Politische Berichte Nr.01/2024 (PDF)24a
Ankündigungen, Diskussion, Dokumentation

* 24-seeminen-im-schwarzen-meer-jaeckel-2.html * 24a-davos-konferenz-ukraine-10-punkte-selenksky-cornides-2.html * 24b-ukraine-strategische-verteidigung-fochler-2.html

Davos: Internationale Beraterkonferenz spricht über „Zehn-Punkte Friedensplan“ Selenskyjs

Christoph Cornides, Mannheim

01 Am 14.1.2024 veröffentlichte die „Neue Züricher Zeitung“ den „Zehn-Punkte-Plan Selenskis“, den wir nachfolgend in Stichpunkten wiedergeben.

Vom 15. bis 19.Januar 2024 fand in Davos, Schweiz, das Weltwirtschaftsforum (WEF, „World Economic Forum“) mit ca. 2700 Teilnehmenden statt, darunter Vertretungen von etwa 50 Staaten. Thema der Hauptkonferenz war nach Zeitungsberichten, neben verschiedenen aktuellen Wirtschafts- und Konfliktfragen, auch der von der Vertretung der Ukraine so benannte „Friedensplan“ bzw. die ukrainische Zehn-Punkte-„Friedensformel“.

Der ukrainische Präsident Selenskyj hielt dazu eine Videoansprache und nahm während des Forums an bilateralen Treffen mit Vertretern der EU, der Nato und mit Vertretern von Konzernen teil. Selenskyj verband den Besuch in der Schweiz mit Gesprächen mit Schweizer Regierungsvertretern.

Dazu erklärte der Schweizer Außenminister Ignazio Cassis (dpa, 15.1.2024), die Verständigung auf Grundprinzipien für eine Friedenslösung auf breiter Ebene könne dazu beitragen, Russland eines Tages an den Verhandlungstisch zu bekommen. Doch bis zu einer Friedenslösung sei es noch ein langer Weg. Aktuell seien Friedensverhandlungen mit Russland nicht möglich. Das war auch die erklärte Position von Andrij Jermak, dem Leiter des ukrainischen Präsidentenbüros.

Nach dpa/Tass-Berichten stellte Russland, das nicht zum Wirtschaftsforum eingeladen war, umgehend eine Reihe von Gegenforderungen für eine eventuelle Teilnahme Moskaus an Ukraine-Verhandlungen. An erster Stelle müsse der Westen seine Waffenlieferungen an Kiew einstellen, sagte Außenamtssprecherin Maria Sacharowa nach Angaben der Staatsagentur Tass. Zudem müssten antirussische Sanktionen und „russophobe Erklärungen“ eingestellt werden.

Konferenzen der Berater für nationale

Sicherheit (NSA)

Vor dem Wirtschaftsforum fand in Davos das vierte Treffen von Beratern für nationale Sicherheit (NSA) – ausdrücklich also keinen Regierungsvertretern – statt. Dabei versucht die Ukraine, gemeinsam mit unterstützenden Staaten, ins Gespräch über Bestandteile eines Friedensschlusses mit Russland zu kommen, Gespräche, an denen teilzunehmen dann schließlich auch Russland veranlasst werden soll. Mit der Schweiz lud die Ukraine vor Beginn des Weltwirtschaftsforums (WEF) in Davos zu einem „NSA Meeting“, einem Treffen nationaler Sicherheitsberater („National Security Advisors“, NSA) und anderer Spitzenbeamter aus der ganzen Welt ein. Gesprächsgrundlage ist dabei der 10-Punkte-Friedensplan, den Selenskyj im November 2022 erstmals vorgestellt hat. Seitdem hat Selenskyj diesen Plan vor der Uno, gegenüber der US-amerikanischen Regierung und in anderen Staaten vorgetragen.

Vor Davos fanden bereits drei dieser internationalen Beratertreffen statt, in Dänemark, Saudi-Arabien und Malta. Von russischer Seite wurde öffentlich kritisiert, dass die Ukraine damit offensichtlich Unterstützung bei Staaten zu gewinnen sucht, die sich im Krieg zwischen Russland und der Ukraine eher neutral verhalten oder auf Seiten Russlands stehen.

Das dürfte in der Tat der Plan zum Plan sein. Über Kernbestandteile eines Friedens zwischen Russland und der Ukraine ins Gespräch kommen, Einzelfragen – als Bestandteile eines Gesamtfriedensplans – in internationalen oder multilateralen Abkommen – auch Teilelemente bereits praktisch umsetzen, dazu den Level der Beratungsebenen schrittweise erhöhen mit dem Ziel, letztlich zu Spitzengesprächen der Regierungsvertretungen unter Einschluss Russlands zu Friedensvereinbarungen zu kommen.

Auf den bisherigen Beraterverhandlungen ging es vor allem um die Punkte 1-5 dieses Planes, in Davos um die schwierigsten Punkte 6-10. Dass – gemessen an den letztendlichen Zielen solcher Verhandlungen – die Aufgabe der eigenen Positionen aus Sicht der Ukraine nicht Inhalt eines solchen Planes ist, versteht sich von selbst (siehe auch Kasten, S. 25).

Auf dem EU-Sondergipfel am 1. Februar einigten sich alle 27 EU-Staaten auf ein neues 50-Milliarden-Euro-Hilfspaket für die Ukraine. Orbán konnte die bisherige ungarische Blockadepolitik dagegen nicht durchsetzen. FAZ.Net: „Damit ist nun der Weg frei, um der Ukraine ab März neue Makrofinanzhilfe zu überweisen, die das Land dringend benötigt, um einen Staatsbankrott abzuwenden. Die EU-Kommission wird das Geld am Finanzmarkt aufnehmen und der Ukraine binnen der nächsten vier Jahre gegen Auflagen überweisen. Insgesamt 33 Milliarden Euro sind langfristige Kredite, 17 Milliarden Euro rückzahlungsfreie Zuschüsse.“

01

Am 14.1.2024 veröffentlichte die „Neue Züricher Zeitung“ den „Zehn-Punkte-Plan Selenskis“, den wir nachfolgend in Stichpunkten wiedergeben.

1. Kernkraft – (Es darf weder mit dem Einsatz von Atomwaffen noch mit Zerstörung von Atomkraftwerken gedroht werden. Atomkraftwerke müssen unter internationale Kontrolle gestellt werden.)

2. Nahrungsmittelsicherheit (Grundmittel der Versorgung dürfen nicht als Waffe eingesetzt werden.)

3. Energieversorgung (Keine Attacken auf die Infrastruktur.)

4. Kriegsgefangene (Gefangene, deportierte Kinder müssen nach dem Grundsatz alle gegen alle ausgetauscht werden.)

5. Territoriale Integrität (Anerkennung UN-Charta und der territorialen Integrität der Ukraine.)

6. Truppenrückzug (Muss vollständig erfolgen.)

7. Kriegstribunal und Reparationen (Ein internationales Tribunal speziell zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine soll eingerichtet werden, und Russland muss zur Wiedergutmachung der Kriegsschäden verpflichtet werden.)

8. Umweltschäden (Staudamm Kachowka – Die Staudammsprengung war ein Verbrechen)

9. Sicherheitsgarantien (Müssen international sein und Einbindung der Ukraine in die Strukturen der Nato.)

10. Friedensvertrag (Unter breiter Beteiligung von Staaten und internationalen Organisationen.) (nach nzz.ch, 14.1.20249)