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Ideen der Aufklärung – die Kritik der Kolonialsklaverei läßt politisch und wirtschaftlich Mächtige unbeeindruckt
Martin Fochler. Der „Krünitz“, Oekonomische Encyklopädie oder allgemeines System der Staats- Stadt- Haus- und Landwirthschaft, erschien von 1773 bis 1858 in 242 Bänden. In dem 280 000-Zeichen-Eintrag(!) zu „Sklave“ wird ausführlich auf die „Philosophischen und politischen Geschichte der Besitzungen und des Handels der Europäer in beiden Indien“, des Abbé Raynal, (1774) zugegriffen, ein vielgelesenes Werk der französischen Aufklärung, das bereits 1778 ins Deutsche übersetzt vorlag. Digital aufbereitet unter: https://www.kruenitz1.uni-trier.de/
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Krünitz, Stichwort „Sklave“:
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Krünitz, Stichwort „Sklave“, Suchwort Codenoire
Krünitz, Stichwort „Sklave“: … Vergeblich stellt man dem Herren die Gefahr vor Augen, die ihm droht, vergeblich erinnert man ihn, wie süß die Rache für ein verwundetes Gemüth ist; allein er ist taub. Sollte man es glauben, daß eine Prophezeiung in der Philosophischen und politischen Geschichte der Besitzungen und des Handels der Europäer in beiden Indien* (Raynal) schon nach kaum funfzig Jahren eintreffen würde. (…) Es heißt nämlich daselbst: „Doch was sage ich. Es schweige die unnütze Stimme der Menschlichkeit gegen die Nationen und ihre Herren; vielleicht ist sie niemals in öffentlichen Geschäften zu Rathe gezogen worden. Je nun! Wenn denn der Eigennutz allein Rechte auf eure Seele hat, ihr Völker Europas, so hört noch, was ich euch hier sage. Eure Sklaven brauchen weder eure Großmuth, noch euren Rath, um das gotteslästerliche Joch, das sie unterdrückt, zu zerschlagen. Die Natur redet lauter als Philosophie und Eigennutz. Schon haben einige ermordete Weiße einen Theil unserer Verbrechen gebüßt; schon sind zwei Kolonien flüchtiger Neger entstanden, welche durch Traktaten und durch die Macht vor eurem Frevel gesichert sind. Gift hat von Zeit zu Zeit einige Schlachtopfer gerächt. Verschiedene haben sich eurer Unterdrückung durch einen freiwilligen Tod entzogen. Diese Umbringungen sind lauter Blitze, die das Gewitter verkündigen, und es fehlt den Negern nichts, als ein Anführer mit hinreichendem Muthe, um sie zur Rache und zum Blutbade zu leiten. Wer ist er, der große Mann, den die Natur zur Ehre des menschlichen Geschlechtes vielleicht hervorbringen sollte? Wo ist er, jener neue Spartacus der keinen Crassus finden wird? Alsdann wird der schwarze Codex (s.u. Codenoire) verschwinden und wie schrecklich wird der weiße werden, wenn der Sieger nur aufs Vergeltungsrecht achtet?“
Krünitz, Stichwort „Sklave“, Suchwort Codenoire: (…) So hatten die Franzosen ihre Codenoir … Hier einige Artikel aus diesem Codex: Die Sklaven sollen keine großen Stöcke tragen, sie müßten denn Briefträger sein. Sollen sie sich weder bei Tage, noch bei Nacht an irgend einem Orte unter dem Vorwande einer Hochzeit oder anderer Veranlassung, bei Strafe von Stockschlägen, und wenn sie es wiederthun, bei Lebensstrafe, zusammenrotten. Allen Weißen auf den Inseln soll erlaubt seyn, den Negern Alles wegzunehmen, was sie bei sich haben, wenn solches auch die Früchte ihres eigenen Fleißes wären, wofern sie nicht ein Billett von ihrem Herren vorzeigen können. Der Sklave, der seinen Herrn, oder seine Frau, oder seine Kinder blutrünstig oder ins Gesicht geschlagen, soll am Leben bestraft werden. Wenn ein Sklave zum zweiten Male entläuft, so soll ihm ein Bein abgehauen und er gebrandmarkt werden. Thut er‘s zum dritten Male, so büßt er seine That mit dem Leben. Kein Herr darf seinen Sklaven frei lassen, wofern er nicht von den Gouverneurs oder von den Intendanten der Kolonien die Erlaubniß dazu schriftlich erhält. Man beklagte sich in den Kolonien, daß die Herren ihre Sklaven ungestraft hinrichten lassen; hierauf bezieht sich nun zwar ein Artikel zu Gunsten der Sklaven; allein er ist so gestellt, daß die Herren gewöhnlich der Strafe entgehen. Dieser Artikel heißt nämlich: Wir befehlen, daß man den Herrn, der seinen Sklaven umgebracht, peinlich belangen, und ihn, nach Verhältniß der Umstände, bestrafen soll. In solchen Fällen, wo eine Entlassung von der Strafe Statt finden kann, sollen unsere Bedienten diese ertheilen dürfen, ohne daß man sich an uns zu wenden braucht (…)
Die Kritik bedauert die Versklavten als „leidende Brüder“, sie prangert Sklaverei als Verbrechen gegen die Menschlichkeit an. Die Plantagenwirtschaft sucht und findet Rechtfertigung. Es ist die Naturwissenschaft, die dem Rassismus die Legitimationslegende liefert. Zwar stellte (z.B. in Deutschland) Johann Friedrich Blumenbach (siehe Wiki) schon 1775 zu den anatomischen und morphologischen Varietäten des Menschen fest, dass diese erstens nur äußerlicher Natur und für die intellektuellen Fähigkeiten der Menschen bedeutungslos seien, jedoch diffamierte Samuel Thomas von Soemmerring (siehe Wiki), 1784 (Über die körperliche Verschiedenheit des Mohren vom Europäer) afrikanische Menschen als mindere Rasse, eine jahrhundertelang fortwirkende Lüge.
Abb. (PDF): Faksimil „Krünitz“
Abb. (PDF): Siehe auch: https://de.wikipedia.org/wiki/Code_Noir