Politische Berichte Nr.2/2023 (PDF)26
Globale Debatten - UN Initiativen

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UN-Generalversammlung verabschiedet „Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen, die einem umfassenden, gerechten und dauerhaften Frieden in der Ukraine zugrunde liegen“

Dok. und Bericht: Ulli Jäckel, Hamburg

Mit 141 gegen 7 Stimmen bei 32 Enthaltungen hat die Generalversammlung auf der Sitzung ihrer 11. Sondertagung am 23. Februar 2023 die Resolution ES-11/6 angenommen, in der es heißt: „Die Generalversammlung…

1. unterstreicht die Notwendigkeit, so bald wie möglich einen umfassenden, gerechten und dauerhaften Frieden in der Ukraine im Einklang mit den Grundsätzen der Charta der Vereinten Nationen herbeizuführen;

2. begrüßt und bekundet seine nachdrückliche Unterstützung für die Bemühungen des Generalsekretärs und von Mitgliedstaaten zur Förderung eines umfassenden, gerechten und dauerhaften Friedens in der Ukraine, der mit der Charta der Vereinten Nationen, einschließlich der Grundsätze der souveränen Gleichheit und der territorialen Unversehrtheit der Staaten, im Einklang steht;

3. fordert die Mitgliedstaaten und internationalen Organisationen auf, die diplomatischen Bemühungen um die Herbeiführung eines umfassenden, gerechten und dauerhaften Friedens in der Ukraine im Einklang mit der Charta der Vereinten Nationen verstärkt zu unterstützen;

4. bekräftigt ihr Bekenntnis zur Souveränität, Unabhängigkeit, Einheit und territorialen Unversehrtheit der Ukraine innerhalb ihrer international anerkannten Grenzen, einschließlich ihrer Hoheitsgewässer;

5. verlangt erneut, dass die Russische Föderation alle ihre Streitkräfte unverzüglich, vollständig und bedingungslos aus dem Hoheitsgebiet der Ukraine innerhalb ihrer international anerkannten Grenzen abzieht, und fordert die Einstellung der Feindseligkeiten;

6. verlangt, dass die an dem bewaffneten Konflikt beteiligten Parteien alle Kriegsgefangenen im Einklang mit den Bestimmungen des Genfer Abkommens vom 12. August 1949 über die Behandlung der Kriegsgefangenen und des Zusatzprotokolls I zu den Genfer Abkommen von 1949 behandeln, und fordert den Austausch aller Kriegsgefangenen, die Freilassung aller widerrechtlich inhaftierten Personen und die Rückführung aller Internierten und der zwangsweise verbrachten und verschleppten Zivilpersonen, einschließlich Kindern;

7. fordert die an dem bewaffneten Konflikt beteiligten Parteien zur vollen Einhaltung ihrer Verpflichtung auf, ständige Vorsicht walten zu lassen, um die Zivilbevölkerung und zivile Objekte zu verschonen, den sicheren und ungehinderten humanitären Zugang zu den hilfebedürftigen Menschen zu gewährleisten und für die Zivilbevölkerung lebensnotwendige Gegenstände weder anzugreifen noch zu zerstören, zu entfernen oder unbrauchbar zu machen;

8. fordert außerdem die sofortige Einstellung der Angriffe auf die kritischen Infrastrukturen der Ukraine und aller vorsätzlichen Angriffe auf zivile Objekte, einschließlich Wohnhäusern, Schulen und Krankenhäusern;

9. unterstreicht die Notwendigkeit, die Verantwortlichen für die schwersten im Hoheitsgebiet der Ukraine begangenen völkerrechtlichen Verbrechen durch geeignete, faire und unabhängige nationale oder internationale Untersuchungen und Strafverfolgungen zur Rechenschaft zu ziehen und dafür zu sorgen, dass allen Opfern zu Gerechtigkeit verholfen wird und künftige Verbrechen verhütet werden;

10. fordert alle Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, in einem Geist der Solidarität zusammenzuarbeiten, um die globalen Auswirkungen des Krieges auf die Ernährungssicherheit, Energie, Finanzen, die Umwelt und die nukleare Sicherheit zu bewältigen, unterstreicht, dass Abmachungen zur Herbeiführung eines umfassenden, gerechten und dauerhaften Friedens in der Ukraine diesen Faktoren Rechnung tragen müssen, und fordert die Mitgliedstaaten auf, den Generalsekretär bei seinen Bemühungen um die Bewältigung dieser Auswirkungen zu unterstützen;“

Zwei Änderungs- und Ergänzungsanträge von Belarus, die darauf zielten, die Benennung der Verantwortung der Russischen Föderation für die Aggression und die Forderung nach sofortigem Truppenabzug zu streichen und stattdessen „einige Führer der Normandie-Kontaktgruppe“ zu beschuldigen, die friedliche Beilegung des Konflikts verhindert zu haben, sowie die Mitgliedsstaaten aufzufordern, „keine Waffen in die Konfliktzone zu schicken“, wurden von der Versammlung abgelehnt.

Bei aller grundsätzlichen Verurteilung der russischen Aggression und der Bekräftigung der Souveränität und territorialen Integrität der Ukraine zeigte sich jedoch auch, dass die globalen Auswirkungen des langandauernden Krieges vielen Ländern zu schaffen machen. Gegenüber den Bemühungen, sie zur Parteinahme für eine Seite in dem Konflikt zu bewegen, setzten viele eher auf eine schnelle Beendigung des Krieges, um seine schädlichen Auswirkungen auf die Weltwirtschaft, vor allem auf die Welternährungssituation zu beenden. Dies drückt sich auch in der Weigerung der meisten Länder des globalen Südens aus, sich an der Sanktionspolitik des Westens zu beteiligen.

