Politische Berichte Nr. 1/2021 (PDF)14
Hochhausbau

München: Eine Stadt sucht nach ihrer Bestimmung Tossehof in Gelsenkirchen: Teure Korrektur eines Irrwegs der 1960er Duisburg: Wohnen im Hochhaus? Essen: Entwicklungskonzept statt Hochhaus-„Wildwuchs“! Elbtower: Gigantismus à la SPD Kommunales Thema: Sozial wohnen

Elbtower: Gigantismus à la SPD

Heike Sudmann, Hamburg.* 29.1.2021. Der Bezirk Mitte soll einen neuen Leuchtturm bekommen – so könnte die Geschichte um den Elbtower auch umschrieben werden. Doch es geht bei diesem 245 Meter hohen Gebäude an den Elbbrücken gar nicht um den Bezirk Mitte oder um die Stadt Hamburg, sondern um ein Vermächtnis von Olaf Scholz. Der heutige Bundesfinanzminister und damalige Erste Bürgermeister wollte und will sich hier ein Denkmal setzen. Und da Scholz nun auch noch der Kanzlerkandidat für die Bundestagswahl 2021 ist, darf es keine Verwerfungen geben, die kostbare Stimmen für Scholz und die SPD kosten könnten.

So lässt sich jedenfalls erklären, weshalb die Sozialdemokratinnen in den entscheidenden Gremien (Bürgerschaft und Kommission für Stadtentwicklung) kein Problem damit haben, dem bekannten Investor Rene Benko (Karstadt; in Hamburg u.a. Alsterhaus, Gänsemarktpassage, Einkaufspassage Perle (ehemalige Landesbankzentrale am Gerhard-Hauptmann-Platz)) den roten Teppich noch weiter auszurollen.

Großmundig forderte die SPD noch vor zwei Jahren, dass Benkos Unternehmen SIGNA vor der Übergabe des städtischen Grundstücks für mindestens 30 Prozent der geplanten Büroflächen und für die Hotelflächen verbindliche Miet- bzw. Pachtverträge vorlegen muss. Mittlerweile hatten nämlich auch die Sozialdemokratinnen Angst bekommen, ob mit dem höchsten Gebäude Hamburgs nicht auch die höchsten Leerstände und entsprechende Verödungen geschaffen werden. Der Senat argumentiert nun, in der HafenCity sei es doch kein Problem, Büroflächen zu vermieten, deshalb seien solche Sorgen unberechtigt. Doch aufgrund der Corona-Pandemie sei es eben schwierig, so viele Jahre vor der Fertigstellung Mietverträge abzuschließen. Diese Unlogik – keine Probleme zu sehen, aber keine Mietverträge zu bekommen – fiel im Haushaltsausschuss zwar auch einigen Sozialdemokratinnen auf. Doch es hindert die SPD-Fraktion nicht daran, jetzt auf diese Vorvermietungsquote zu verzichten. Dass es für den versprochenen Publikumsmagneten im unteren Bereich des Gebäudes bis heute keine konkreten Ideen gibt, sei nur am Rande erwähnt. Auch andere Argumente gegen diesen baulichen Größenwahnsinn fruchten bei der SPD und den willfährigen Grünen nicht.

Zu dem notwendigen Bebauungsplan für den Elbtower gab es während der öffentlichen Auslegung Ende letzten Jahres viele qualifizierte Einwendungen. So schrieb ein Einwender: „Das geplante Hochhaus liegt einerseits im Weichbild der Kernstadt und hat andererseits weder von seiner Höhe noch von seiner Form irgendwas mit der übrigen Stadt zu tun.“ Für die Kernstadt, also die Innenstadt, waren bisher immer die Kirchtürme der Maßstab für die Höhe besonderer Gebäude. Derselbe Einwender setzte sich auch mit dem Wettbewerb unter den Groß- und Weltstädten auseinander: „Wenn sich im Übrigen die Stadt Hamburg mit Weltstädten messen möchte, weil es selbst den Anspruch hat, Weltstadt zu sein: Ein solches Hochhaus beeindruckt wenig. Kein Besucher wird erstaunt oder begeistert nach Abu Dhabi, Wuhan oder Dallas melden, in Hamburg gebe es ein 244 m hohes Gebäude. Das ist nichts, um darüber zu berichten. Die Annahme, dieser Turm sei auf Grund seiner Höhe bemerkenswert, ist kurzsichtig und um Vergleich zu weltgleichen Entwicklungen kleinkariert und lächerlich. Das Hochhaus wird genauso störend und albern wirken wie die elfgeschossigen Hochhäuser am Rande von Pinneberg. “

Festzustellen bleibt also: Die Höhe und die Nutzung des Gebäudes sind umstritten, wie auch die Einwendungen der Bürgerinnen zeigen. Der Senat kann nicht begründen, weshalb der Elbtower 245 Meter und nicht 100 oder 150 Meter hoch sein muss. Gigantismus ersetzt noch lange keine Stadtentwicklung.

Abb.: *Quelle: https://www.die-linke-hamburg-mitte.de/mittenmang/

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