Politische Berichte Nr.3/2022 (PDF)06
EU-Politik

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Erdogans neue militärischen Invasionen in Syrien und Irak und der Versuch, die Nato zu erpressen

Rudolf Bürgel, Karlsruhe.

Der türkische Präsident Erdogan und seine AKP/MHP-Regierung wollen den Ukraine-Krieg nutzen. Im kommenden Jahr stehen Wahlen bevor und für Erdogan und die AKP ist ein Erfolg nicht mehr garantiert. Die wirtschaftliche Situation in der Türkei verschärft sich von Woche zu Woche. Die Inflationsrate beträgt weit über 70 Prozent. Viele Menschen wissen nicht mehr, wie sie Miete und täglich Brot finanzieren sollen. Mit nationalistischer Mobilisierung und außenpolitischen Interventionen will Erdogan Erfolge erzielen. So blockiert Erdogan einen Nato-Beitritt Schwedens und Finnlands mit der Begründung, diese würden die PKK und YPG unterstützen und fordert die Aufhebung des Waffenembargos der Nato-Staaten gegen die Türkei. Gleichzeitig kündigte er eine neue militärische Offensive gegen Rojava an. Seit einem Monat werden an der Grenze zu Syrien Truppen zusammengezogen. Geplant ist die Besetzung einer 30 km tiefen Zone in jenen Teilen Nordsyriens, die noch nicht von der Türkei kontrolliert wird. Der Nationale Sicherheitsrat der Türkei sprach von einer Operation, die einen „ernsthaften Beitrag zum Frieden und zur Sicherheit“ der Nachbarländer beitragen würde. Die Nato-Staaten wurden zur „Pakt-Treue“ aufgerufen. Weiter führt die Türkei seit mehr als einem Monat eine Invasion in Teilen Südkurdistans (Irak) durch.Die Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien (Rojava) erklärt dazu, dass die Türkei versucht, ihre eigene Kriegs- und Expansionspolitik auszuweiten und weitere Unterstützung von den Nato-Staaten zu erpressen. Sie sieht in den Versuchen von Erdogan, eine türkische Zustimmung zum Nato-Beitritt Finnlands und Schwedens an eine Aufhebung des Waffenembargos und eine Verschärfung der Verfolgung der kurdischen Freiheitsbewegung zu koppeln, ein erneutes „deutliches Beispiel für die rassistische und chauvinistische Politik der AKP-Regierung gegenüber den Völkern der Region, insbesondere dem kurdischen Volk“. „Dies ist ein weiteres Zeichen dafür, dass Erdogan die Länder, welche gemeinsam mit den Demokratischen Kräften Syriens (QSD) an den internationalen Anstrengungen teilgenommen haben, den IS und den Terror zu bekämpfen“ erpressen will. Die Selbstverwaltung warnt: „Die türkische Regierung versucht ein Umfeld zu schaffen, in dem sich die Nato den Interessen der Türkei entsprechend verhält. Erdogans Politik wird die internationalen Bemühungen gegen den globalen Terror und seine Zellenstrukturen schwächen und den Terrorismus stärken.“ Diese „diktatorische Politik“ werde zu weiteren Vertreibungen in der Region führen und die Welt in „noch gefährlichere Kriege“ stürzen.

Zübeyir Aydar, ehemaliger Abgeordneter des türkischen Parlaments und heute Vorsitzender von Kongra Gel sagt gegenüber ANF dazu: „Ich appelliere an die westlichen Länder, insbesondere an Schweden und Finnland, den Erpressungen der Türkei von Erdogan nicht nachzugeben. Ich rufe die zivilgesellschaftlichen und politischen Organisationen in Schweden und Finnland auf, darüber zu wachen, dass ihre Regierungen keine Zugeständnisse gegen den gerechten Kampf des kurdischen Volkes machen.

Die Türkei greift die Kurden mit aller Macht an. … Sie geht hart mit den Menschen in Nordkurdistan um. Dort gibt es mehr als zehntausend politische Gefangene. Folter und Misshandlungen sind in den türkischen Gefängnissen an der Tagesordnung. Es gibt Todesfälle in den Gefängnissen. Die Regierung blockiert die Wege der demokratischen Politik vollständig. Sie zerschlägt jede Opposition.

Wir appellieren an alle Nato-Länder, den westlichen Block, Schweden und Finnland: Benutzen Sie uns nicht, um mit der Türkei zu verhandeln. Unterstützen Sie nicht den Krieg und die Kriegsverbrechen der Türkei in Kurdistan und werden Sie nicht zu deren Partner. Die Türkei und Erdogan sollten nicht ihre Kurdenpolitik gestalten. Lassen Sie sich nicht auf die Position herab, die die Türkei und Erdogan wollen. Schließen Sie Freundschaft mit dem kurdischen Volk.“

Quellen: ANF, 21.5., 22.5., 27.5.2022