Politische Berichte Nr.06/2023 (PDF)10
Aktionen-Initiativen

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dok Aktionen/Initiativen – Thema Haushaltssperre

Red. Thorsten Jannoff

01 Wohlfahrtsverbände warnen vor Auswirkungen der Haushaltskrise awo.org
02 Sozial ökologische Transformation ist das Gebot der Stunde caritas.de
03 Sozialstaat braucht verlässlichen Haushalt diakonie.de
04 „Ende der Energiepreisbremse darf nicht zu frostigen Wohnungen führen“ www.vdk.de
05 VdK-Präsidentin: „Schuldenbremse darf nicht zu einer Sozialstaatsbremse werden“ www.vdk.de
06 Zum Unterzeichnen im Netz: Offener Brief an die Abgeordneten der demokratischen Fraktionen des Deutschen Bundestages

01

Wohlfahrtsverbände warnen vor Auswirkungen der Haushaltskrise

awo.org Angesichts der Debatte um den Bundeshaushalt 2024 rufen AWO, Diakonie, Caritas, Paritätischer Wohlfahrtsverband, DRK und ZWST die Bundesregierung dazu auf, die Sicherheit des Sozialstaats zu gewährleisten. Durch die aktuelle Hängepartie gerieten bereits jetzt Angebote in Gefahr.

Dazu erklärt Michael Groß, Präsident der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW):

„Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts stellt die Bundesregierung vor eine große Herausforderung. Als Wohlfahrtsverbände fordern wir: Der Sozialstaat und die ihn tragenden Organisationen dürfen nicht zum Bauernopfer dieser misslichen Lage werden! Es muss jetzt schnell Planungssicherheit geben, wie die soziale Infrastruktur im nächsten Jahr finanziert werden soll. Wir brauchen das klare Signal, dass Regierung und Parlament zu den Vereinbarungen aus der Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses stehen. Unsere Klient:innen und Mitarbeitenden müssen sich auf ein verantwortungsvolles Regierungshandeln verlassen können.“

awo.org/wohlfahrtsverbaende-warnen-vor-auswirkungen-der-haushaltskrise

02

Sozial ökologische Transformation ist das Gebot der Stunde

caritas.de Aussetzen der Schuldenbremse ist folgerichtig – Wir brauchen dringend einen Haushalt für 2024. Die Entscheidung der Bundesregierung, die Schuldenbremse für das Jahr 2023 auszusetzen, kommentiert Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa wie folgt:

„Die Schuldenbremse auszusetzen, wie es die Bundesregierung für den Haushalt 2023 nun verabredet hat, ist nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts der einzig folgerichtige Schritt. Er vollzieht nach, was mit der Finanzierung des KTF im Grunde schon entschieden war: Angesichts der Dringlichkeit der Klimaschutzinvestitionen sind neue Schulden des Bundes politisch zu vertreten.

Beides – Klimaschutz und Schuldenbremse – wollen die intertemporalen Freiheitsrechte sichern. Die sozial ökologische Transformation duldet keinen Aufschub – das hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss aus dem März 2021 zum Klimaschutzgesetz der Politik ins Stammbuch geschrieben. Das Gericht hat damals deutlich gemacht, dass das relative Gewicht des Klimaschutzgebots bei fortschreitendem Klimawandel zunimmt. Dies gilt auch im Vergleich zur Schuldenbremse. Und das, obwohl auch sie der Logik einer inter-generationellen Solidarität folgt.

Nun brauchen wir schnellsten einen Plan für den Haushalt 2024, der einem ähnlichen Muster folgen könnte. Wie dringend die Verabschiedung eines Haushalts für nächstes Jahr ist, erleben wir ganz akut – konkret wissen etliche Kolleginnen und Kollegen, zum Beispiel im Bundesfreiwilligendienst, nicht, ob ihre Stelle im nächsten Jahr weiter finanziert sein wird. Es braucht unverzüglich Klarheit über das Fortbestehen eines sozialen Netzes, auf das viele Menschen angewiesen sind.“

www.caritas.de/presse/pressemeldungen-dcv/sozial-oekologische-transformation-ist-das-gebot-der-stunde-a7308f17-cc24-4aa0-b3e9-939daddd5fee

03

Sozialstaat braucht verlässlichen Haushalt

diakonie.de Die Diakonie Deutschland appelliert, den Bundeshaushalt für das Jahr 2024 und für die Folgejahre schnell auf eine rechtssichere und verlässliche Basis zu stellen. Die aktuelle Haushaltssperre und die massive Ungewissheit in der Haushaltsplanung für das Jahr 2024 führen schon jetzt zu Unsicherheiten bei Einrichtungen und Trägern, die ihre Leistungen und Programme absichern müssen.

