Politische Berichte Nr.1/2022 (PDF)10
Aktionen-Initiativen

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Aktionen / Initiativen. Thema: Friedenspolitik

[DOK] Thorsten Jannoff, Gelsenkirchen

01 Friedensnobelpreisträger fordern Ende der nuklearen Teilhabe – Ein Jahr Atomwaffenverbotsvertrag: höchste Zeit für die Bundesregierung zu handeln.
02 Appell zu nuklearer Abrüstung an Baerbock und Lambrecht
03 Keine Waffenlieferungen in die Ukraine! „Normandieformat“ stärken, statt Öl ins Feuer zu gießen
04 Mehr deutsche Rüstungsexporte denn je genehmigt
05 pax-christi-Kommission Rüstungsexport dankt für Nein zu Ukraine-Waffenexporten

01

Friedensnobelpreisträger fordern Ende der nuklearen Teilhabe – Ein Jahr Atomwaffenverbotsvertrag: höchste Zeit für die Bundesregierung zu handeln.

Am 22. Januar ist der UN-Vertrag zum Verbot von Atomwaffen ein Jahr in Kraft. Aus diesem Anlass setzen Mitglieder der Friedensnobelpreisträgerorganisationen IPPNW und ICAN mit verschiedenen Aktionen in ganz Deutschland ein Zeichen gegen Atomwaffen. Vor dem Hintergrund der aktuellen Spannung zwischen Russland und der Nato ist die Forderung nach einem Verbot von Atomwaffen in Deutschland hochaktuell.

Laut den Wissenschaftler*innen des „Bulletin of Atomic Scientists“ bleiben der Menschheit noch 100 Sekunden bis zum Weltuntergang. In ihrem gestrigen Statement warnten sie vor einem gefährlichen neuen atomaren Wettrüsten – u.a. durch die Entwicklung von Hyperschallwaffen durch die USA, Russland und China. Hyperschallwaffen fliegen relativ niedrig und mit einer extrem hohen Geschwindigkeit, so dass sie von konventionellen Raketenabwehrsystemen nicht erkannt werden könnten. Die russische „Zirkon“-Raketen für die Marine sollen bereits ab 2022 einsetzbar sein, die landgestützten Raketen der USA, „Dark Eagle“ 2023.

Laut Koalitionsvertrag will sich die Bundesregierung für eine atomwaffenfreie Welt einsetzen und kündigt die beobachtende Teilnahme an der Staatenkonferenz zum UN-Atomwaffenverbotsvertrag (22. bis 24. März 2022) in Wien an. Gleichzeitig möchte Verteidigungsministerin Lambrecht ein neues Kampfflugzug für die Bundeswehr beschaffen, welches die im Rahmen der nuklearen Teilhabe in Deutschland stationierten Atomwaffen abwerfen könnte. Zusammen mit der geplanten Stationierung modernisierter US-Atombomben beschreibt dieses Vorhaben eine massive nukleare Aufrüstung Deutschlands.

„Wir kritisieren die geplante Aufrüstung stark. Der sogenannte ‚nukleare Schutzschirm‘ der USA bietet keinen Schutz. Im Gegenteil: damit befeuern wir einen ohnehin schon sehr gefährlichen Konflikt. Deshalb fordern wir eine Beendigung der Stationierung von US-Atombomben in Deutschland und einen Ausstieg aus der nuklearen Teilhabe der Nato“, unterstreicht Dr. med. Lars Pohlmeier, Co-Vorsitzender der IPPNW.

„Milliarden in Sicherheitskonzepte aus dem Kalten Krieg zu investieren, widerspricht einer modernen Sicherheitspolitik. Atomwaffen sind völkerrechtlich durch den Atomwaffenverbotsvertrag geächtet. Deutschland sollte diese Ächtung unterstützen und keine neuen Atombomber kaufen“, sagt Florian Eblenkamp von ICAN Deutschland.

Der Atomwaffenverbotsvertrag ist bereits im ersten Jahr des Bestehens wirksam: Über 100 Finanzinstitute schließen die Finanzierung der Atomwaffenindustrie aus. Auch Städte reagieren: So beschloss der New Yorker Stadtrat den städtischen Rentenfonds nicht mehr bei Atomwaffenherstellern anzulegen und damit 250 Milliarden US-Dollar abzuziehen. Auch Nato-Staaten setzen sich inzwischen konstruktiv mit dem Vertrag auseinander. Norwegen und Deutschland sowie Schweden, Finnland und die Schweiz nehmen an der Staatenkonferenz in Wien als Beobachter Teil. Die Nato-Kooperationspartner Irland und Österreich sind dem Vertrag bereits beigetreten.

