Politische Berichte Nr.02/2024 (PDF)04a
Aktuell aus Politik und Wirtschaft

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Nato-Außenministertreffen

Hauptthema: Organisation der Ukraine-Unterstützung

Christoph Cornides, Mannheim

Am 3./4. April 2024 fand in Brüssel das Treffen der Nato-Außenminister/innen statt. Abgesehen vom Abfeiern des 75jährigen Bestehens der Nato ging es vor allem um die zukünftige Organisation der Ukraine-Unterstützung. Eine Beschlussfassung war nicht das Ziel des Treffens. Es diente vielmehr zur Vorbereitung der beschlussfassenden Nato-Konferenz im Juli 2024 in Washington. Bedeutsam waren also Richtung und Inhalte der mit öffentlicher Wirkung unterbreiteten Initiativen und Vorschläge zu dieser Konferenz. Die Reaktionen auf der Konferenz reichten – wie die Presse berichtet und wie zu erwarten – von voller Zustimmung bis vertiefter Skepsis.

Die öffentlichen Initiativbeiträge waren zum einen das eröffnende Statement und die Pressekonferenz des Nato-Generalsekretärs Stoltenberg (Deutschlandfunk, 3.4.2024), zum anderen ein zum Treffen in Brüssel erschienener namentlich gezeichneter Beitrag der drei Außenminister/innen von Deutschland, Frankreich Polen in PoliticoPro.eu. (Deutsche Übersetzung unter https://www.auswaertiges-amt.de/de/newsroom/75-jahre-nato/2651146)

Die Themen Stoltenbergs: weitere Finanzhilfen, und die Organisation der Waffenlieferungen an die Ukraine. Stoltenberg sprach sich dafür aus, der Ukraine „frisches Geld für die nächsten Jahre“ zur Verfügung zu stellen. Dafür solle ein neuer Hilfsfonds über 100 Milliarden Euro mit einem fünfjährigen Zahlungs- und Umsetzungsplan eingerichtet und durch Beiträge der Mitgliedsstaaten gefüllt werden. Wie zu erwarten, gab es dazu pauschale Zustimmung, aber weitreichend differente Ansichten über die notwendige Verteilung der Beiträge.

Zur Organisation der Waffenlieferungen an die Ukraine setzte sich Stoltenberg dafür ein, dass die Nato die Koordination selbst übernimmt, für die derzeit die USA federführend zuständig sind. Auf Nachfragen der Presse begründete Stoltenberg, dass damit das „Ramstein-Format“, ein Treffen von Nato- und anderen Staaten unter Einladung und Führung der USA, abgelöst werden solle. Durch die Organisation und Koordination der Waffenlieferungen unter Federführung der Nato, kombiniert mit einem Fünf-Jahres-100-Milliarden-Euro-Fonds sollen gesicherte Kontinuität und Verlässlichkeit der Unterstützung der Selbstverteidigung der Ukraine demonstriert werden. Andererseits scheint die Nato einem Rückzug der USA aus der Nato- und Ukraine-Finanzierung unter einer möglichen Trump-Regierung vorbauen zu wollen. Nach wie vor halten Trumps Republikaner 60 Milliarden Dollar Ukraine-Hilfe zurück.

Die Außenminister/innen von Deutschland, Frankreich, Polen begründen in ihrem halbamtlichen Beitrag in PoliticoPlus.eu (Quelle siehe oben) unter anderem:

„Erstens müssen wir mindestens zwei Prozent des BIP für Verteidigung ausgeben, … Zahlen können jedoch nur der Ausgangspunkt sein. Wir müssen auch sicherstellen, dass wir unsere Mittel strategisch einsetzen, und zwar vorrangig für die Entwicklung von Streitkräften und Fähigkeiten, die wir für die Bündnisverteidigung benötigen. Zweitens müssen wir das gesamte industrielle Potenzial unseres Kontinents ausschöpfen, um unsere militärischen Fähigkeiten zu stärken, die Produktion zu steigern und Skaleneffekte zu nutzen. Unsere nationalen Rüstungsindustrien sind hierfür von entscheidender Bedeutung. Sie brauchen verbindliche, langfristige Verträge mit klaren Zeitplänen, … Drittens müssen wir, um unseren technologischen Vorsprung beizubehalten und Fähigkeitslücken zu schließen, in Zukunftstechnologien investieren … dazu beitragen, dass das Bündnis auch weiterhin über einen technologischen Vorsprung gegenüber möglichen Gegnern verfügt und Abschreckung und Verteidigung der Nato gestärkt werden.“

Wie ersichtlich, wollen Baerbock (Deutschland), Sikorski (Polen) und Séjourné (Frankreich) weit mehr als die Unterstützung der Ukraine.