„Der Sozialstaat ist nicht der Steinbruch einer verfehlten Haushaltspolitik“, so Ulrich Lilie, Präsident der Diakonie Deutschland.

„Die Politik darf nicht vergessen, dass Millionen von Menschen auf einen verlässlichen und solidarischen Sozialstaat angewiesen sind, der sie bei der Existenzsicherung unterstützt.

Vertrauen ist eines der höchsten Güter für eine chancenorientiere Sozialpolitik und darf nicht leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden.“

www.diakonie.de/informieren/infothek/2023/november/diakonie-zitat-zum-bundeshaushalt

04

„Ende der Energiepreisbremse darf nicht zu frostigen Wohnungen führen“

www.vdk.de Sozialverband VdK fordert Einrichtung von Härtefallfonds. VdK-Präsidentin Bentele: „Dass Energiekonzerne hohe Gewinne einstreichen, muss nicht sein“

Bereits Ende dieses Jahres soll die Energiepreisbremse auslaufen. Ursprünglich sollten sie noch bis März 2024 greifen, laufen also nun drei Monate früher aus als geplant. Grund ist das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Nachtragshaushalt. VdK-Präsidentin Verena Bentele erklärte dazu:

„Wenn die Energiepreisbremse drei Monate früher endet, darf dies nicht dazu führen, dass arme Rentnerinnen und Rentner, Familien und Menschen, die sehr wenig verdienen, in frostigen Wohnungen leben müssen.

Der Staat muss Härtefallfonds einrichten für die Personen, die ihre Heizung nicht bezahlen können. Wer die Ausgaben reduzieren will, kann auch den anderen Weg gehen: Die Einnahmen erhöhen. Dass Energiekonzerne hohe Gewinne einstreichen, muss nicht sein. Hier wäre eine höhere Übergewinnsteuer denkbar. So wäre Geld in der Kasse, um arme Menschen zu unterstützen.“

www.vdk.de/deutschland/pages/presse/87773/vdk_warnt_ende_der_energiepreisbremse_darf_nicht_zu_frostigen_wohnungen_fuehren

05

VdK-Präsidentin: „Schuldenbremse darf nicht zu einer Sozialstaatsbremse werden“

www.vdk.de Ende der Woche will der Bundestag voraussichtlich den Nachtragshaushalt beschließen. Dieser dürfte damit auch Teil der heute geplanten Regierungserklärung von Bundeskanzler Olaf Scholz sein. VdK-Präsidentin Verena Bentele sagt:

„Die Bundesregierung darf die Bürgerinnen und Bürger mit den Haushaltsdebatten nicht weiter verunsichern. Vor allem Menschen mit wenig Geld blicken mit Sorge auf das Hin und Her zwischen den Koalitionspartnern. Sie wissen nicht, was auf sie zukommt, sollte zum Beispiel die Energie ab Januar noch einmal teurer werden. Die Regierung muss jetzt für Klarheit sorgen und darf dringend nötige Hilfen oder Investitionen im Sozialbereich nicht zur Debatte stellen. Das Rentenpaket II, die Kindergrundsicherung und auch die Bürgergelderhöhung müssen kommen. Alles andere wäre ein völlig falsches Zeichen an die Bürgerinnen und Bürger.