So erklärte der Vertreter Ägyptens in der Debatte, „dass seine Delegation für die Resolution gestimmt hat, weil sie sich für die Grundsätze der Charta einsetzt. Insbesondere die Entwicklungsländer, darunter auch sein Land, leiden unter der anhaltenden Krise. Leider sei die internationale Gemeinschaft nach wie vor nachlässig bei der Behandlung der wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen, die die Krise für die Entwicklungsländer mit sich bringe.“

Der Vertreter Indonesiens erklärte, dass sein Land dafür gestimmt habe, weil es dafür sei, das Prinzip der Charta der Vereinten Nationen und das Völkerrecht zu wahren. Allerdings bedauert seine Regierung zutiefst, dass die von ihr vorgeschlagenen Elemente in dem endgültigen Entwurf fehlten. Der Resolution fehle der Geist zur Verwirklichung des Friedens; sie fordere die internationale Gemeinschaft nicht dazu auf, günstige Bedingungen für die Beendigung des Krieges zu schaffen, und es fehle ein Aufruf an die Parteien, den Dialog fortzusetzen und direkte Friedensverhandlungen aufzunehmen.

Die Vertreterin Südafrikas bedauert die Verluste an Menschenleben und die durch den Krieg verursachten Vertreibungen und erklärt, dass die Auswirkungen des Krieges weltweit zu spüren sind und die Nahrungsmittel- und Treibstoffkrise verschärfen. Sie bekräftigte die Notwendigkeit dringender Maßnahmen zur Beendigung des Krieges und fügte hinzu, dass die internationale Gemeinschaft nicht in der Lage gewesen sei, konkrete Vorschläge zu unterbreiten. Der aktuelle Entwurf komme inmitten eines Zustroms von Waffen in die Region, sagte sie und wies auch auf die Gefahr eines Atomkriegs hin. Zwar unterstütze sie die Konzentration des Entwurfs auf die Grundsätze der Charta, doch bringe er die internationale Gemeinschaft einem nachhaltigen Frieden nicht näher. (GA/12492, 23. Februar 2023, eig. Übersetzung mit Hilfe von DeepL)

In der Sitzung des Sicherheitsrates vom 24. Februar sagte der Vertreter Ghanas: „Wir sind besorgt darüber, dass die Auswirkungen des anhaltenden Krieges in der Ukraine darauf zielen, gegensätzliche Bündnisse zu schaffen oder zu stärken – eine Situation, die uns in zwei Weltkriege geführt hat. Wir glauben, dass es an der Zeit ist, einen kühleren Kopf zu bewahren und sich wieder der für beide Seiten vorteilhaften Zusammenarbeit und dem Multilateralismus zu widmen, nicht dem Wettbewerb um hegemoniale Vorteile. Diejenigen, die in der Geopolitik des einundzwanzigsten Jahrhunderts nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht sind, würden uns in eine noch größere Katastrophe führen. (…) Der Rest der Welt ist von den Nachbeben des Krieges nicht verschont geblieben, die immer noch nachhallen und lähmende und systemische Auswirkungen auf die globalen Nahrungsmittel-, Energie- und Finanzsysteme haben. Die Entwicklungsländer, die bereits unter den Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie, der Verschuldung und der Inflation zu leiden haben, sind kaum in der Lage, die sich verschlechternden wirtschaftlichen Bedingungen zu bewältigen. (…) Angesichts der zentralen Bedeutung der Russischen Föderation und der Ukraine für die globalen Getreide- und Düngemittelmärkte unterstützen wir die weitere Erneuerung der Schwarzmeer-Getreide-Initiative, um die globalen Marktschwankungen, die langfristige wirtschaftliche Auswirkungen haben, zu mildern. Die notwendige Aufmerksamkeit muss auch der wirksamen Umsetzung der Vereinbarung zwischen den Vereinten Nationen und der Russischen Föderation über die Ausfuhr von landwirtschaftlichen Erzeugnissen und Düngemitteln gewidmet werden.“

Der Vertreter Brasiliens erklärte: „Ein Jahr nach Beginn des Konflikts sehen wir eine bewaffnete Pattsituation vor Ort, triumphale Rhetorik auf beiden Seiten und die Aussicht auf neue Militäroffensiven. Wir sollten uns keine Illusionen über eine militärische Lösung dieser Krise machen. Wir müssen über die Rückkehr der Parteien an den Verhandlungstisch sprechen. Präsident Lula hat die brasilianische Position deutlich gemacht, getreu unserer diplomatischen Tradition. Wir verurteilen die Invasion und die territoriale Verletzung eines souveränen Staates, der Ukraine, durch Russland. Aber ein Jahr später verstehen wir, dass es an der Zeit ist, auch denjenigen eine Stimme zu geben, die über Wege zur Schaffung von Frieden sprechen wollen.

Die Gewalt, die die Schwächsten trifft, muss aufhören, und zwar ohne Vorbedingungen. Das humanitäre Völkerrecht und seine Grundsätze sind nicht optional. Sie sind zu jeder Zeit und unter allen Umständen verbindlich. … Wir müssen nach Wegen suchen, um die Bedingungen für ein Ende des Konflikts zu schaffen. Wir sind davon überzeugt, dass Länder wie Brasilien, die nicht direkt in den Konflikt verwickelt sind, eine konstruktive Rolle bei der Förderung des Dialogs spielen können.“

(S/PV.9269 -Security Council 24. February 2023 – eig. Übersetzung mit Hilfe von DeepL)