Insgesamt sind 59 Staaten dem Vertrag bereits beigetreten und 86 haben unterzeichnet. In Deutschland wollen laut dem Meinungsinstitut Kantar vier von fünf Menschen den Beitritt zum Vertrag, 82 Prozent wollen einen Abzug der US-Atombomben aus Deutschland und 71 Prozent wollen keine neuen Atombomber.

https://www.ippnw.de/atomwaffen/artikel/de/friedensnobelpreistraeger-fordern-end.html

https://nuclearban.de/auf-dem-Weg-nach-Wien/ „Mit den Bürgermeister für den Frieden das Atomwaffenverbot feiern. Friedensgruppen in Bonn schlugen vor, dass alle Städte, die den ICAN-Städteappell unterzeichnet haben, die „Mayor for Peace“-Flagge über den Jahrestag des IGH-Gutachtens am 8.7. jetzt auch regelmäßig am 22.1. an den Rathäusern hissen. Der 22.1.2022 sollte diese Tradition begründen. In Bonn wurde die Flaggenhissung beantragt. In Städten, die den ICAN-Städteappell noch nicht unterzeichnet haben, konnten Friedensgruppen einen Bürger*innen-Antrag dazu am 22.1. öffentlich vorstellen und in den Stadtrat einbringen.“

Abb.(PDF): Aktionsfoto

02

Appell zu nuklearer Abrüstung an Baerbock und Lambrecht

Die Kampagne „Büchel ist überall! atomwaffenfrei.jetzt“ hat in Offenen Briefen an die neuen Ministerinnen im Verteidigungsministerium und Auswärtigem Amt appelliert, Forderungen zur nuklearen Abrüstung umzusetzen, die über die Inhalte des Koalitionsvertrages hinausreichen.

Gefordert werden die Beendigung der nuklearen Teilhabe in der Nato und der Abzug der Atombomben aus Büchel. Deshalb dürften auch keine neuen Atombomber angeschafft werden. Stattdessen solle Deutschland über den Beobachterstatus hinaus dem Atomwaffenverbotsvertrag beitreten.

Nur eine solche Politik würde den Verpflichtungen Deutschlands aus dem Nichtverbreitungsvertrag gerecht und entspräche dem Gutachten des Internationalen Gerichtshofes von 1996, dem gemäß Bereithaltung und Einsatz von Atomwaffen generell völkerrechtswidrig sind.

https://www.atomwaffenfrei.de/home/artikel/775546d35aa33ddfb5b3fc316d205a95/appell-zu-nuklearer-abruestung-an-ministerinnen-baerbock.html

Abb.(PDF): https://www.icanw.de/

03

Keine Waffenlieferungen in die Ukraine! „Normandieformat“ stärken, statt Öl ins Feuer zu gießen

„Dieser Konflikt wird nicht militärisch zu lösen sein“, sagte die damalige Kanzlerin Angela Merkel 2016 zum Ukraine-Konflikt und lehnte Waffenlieferungen in das Land ab. Dass bis heute seitens Deutschlands kaum Rüstungsgüter an das ukrainische Militär geliefert werden, hat seinen Grund eben genau darin. Die Spannungen in der Ukraine und der Region stehen dem entgegen, wie auch, laut Rüstungsexportberichten der Bundesregierungen, ab 2014 das „Risiko der Abzweigung von Militärtechnologie oder Militärgütern im Käuferland oder der Wiederausfuhr von Militärgütern unter unerwünschten Bedingungen“.

„Von 2018 bis 2021 förderte die Bundesregierung sogar ein Projekt der OSZE in der Ukraine, dass das Ziel hatte‚ ‚möglichen Proliferationsrisiken als Folge des bewaffneten Konflikts in der Ostukraine rechtzeitig wirkungsvoll zu begegnen‘. Auch vor diesem Hintergrund sind die Forderungen seitens einzelner Mitglieder von CDU/CSU und FDP nach Waffenlieferungen an die Ukraine absolut kontraproduktiv,“ so Christine Hoffmann, Sprecherin der Kampagne und pax christi-Generalsekretärin.

Jürgen Grässlin, Sprecher der Kampagne und Bundessprecher der DFG-VK, ergänzt: „Man sollte eigentlich niemandem mehr erklären müssen, dass es Defensiv- oder Verteidigungswaffen nicht gibt, wie sie gefordert werden. Jede Waffe kann immer auch als Unterstützung für einen Angriff genutzt werden. Außerdem stellt sich die Frage: Wann haben mehr Waffen jemals zu Frieden geführt? Allein im Jahr 2021 sind trotz des offiziellen Waffenstillstands und Waffenlieferungen anderer Länder mindestens fünfzig Menschen in dem Konflikt getötet worden. Erfreulicherweise setzt das Grün-geführte Außenministerium auf Verhandlungen, wie jetzt wieder im Normandieformat. Wir unterstützen dieses Vorgehen ausdrücklich. Waffenlieferungen würden das Normandieformat aushebeln und Öl ins Feuer gießen.“