Daher ist es unumgänglich, den Nachtragshaushalt in dieser Woche zu beschließen. Zusätzlich muss geprüft werden, ob die Schuldenbremse als Instrument auch langfristig wirklich sinnvoll ist. Sie darf keinesfalls zu einer Sozialstaatsbremse werden und nötige Investitionen in die soziale Sicherung verzögern. Statt ständig zu sparen, könnte die Regierung die Einnahmen erhöhen: Vermögens- und eine höhere Erbschaftssteuer wären dafür ein gutes Mittel. Über diese Lösung sollte der Finanzminister nachdenken.“

www.vdk.de/deutschland/pages/presse/pressemitteilung/87786/vdk-praesidentin_regierung_muss_jetzt_klare_tatsachen_schaffen

06

Zum Unterzeichnen im Netz:

Offener Brief an die Abgeordneten der demokratischen Fraktionen des Deutschen Bundestages

https://awo.org/offener-brief-gegen-die-sparplaene-der-bundesregierung

Sehr geehrte Abgeordnete der demokratischen Fraktionen,

fassungslos blicken wir auf den Haushaltsentwurf der Bundesregierung, den Sie in diesen Tagen im Deutschen Bundestag beraten. Was die Regierung vorgelegt hat, schafft für viele Menschen neue Härten im Alltag und bedroht den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Wir appellieren an Sie: Nutzen Sie Ihr Recht als Gesetzgebende und korrigieren Sie diesen Sparhaushalt!

Die Erzählung, die die Regierung mit diesem Haushalt bemüht, ist eine Erzählung des Entweder-oders: Wir können entweder in den Klimaschutz investieren oder Menschen dabei unterstützen, aus der Arbeitslosigkeit herauszukommen. Wir können entweder den Wirtschaftsstandort Deutschland stärken oder für eine gut finanzierte Pflege sorgen. Diese Erzählung weisen wir entschieden zurück – denn Fortschritt und sozialer Frieden entsteht nicht dadurch, dass verschiedene Ziele gegeneinander ausgespielt werden. Unsere Gesellschaft hat ein mutiges Sowohl-als-auch verdient.

Die schwarze Null ist nicht in Stein gemeißelt – Nebelkerzen wie die Schuldenbremse gehören kritisch hinterfragt. Außerdem gibt es eine Vielzahl an Instrumenten, die die Einnahmeseite des Staates stärken würden. Ob gespart wird oder ob mehr Geld in die Staatskassen gelenkt wird, ist eine Frage des politischen Willens. In unserer Demokratie entscheiden Mehrheiten im Parlament über die Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums. Das heißt: Sie können entscheiden, ob Sie dem Vorschlag der Bundesregierung folgen, dass nächstes Jahr jede dritte Migrationsberatungsstelle schließen muss. Dass 35 000 Freiwilligenplätze weniger angeboten werden. Dass Programme zur Demokratieförderung an Schulen gänzlich wegfallen. Dass die Beratung und Begleitung von Geflüchteten um die Hälfte eingekürzt werden. Dass die Pflegeversicherung kaputtgespart und pflegende Angehörige nicht entlastet werden. Dass nicht genug in sozialen Wohnraum investiert wird. Dass sich Kinderarmut durch eine schwache Kindergrundsicherung verstetigt und an Programmen der Kinder- und Jugendarbeit gespart wird.

Wir bezweifeln stark, dass dies der Wille der gesellschaftlichen Mehrheit ist.

Deutschland ist eines der reichsten Länder der Welt. Und während die Reichsten immer reicher werden, zahlen die Armen die Zeche für die Krisen unserer Zeit: Covid-19-Pandemie, Krieg in Europa, Klimakrise, hohe Inflation, Rezession – statt die Vermögenssteuer wieder einzuführen, eine dauerhafte und wirksame Übergewinnsteuer zu schaffen, extrem hohe Einkommen und Erbschaften stärker zu besteuern, Finanzkriminalität umfassend zu ahnden oder klimaschädliche Subventionen abzuschaffen, reicht die Regierung die Rechnung an diejenigen weiter, bei denen nichts mehr zu holen ist.

