zu bilden. ‚Es ist unsere Vision und Hoffnung, dass die BRICS in einer Welt, die von Wettbewerb, geopolitischen Spannungen, Ungleichheit und Unsicherheit zerrissen ist, eine globale Führungsrolle übernehmen‘, sagte die südafrikanische Außenministerin Naledi Pandor.“ – Der russische Außenminister Lawrow erklärte, mehr als ein Dutzend Staaten – teilweise wird von bis zu 19 gesprochen – würden sich um eine Aufnahme in die Gruppe der BRICS-Staaten bemühen, darunter Indonesien, Südkorea, Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emiraten, Ägypten und Kasachstan.

Die Bevölkerung der jetzigen BRICS-Staaten betrug 2022 rund 3,2 Milliarden Menschen. Das sind rund 40 Prozent der Weltbevölkerung. Sie haben teilweise sehr unterschiedliche Bevölkerungsentwicklungen. Noch im Jahr 2023 wird Indien China voraussichtlich als das bevölkerungsreichste Land der Welt überholen. In Brasilien und Russland stagniert das Bevölkerungswachstum.

Die vier, inzwischen fünf Länder erwirtschaften zusammen ein Bruttoinlandsprodukt von geschätzt 20,4 Billionen US-Dollar, was nahezu die Größenklasse des US-Bruttoinlandsprodukts von 24 Billionen erreicht. Gewicht und Einfluss der wirtschaftlichen Entwicklung der bisherigen BRICS-Staaten wird hauptsächlich durch die wirtschaftliche Entwicklung Chinas getragen, dessen Bruttoinlandsprodukt nahezu Zweidrittel des Gesamtprodukts der BRICS-Staaten bildet. (Alle Angaben nach Statista Report BRIC,www.bing.com/search?q=vr+bank&aqs=edge.0.69i64i450l8.19725813j0j4&FORM=ANAB01&PC=U531)

Die Hauptthemen der BRICS-Konferenz im August 2023 sollen die Aufnahme neuer Länder und die Erleichterung des Warenverkehrs durch Einführung eines eigenen Zahlungsausgleichs sein – gesprochen wird auch von eigener „Währung“ – der in der Lage wäre, ein Gegengewicht zum Dollar als internationaler Reservewährung und zu SWIFT als internationalem Zahlungs-Verrechnungssystem zu bilden.

Ein Problem gibt es bei der Konferenz im August für Südafrika auch noch. Sollte Putin als Vertreter Russlands nach Südafrika reisen, müsste er nach internationaler Rechtslage festgenommen werden. Das will die südafrikanische Regierung auf keinen Fall. (Also wird an die Verlegung der Konferenz in ein anderes Land oder eine zeitweise Amnestie bzw. freies Geleit für Putin in Südafrika gedacht.)