„Vor diesem Hintergrund darf auch eine deutsche Reexportgenehmigung für Haubitzen, die Estland aus ehemaligen DDR-Beständen an die Ukraine liefern will, auf keinen Fall erteilt werden. Denn das zweite Minsker Dokument vom 12. Februar 2015 (Minsk II), das weiterhin Grundlage der gegenwärtigen Verhandlungen ist, steht dem entgegen. Darin ist u.a. eine Sicherheitszone von 50 km festgelegt, in der keine Artilleriesysteme über 100-mm-Kaliber stationiert sein dürfen. Mit einer Reichweite von 15 km müssten diese Haubitzen jedoch in der Sicherheitszone stationiert werden. Da sie ein Kaliber von 122 mm haben, würde die Ukraine damit eindeutig gegen die Minsker Vereinbarung verstoßen“, erläutert Susanne Weipert, die Koordinatorin der Kampagne und fügt hinzu: „In dem seitens der Bundesregierung geplanten Rüstungsexportkontrollgesetz muss eindeutig festgelegt werden, dass Waffenlieferungen in Kriegs- und Krisengebiete nicht genehmigt werden. Sollten sie dennoch stattfinden, muss per Verbandsklage eine richterliche Überprüfung der Gesetzmäßigkeit veranlasst werden können. Nur so kann das Regierungshandeln wirksam kontrolliert werden.“

https://www.friedenskooperative.de/aktuelles/keine-waffenlieferungen-in-die-ukraine

04

Mehr deutsche Rüstungsexporte denn je genehmigt

Die Bundesregierung hat im Jahr 2021 Einzelgenehmigungen für die Ausfuhr von Rüstungsgütern in Höhe von 9,35 Milliarden Euro erteilt. Hinzu kommen Genehmigungen für Sammelausfuhren in Höhe von mindestens rund 2,19 Milliarden Euro (Stand: 29. November).

Das ist so viel wie nie zuvor. Laut den Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums betrafen von den Einzelgenehmigungen mehr als 63 Prozent Drittländer (5,95 Milliarden Euro). Darunter waren Exporterlaubnisse für Kriegswaffen in Höhe von 3,79 Milliarden Euro und für sonstige Rüstungsgüter in Höhe von 2,16 Milliarden Euro. Das Hauptempfängerland mit Ausfuhrgenehmigungen im Wert von 4,34 Milliarden Euro war Ägypten.Auch der Gesamtwert der Genehmigungen für Kleinwaffenexporte ist nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums verglichen mit dem Vorjahr wieder angestiegen. So wurden Exporte dieser Art in Höhe von 43,9 Millionen Euro erlaubt (2020: 37,6 Millionen Euro). Das meiste davon (43,46 Millionen Euro) entfiel auf EU-/Nato- und Nato-gleichgestellte Staaten.

https://aufschrei-waffenhandel.de/service/nachrichten/nachricht/mehr-deutsche-ruestungsexporte-denn-je-genehmigt

05

pax-christi-Kommission Rüstungsexport dankt für Nein zu Ukraine-Waffenexporten

Hier der Wortlaut des Schreibens:

„In den vergangenen Wochen hat sich in Folge der Konzentration russischer Truppen an der ukrainisch-russischen Grenze eine gefährliche Eskalationsdynamik aufgebaut, die zu massiven Spannungen zwischen der Nato und Russland führt.

Sie haben sich gemeinsam mit anderen Mitgliedern der Bundesregierung auf den verschiedensten Wegen und in zahlreichen bilateralen und multilateralen Gesprächen für eine friedliche Lösung dieser Konflikte eingesetzt. Das begrüßen wir sehr!

Insbesondere die Ablehnung von Waffenlieferungen aus Deutschland an die Ukraine, die sich auch auf eine Reexportgenehmigung aus Estland bezieht, ist in diesem Zusammenhang ein unerlässlicher Beitrag zur Deeskalation. Wir möchten Sie in dieser Position ausdrücklich unterstützen und danken Ihnen für diese konsequente Haltung!

Angesichts des enormen Drucks, der in dieser Frage sowohl außenpolitisch als auch innenpolitisch auf Ihnen lastet, möchten wir Sie bestärkend darauf hinweisen, dass Ihre Haltung – wie etwa die in der vergangenen Woche veröffentliche Umfrage des Instituts Yougov zeigt – von einer breiten Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland geteilt wird.

Wir bitten Sie deshalb dringend, auch künftig bei der Ablehnung von Waffenlieferungen an die Ukraine zu bleiben und damit ein wichtiges Zeichen der Deeskalation zu setzen!

Treten Sie bitte weiterhin jeder gefährlichen Eskalation entschieden entgegen, indem Sie auf allen Ebenen diplomatische Formate des Dialogs, der direkten Gespräche, der Respektierung und Achtung der Sicherheitsinteressen der jeweils anderen Seite stärken und sich langfristig für den Aufbau einer gesamteuropäischen Sicherheitsarchitektur unter Einbezug Russlands einsetzen.

Waffenlieferungen in Kriegs- und Krisengebiete sind nach den politischen Grundsätzen der Bundesregierung und nach dem Gemeinsamen Standpunkt der EU zum Rüstungsexport nicht zu genehmigen. Dabei muss es bleiben. Im laut Koalitionsvertrag geplanten Rüstungsexportkontrollgesetz haben Sie die Chance, eindeutige Klarheit für solche Situationen herzustellen. Vielen Dank für Ihren Einsatz!“

https://www.paxchristi.de/meldungen/view/5884060480045056/Dank%20für%20NEIN%20zu%20Ukraine%20Waffenexporten

Abb.(PDF): Logo Pax Xhristi