Die gemeinnützigen Träger sozialer Einrichtungen und Dienste haben keine finanziellen Polster, von denen sie nun zehren könnten. Sie sind auf öffentliche Gelder angewiesen. Fallen diese Gelder im nächsten Jahr aus, so reduziert sich automatisch das Angebot, dann gehen Fachkräfte, Ehrenamt und Strukturen verloren – und zwar nicht nur im nächsten Jahr, sondern langfristig. Anders gesagt: Mit diesem Haushalt geht in zahlreichen sozialen Einrichtungen das Licht aus.

Deshalb fordern wir Sie auf:

1. die Kürzungen im Bereich der Migrationssozialarbeit gänzlich zurückzunehmen. Die Migrationsberatung für Erwachsene, die Jugendmigrationsdienste, die Psychosozialen Zentren für Geflüchtete und die Asylverfahrensberatung bilden ein ganzheitliches Angebot, das das Gelingen der Einwanderungsgesellschaft ermöglicht.

2. keine Freiwilligenplätze abzubauen. In Zeiten, in denen ein sogenannter „Pflichtdienst“ diskutiert wird, ist es absurd, jungen Menschen die Chance auf Engagement zu nehmen.

3. bei der Finanzierungszusage für Demokratieförderprojekte keine Ausnahmen zu machen: Auch das Programm Respekt Coaches zur Demokratiebildung an Schulen muss bestehen bleiben, bis eine langfristige Finanzierung für die aufgebauten Strukturen geschaffen wurde!

4. nicht beim Steuerzuschuss für die soziale Pflegeversicherung zu sparen. Die Pflegeversicherung weist schon heute ein Defizit von 2 bis 3 Milliarden Euro aus.

5. ausreichend Mittel für die Einführung des Familienpflegegeldes zur Verfügung zu stellen. Um erwerbstätige pflegende Angehörige zu entlasten und ihnen die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf zu erleichtern, wurde im Koalitionsvertrag das Familienpflegegeld angekündigt, aber bisher wurden keine Gelder dafür im Haushalt eingestellt.

6. die Maßnahmen zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt nicht zu kürzen. Gerade für junge Menschen wäre der Wegfall der Betreuungsangebote in den Jobcentern ein fatales Signal.

7. mutig in mehr sozialen Wohnraum zu investieren. Wohnungslosigkeit und hohe Mieten bedrohen den Zusammenhalt in unseren Städten und zwischen Stadt und Land.

8. die Kindergrundsicherung ordentlich und ausreichend zu finanzieren. Kinderarmut ist auch eine Frage der finanziellen Mittel – hier muss investiert werden, statt nur eine Verwaltungsreform durchzuführen.

9. die Mittel des Kinder- und Jugendplans aufzustocken, statt zu kürzen, damit eine starke, bedarfsgerechte Arbeit für Kinder, Jugendliche und ihre Familien möglich bleibt.

10. die wichtige Arbeit von Jugend-, Familien- und Wohlfahrtsverbänden finanziell auf sichere Beine zu stellen und die Mittel entsprechend dem steigenden Bedarf aufgrund steigender Tarife und Kosten zu dynamisieren.

In unserer Demokratie ist es das Recht des Parlaments, den Haushalt zu verabschieden. Wir appellieren daher eindringlich an Sie: Machen Sie von diesem Recht Gebrauch und korrigieren Sie den Entwurf der Bundesregierung! Machen Sie Kürzungen auf Kosten Benachteiligter und zulasten des sozialen Friedens rückgängig. Verhindern Sie, dass es im Sozialstaat wortwörtlich zappenduster wird.

Erstunterzeichner*innen • Kathrin Sonnenholzner, Vorsitzende des Präsidiums des AWO Bundesverbands e.V.Michael Groß, Vorsitzender des Präsidiums des AWO Bundesverbands e.V.Claudia Mandrysch, Vorständin des AWO Bundesverbands e.V.Senihad Sator, Vorsitzender des Bundesjugendwerks der AWO e.V.Katharina Zejewski, Vorsitzende des Bundesjugendwerks der AWO e.V.Sarina Brauer, Geschäftsführerin des Bundesjugendwerks der AWO e.V.Britta Altenkamp, Vorsitzende des Zukunftsforums Familie e.V.Sophie Schwab, Geschäftsführerin des Zukunftsforums Familie e.V.

Abb. (PDF): Logo AWO

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