Politische Berichte Nr.1/2022 (PDF)15
Aus Kommunen und Ländern

* 13a-koeln-beratungsstelle-nach-wiener-modell-detjen-3.html * 14-bremen-zappenduster-und-runder-tisch-wirken-beckmann-jannoff-3.html * 15-vorbild-hannover-antrag-essen-jannoff-3.html * 16-kommunale-politik-energiearmut-d-jaeckel-3.html

Vorbild Hannover: Härtefallfonds seit zehn Jahren erfolgreich

01 dok  Die Ratsfraktion Die Linke Essen stellt zur nächsten Ratssitzung am 23. Februar den hier dokumentierten Antrag für ein Konzept gegen Energiearmut.

Thorsten Jannoff

In Hannover gibt es bereits seit über zehn Jahren einen Härtefallfonds, der jedes Jahr rund 1 000 Menschen aus der Klemme hilft. Dieser Fonds wird im Wesentlich gemeinsam von der Stadt und den kommunalen Stadtwerken, die auch der Grundversorger für Strom sind, betrieben. Die enercity AG befindet sich zu 76 Prozent im Besitz der Stadt bzw. der Region Hannover und zu 24 Prozent bei der Thüga-Holding, einem kommunalen Energieversorger.

In einer Information zum zehnjährigen Jubiläum vor einem Jahr heißt es:

„Damit die Energielieferung erst gar nicht eingestellt wird, hat enercity vor zehn Jahren mit der Landeshauptstadt Hannover ein kooperatives Vorgehen verabredet und gleichzeitig den enercity-Härtefonds gegründet. Im Zuge dessen wurde mit dem Jobcenter in der Region und dem Fachbereich Soziales der Landeshauptstadt vereinbart, dass enercity den Mahn- und Sperrprozess bei einem Zahlungsverzug befristet aussetzt. Hier soll zunächst von den beiden Einrichtungen geprüft werden, ob eine finanzielle gesetzliche Unterstützung möglich ist. In den Fällen, in denen keine staatliche Hilfe gewährt wird und die Betroffenen unverschuldet in wirtschaftliche Not geraten sind, greift der enercity-Härtefonds. Die Mittel aus diesem Fonds werden auf Antrag der beiden kommunalen Einrichtungen vergeben. Alleinstehende und Familien, die sich nachweislich unverschuldet in einer prekären Finanzlage befinden, werden somit finanziell unterstützt, damit die Energielieferung weiterhin erfolgt. Mehr als die Hälfte der Anträge werden von Familien und Alleinerziehenden mit minderjährigen Kindern gestellt. Die Hintergründe für die wirtschaftliche Not sind vielfältig, oft sind gesundheitliche Einschränkungen ausschlaggebend. Bisher erhielten rund 300 enercity-Kunden finanzielle Hilfe aus dem Härtefonds, und jedes Jahr stundet enercity etwa 1 000 Kunden die Zahlungen und setzt den Sperrprozess befristet aus. Damit das möglich ist, stellt enercity dem Fonds jährlich bis zu 150 000 Euro zur Verfügung … In den vergangenen zehn Jahren ist die Anzahl der Energiesperren bei enercity um 45 Prozent zurückgegangen. Für den Energieversorger ist das ein Beleg dafür, dass er mit seinem Fonds und in Kooperation mit der Landeshauptstadt Hannover den richtigen Weg geht. Inzwischen hat sich der enercity-Härtefonds weit über Hannover hinaus herumgesprochen. So zeigten unter anderem auch Berlin, Düsseldorf und Hamburg Interesse an diesem Modell. In Bremen wurde inzwischen ein Fonds von der Bürgerschaft eingerichtet, bei dem der hannoversche Härtefonds als Vorbild dient.“

Abb.(PDF): „Der enercity-Härtefonds unterstützt enercity-Kundinnen und -Kunden, die unverschuldet in finanzielle Not geraten sind und denen eine Strom-, Gas- oder Wassersperrung droht.“https://www.enercity.de/magazin/deine-stadt/enercity-haertefonds

01

dok  Die Ratsfraktion Die Linke Essen stellt zur nächsten Ratssitzung am 23. Februar den hier dokumentierten Antrag für ein Konzept gegen Energiearmut. Dazu mehr in einer der nächsten Ausgaben.

Die Verwaltung wird beauftragt, in Zusammenarbeit mit den Stadtwerken Essen und Eon als Grundversorgern sowie dem JobCenter Essen ein Konzept gegen Energiearmut zu entwickeln, das u.a. folgende Zielstellungen beinhalten soll:

1. Das Aussetzen der Strom-, Gas- und Wassersperren in sozialen Härtefällen. Um dieses Ziel zu erreichen, prüft die Verwaltung

a) die Einrichtung eines Härtefallfonds. Dazu ermittelt die Verwaltung die Gesamtzahl der jeweiligen Sperren, entwickelt Kriterien für Härtefälle, definiert den antragsberechtigten Personenkreis (z.B. Empfänger:innen von SGB II, SGB XII, Wohngeld und andere Geringverdiener) und führt Gespräche mit den Grundversorgern Stadtwerken und Eon zur Finanzierung;

b) die Einführung eines Runden Tisches gegen Energiearmut zur Verhinderung von Strom-, Gas- und Wassersperren in Zusammenarbeit mit den Grundversorgern Stadtwerke und Eon.

2. Die Information und Aufklärung der Bevölkerung in den an meisten genutzten Sprachen über die Möglichkeiten, Strom- und Gassperren zu verhindern. Die Verwaltung weist in geeigneter Form auch auf Anlauf- und Beratungsstellen beim Sozialamt, dem JobCenter, bei den Grundversorgern, der Verbraucherberatung, den Wohlfahrtsverbänden und Mietervereinen hin.

3. Die Anhebung der Nichtprüfungsgrenzen für Heizkosten bei SGB II- und SGB XII-Bezieher:innen proportional entsprechend der gestiegenen Energiekosten und die regelmäßige Überprüfung der Grenzen.

4. Die Prüfung des Ausbaus von Hilfsangeboten und der Vernetzung mit bereits bestehenden Angeboten, wie z.B. dem EnergieSparService Essen. Dazu gehört auch die Prüfung, ob und wie die allgemeine soziale Beratung im Rahmen des Quartiermanagements personell verstärkt werden kann für präventive Angebote und zur Unterstützung von Menschen, die von Energiearmut betroffen sind.

5. Gespräche mit den Grundversorgern über die mögliche Einführung einer Ombudsstelle gegen Energiearmut nach dem Wiener Modell, die individuelle Lösungsangebote bei Energieschulden entwickelt und den Menschen über einen längeren Zeitraum Hilfestellung gewährt.

Abb.(PDF): Banner „Härtefallfonds einrichten“, Essen